Quantcast
Channel: Haller Kreisblatt
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262

„Für Werther ein wichtiger Meilenstein”

$
0
0
¥
Werther.
2013 liegt in wenigen Stunden hinter uns. Ein Jahr, das viele Schlagzeilen produzierte - positive wie negative. Es gab mehrere, auch schwere Verkehrsunfälle in Werther, das Praktikum eines bekannten Neonazis im Rathaus sorgte für Wirbel, ebenso wie die von einem Bürger geforderte Abschaffung des nächtlichen Stundengeläuts der St. Jacobikirche. Werther erlebte eine lustige Bürger-Aufgabe bei der Aktion »WDR 2 für eine Stadt«, der Bürgerbusverein wurde mit dem »EhrenWerther« ausgezeichnet, die Dorfgemeinschaft Häger für die schönste Straße Deutschlands. Was Werther noch bewegte und welche Herausforderungen 2014 auf die Stadt zukommen, verriet Bürgermeisterin Marion Weike HK-Redakteurin Anja Hanneforth im großen Interview zum Jahreswechsel. Frau Weike, 2014 werden in NRW die Stadtparlamente gewählt. Auch Sie werden sich zur Wahl stellen. Was haben Sie sich für Ihre vierte Amtszeit vorgenommen? MARION WEIKE: In der vierten Amtszeit möchte ich dazu beitragen, dass Werther eine attraktive Stadt bleibt, in der die Menschen gern leben und arbeiten. Dazu gehört, dass wir Einrichtungen wie das Freibad, die Stadtbibliothek, die beiden Grundschulstandorte und die Sport- und Grünanlagen den Bürgerinnen und Bürgern in gutem Zustand zur Verfügung stellen. Attraktiv ist Werther auch deshalb, weil sich viele Menschen in den verschiedensten Bereichen ehrenamtlich engagieren - was wäre Werther ohne die vielen aktiven Menschen in der Feuerwehr, dem Familienzentrum, dem Bürgerbus, in den Sport- und Kulturvereinen, um nur einige Bereiche zu nennen. Mir ist es wichtig, dass die Stadt diese Aktivitäten weiter unterstützt und fördert. Ich möchte die Chancen, die sich Werther durch die gute Lage in der Nachbarschaft zu Bielefeld mit seiner Universität und der Fachhochschule bieten, nutzt. Für die Entwicklung der Stadt ist es wichtig, dass wir die Einwohnerzahl zumindest halten, vielleicht könnte es gelingen, sie sogar wieder leicht zu steigern. Das ist zum einen für den Erhalt unserer Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen wichtig, aber auch für die städtischen Finanzen. Der Einkommensanteil, den wir vom Bund erhalten - übrigens unsere wichtigste Einnahmequelle mit fast fünf Millionen Euro - richtet sich nach der Zahl der Einwohner und den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern. Einige Interessenten, die im Ort bleiben oder nach Werther ziehen möchten, nutzen die Angebote auf dem privaten Immobilienmarkt. Andere möchten gern selbst ein Haus nach ihren Vorstellungen bauen: Mehr als 90 Interessenten suchen zurzeit über die Stadt ein Baugrundstück. Für diese sollten wir Angebote schaffen. Gibt es noch andere Projekte, die dringend anstehen? WEIKE: Das Konzept für die Kläranlagen und die Entwässerung hat der Rat im Jahr 2013 entschieden. Deshalb müssen wir den Ausbau der Kläranlage Schwarzbach zur zentralen Kläranlage voranbringen. Der Bau ist ab dem Jahr 2016 geplant. Das Gewerbegebiet Rodderheide wird an den Start gehen. Zudem werden wir einige private Projekte begleiten, wie zum Beispiel die Wiedernutzbarmachung des Weco-Geländes. Sie haben sich kritisch zum NRW-Landesentwicklungsplan geäußert, der zur Abstimmung in die Kommunen gegeben wurde. Welche Sorgen verbinden Sie mit den dort formulierten Absichten? WEIKE: An einigen Stellen greift der Entwurf des Landesentwicklungsplans, der für 15 Jahre Geltung haben soll, meines Erachtens zu stark in die Selbstverwaltungsgarantie der Städte und Gemeinden ein. Entwicklungen auf eine so lange Zeit sind nicht immer vorhersehbar. Ich würde mir an der ein oder anderen Stelle in dem Plan deutlich mehr Flexibilität und Gestaltungsspielraum für die Kommunen