von kerstin spieker
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Borgholzhausen.
Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Senner Pferde im Stall des Hofes Lackner in nichts von anderen mittelgroßen Pferden vom Typ Anglo-Araber. Selbst Karl-Ludwig Lackner, Zuchtleiter im Zuchtverband für Senner Pferde e. V., kann kein optisches Merkmal nennen, an dem das Senner Pferd zweifelsfrei zu erkennen wäre. Und doch sind die Tiere etwas Besonderes, genetisch unverwechselbar und vor allem selten. Ein Blick auf den Stammbaum der Tiere beweist ihre Zugehörigkeit zu einer der ältesten bekannten Pferderassen in Deutschland. Und deren Einzigartigkeit zu bewahren, ist dem Zuchtverband für Senner Pferde ein Anliegen. Zum 1. Januar 2014 hat der Verband daher seine Zuchtbuchordnung europäischem Recht angepasst.
„Es geht uns darum, dass wir uns die Steuerungsfunktion nicht aus der Hand nehmen lassen”, argumentiert Karl-Ludwig Lackner, warum sein kleiner Zuchtverband keine Mühen scheute, nachdem er sich erst 2006 als Zuchtverband selbstständig gemacht hatte, seine noch jungen Statuten zu überarbeiten und der europäischen Norm anzupassen. „Hätten wir das nicht gemacht, hätten Züchter in anderen Teilen Deutschlands ein Filialstutbuch Senner Pferde aufmachen können und wir hätten keinerlei Einfluss auf die Auswahl des Zuchtmaterials gehabt”, machte Lackner die rechtliche Problematik deutlich.
Das habe der Zuchtverband für Senner Pferde so aber nicht stehen lassen wollen. Nach einer Überarbeitung der Vereinssatzung und der Zuchtbuchordnung sieht sich der Verband jetzt gut aufgestellt. Wenn jemand außerhalb des Verbandes in die Zucht der Senner Pferde einsteigen möchte, dann kann er das zwar tun, muss den Hengst, den er für seine Senner Stute ausgesucht hat, aber erst einmal dem eingetragenen Zuchtverband vorstellen. Erst wenn der potenzielle Erzeuger des künftigen Senner Nachwuchses dem Verband geeignet erscheint, wird er zur Senner Zucht zugelassen.
Dass mehr Pferdehalter in die Zucht der Senner Pferde einsteigen, das wünscht sich der Verband dabei dringlich. Denn weltweit gibt es derzeit nur noch 51 Tiere, die der Pferderasse Senner Pferde zugehörig sind. 25 von ihnen sind Zuchtstuten, fünf Hengste und der Rest sind Wallache und Reitpferde, die für die Zucht nicht zur Verfügung stehen. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen stuft den Bestand der Senner Pferde als »extrem gefährdet« ein.
Dabei war das Senner Pferd im Mittelalter eine durchaus begehrte Kulturrasse. Die Tiere gelten als genügsam und lassen sich gut als Reitpferde einsetzen. Die wechselvolle Zuchtgeschichte der Senner Pferde war eng mit dem lippischen Fürstenhaus verbunden. Unter der Naziherrschaft wurden die Tiere dann durch den Entzug jeglicher Unterstützung quasi ausgehungert. Nach dem Krieg verschlug es die letzten Vertreter der Rasse in verschiedene Ecken der Welt - teils als Kriegsbeute der Sieger. „Es war ein langwieriger Akt, bis man die wenigen Vertreter der Rasse erst einmal wieder beisammen hatte”, erinnert sich Karl-Ludwig Lackner an den schwierigen Neustart der gezielten Züchtung von Senner Pferden.
Verständlich, dass der Borgholzhausener nach solchen Mühen nun möglichst die geleistete Aufbauarbeit nicht gefährdet sehen will. Vor diesem Hintergrund hatte er darauf gedrängt, dass der Verband seine Hausaufgaben macht und das eigene Regelwerk den EU-Richtlinien anpasst. Zum 1. Januar 2014 muss nach Inkrafttreten des neuen Tierzuchtgesetzes jeder deutsche Zuchtverband seine Anerkennung neu beantragen, wenn er rechtlich auf der sicheren Seite sein will. „Es hat zwar etwas Arbeit bereitet, aber eigentlich ist es gar nicht so schlecht, dass wir unsere Zuchtbuchordnung leicht korrigiert haben”, meint im Nachhinein Karl-Ludwig Lackner. So jedenfalls sei er jetzt einigermaßen sicher, dass die Zielsetzung des Erhalts der Senner Pferde auch tatsächlich Bestand habe.