wünschen. „Ehrgeiziges Ziel - ja, aber durchaus erreichbar” Im Rahmen der Vorstellung des Klimaschutzkonzeptes sprachen Sie von „ehrgeizigen Zielen”. Wie sehen diese aus? WEIKE: Gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern haben wir den Entwurf des Klimaschutzkonzeptes für Werther erstellt. Das von der Stadt beauftragte e+u-Energiebüro schlägt uns vor, die örtlichen CO2-Emissionen bis 2022 um 30 Prozent gegenüber 2011 zu senken, bis 2030 um 35 Prozent und bis 2050 CO2-Neutralität anzustreben. Das Land NRW gibt demgegenüber in seinem Klimaschutzgesetz, das gerade beschlossen wurde, als Ziel lediglich eine CO2-Minderung um 25 Prozent gegenüber 1990 vor. Das vorgegebene Ziel des Landes ist also schwächer als das von e+u formulierte, da seit 1990 bereits rund 15 Prozent CO2-Minderung in NRW beziehungsweise bundesweit erreicht wurde. Wir müssten danach also nur noch zehn Prozent der CO2- Emissionen einsparen. Für wie realistisch halten Sie die Umsetzung dieser Ziele? WEIKE: Das im Entwurf unseres Klimaschutzkonzeptes formulierte, ehrgeizigere Ziel ist bei konsequenter Einsparung von Energie und zusätzlichem Einsatz von regenerativen Energien wie Windkraft, Fotovoltaik und Biogas durchaus erreichbar. In den nächsten Sitzungen des Umweltausschusses wird über die Zielsetzung und die sich daraus ergebenden Maßnahmen zu diskutieren sein. Der Rat wird entscheiden, welche Ziele wir uns in Werther für die nächsten Jahre setzen. Der Haushalt 2014 weist ein Defizit von 1,6 Millionen Euro aus. Sehen Sie Möglichkeiten, hier gegenzusteuern? WEIKE: Die Einnahmen der Stadt haben sich durchaus positiv entwickelt, vor allen Dingen haben wir seit dem Jahr 2000 eine Verdoppelung der Gewerbesteuer erreicht. In Zukunft werden wir auch über unsere Beteiligung am interkommunalen Gewerbegebiet in Halle von den Steuereinnahmen aus diesem Gebiet profitieren. Positiv ist, dass wir im steuerfinanzierten Haushalt nur eine ganz geringe Verschuldung haben - pro Einwohner 35 Euro. Auf der anderen Seite bekommen wir seit diesem Jahr keine allgemeinen Schlüsselzuweisungen des Landes mehr. Sorgen machen mir die Aufwendungen, die wir selbst nicht steuern können, wie die Gewerbesteuerumlage, die Kreisumlage, indirekt die Umlage des Landschaftsverbandes. Die kommunalen Finanzen werden nur in ein Gleichgewicht kommen, wenn der Bund - so wie die Grundsicherung im Alter - auch die Leistungen für die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen übernimmt. In NRW reden wir dabei über vier Milliarden Euro, die von der kommunalen Familie aufgebracht werden. Ich bin sehr froh, dass im Koalitionsvertrag verankert ist, dass der Bund einen Teil dieser Lasten übernehmen wird und damit den Kommunen hilft. Unabhängig davon werden wir in Werther mit dem Geld weiterhin sparsam umgehen müssen. Die meisten Schlagzeilen 2013 machte sicher das geplante Baugebiet Blotenberg. Es wird doch realisiert, oder? WEIKE: Zurzeit wird der Entwurfsbeschluss für den Teilplan A des Bebauungsplans, also ohne Hofstelle Overbeck, erarbeitet. Wenn dieser Entwurf vom Planungsausschuss akzeptiert wird, ist das förmliche Beteiligungsverfahren durchzuführen. Parallel dazu klären wir, ob das Hofgebäude unter Denkmalschutz zu stellen ist. Der Eigentümer hat gebeten, die Frist im Anhörungsverfahren bis Ende Februar zu verlängern, damit die von ihm beauftragten Fachleute ihre Gutachten erstellen können. Die Entscheidung über den Denkmalschutz ist letztlich vom Stadtrat zu treffen. Hätte es nicht doch, wie von den Gegnern gefordert, Alternativen zum Blotenberg gegeben? WEIKE: Den Bebauungsplan für das landwirtschaftlich genutzte Feld zwischen den Straßen Teutoburger-Wald-Weg und Blotenberg sollten wir, wie im Flächennutzungsplan vorgesehen, fertigstellen. Ein Umschwenken auf das Gebiet Süthfeld II ist kaum realistisch. Zum einen handelt es sich - anders als beim Blotenberg - im Gebietsentwicklungsplan der Bezirksregierung Detmold um eine landwirtschaftliche Fläche mit einem schützenswerten Siek, zum anderen gibt es keine zumutbare Lösung für den durch ein Wohngebiet ausgelösten zusätzlichen Verkehr. Die bloße Schließung von Baulücken wird nicht ausreichen, um den Bedarf der Interessenten an einem Wohngrundstück zu decken. Seit Anfang 2011 sind in der Kernstadt bereits 17 Baulücken bebaut worden. Natürlich ist es sinnvoll, auch die anderen Baulücken - soweit sie verfügbar sind - zu schließen. Neben dem Wohnbaugebiet Blotenberg stehen 2014 auch die nächsten Planungsschritte des Gewerbegebiets Rodderheide an. Wie geht es hier weiter? WEIKE: Die Entwässerungsplanung ist fertiggestellt, die Straßenplanung steht an, zwei Verträge sind noch zu schließen. Das Gewerbegebiet kann dann vermarktet und realisiert werden. Die Planungen beim Weco-Gelände sind, hat man den Eindruck, ins Stocken geraten. Gibt es hier in 2014 neue Entwicklungen? WEIKE: Die Stadt hat ein hohes Interesse daran, dass das Gelände wieder genutzt wird. Aufgrund der Lage kommt eine gewerbliche Nutzung in Betracht. Der Eigentümer plant auf dem vorderen Bereich die Errichtung von Einzelhandelsgeschäften. Seitens des Landes NRW und der Stadt gibt es aber Vorgaben, welcher Einzelhandel in diesem Bereich möglich und welcher ausgeschlossen ist. Unklar ist nach wie vor, ob ein Investor die Planung umsetzt. Das Gutachten, das der Eigentümer wegen der Altlasten in Auftrag gegeben hat, hat ergeben, dass er das Grundstück konkreter untersuchen und dann sanieren lassen muss, bevor es neu bebaut werden kann. Wir haben seitens der Stadt Kontakt zum AAV-Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung in Herne aufgenommen, um zu klären, ob und welche Möglichkeiten es gibt, die Altlastensanierung zu unterstützen. Der Standort für das Böckstiegel-Museum wurde in den vergangenen Wochen und Monaten heiß diskutiert. Sind Sie froh, dass der Kreisausschuss jetzt endgültig Arrode bestimmt hat? WEIKE: Bereits 2007 hat der Kreis Gütersloh im Rahmen der Gründung der Böckstiegel-Stiftung eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, die zum Ergebnis hatte, dass aus fachlichen und wirtschaftlichen Gründen ein Museumsbau nur in Arrode in Betracht kommt. Lange Zeit war es sehr fraglich, ob ein Museumsbau überhaupt finanziell realisierbar ist. Ich bin sehr froh darüber, dass sich der Kreisausschuss einstimmig für den Museumsbau in unmittelbarer Nähe des Böckstiegel-Hauses und für die erforderliche Finanzierung ausgesprochen hat. Das ist für Werther wirklich ein wichtiger Meilenstein. „Viel mehr Möglichkeiten durch einen Museumsbau” Was versprechen Sie sich für Werther von einem Böckstiegel-Museum in Arrode? WEIKE: Die Stiftung und der Kreis Gütersloh planen den Beginn des Museumsbaus für 2016. Im Jahr 2014 wird ein Architektenwettbewerb durchgeführt, auf dessen Ergebnisse ich sehr gespannt bin. David Riedel macht mit seinem Team im Böckstiegel-Haus eine hervorragende Arbeit. Die kleinen Ausstellungen im Atelier waren ebenso gut besucht wie die Veranstaltungen zu Böckstiegel. Allerdings sind die Rahmenbedingungen heute nicht einfach, da sowohl der Platz für Ausstellungen äußerst begrenzt ist und viele Veranstaltungen wetterabhängig sind und deshalb nur im Sommer stattfinden können. Da ergeben sich doch mit dem Museumsbau ganz andere Möglichkeiten und Perspektiven. Eine persönliche Frage zum Schluss: Was war in diesem Jahr Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk? WEIKE: Am zweiten Weihnachtstag der Besuch der Eisheiligen Nacht mit meiner Tochter und meinem Sohn im Ringlokschuppen mit Lordi, Korpiklaani und Subway to Sally. Frau Weike, wir bedanken uns für das Gespräch.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262