Denn das hat sich in diesem Jahr den Schwerpunkt »Gärten und Parks in Westfalen« zum Thema gewählt. Und die Geschichte des Versmolder Stadtparks ist durchaus abwechslungsreich. Sie beginnt 1841 mit dem Kauf des Caldenhofes durch den Kaufmann Anton Heinrich Delius. Er gestaltet das bis dahin land- und forstwirtschaftlich genutzte Areal nach und nach zu einem privaten Park.
1843 brachte er von seiner Hochzeitsreise aus dem Botanischen Garten in Frankfurt - Baumschulen gab es zu der Zeit nur wenige - eine Douglastanne mit und pflanzte später so exotische Gehölze wie einen Tulpenbaum oder eine Federbuche an. Heute noch stehen mit dem Mammutbaum und der Blutbuche Bäume aus dieser Zeit, die es bald auf ein Alter von 160 Jahren bringen. Schon zu Delius’ Zeiten konnten die Bäume im Park ein stolzes Alter aufweisen. So habe sich auf einem der Bäume die eingeritzte Jahreszahl 1792 gefunden, schreibt Rolf Westheider.
Rund 50 Jahre lang gestaltete Delius seinen privaten Park nach dem Vorbild der Gärten des lippischen Fürstenhauses. Es gab kleine Lauben aus Laerer Piepstein für verträumte Sitznischen oder einen kleinen Philosophenweg mit rauschendem Wasserfall. Nach seinem Tod 1896 war zunächst unklar, wie es mit dem Park weitergehen sollte.
Da das verschlungene Wegenetz einem Kurpark glich, begann man - inspiriert durch das aufstrebende Bad Rothenfelde - nach Sole zu bohren. Doch vergeblich. Nachdem auch die Pläne eines Viehhändlers scheiterten, der die Fläche zur Kuhweide machen wollte, beantragten 42 Versmolder Bürger den Ankauf seitens der Stadt. Für 20 000 Reichsmark wechselte das Areal 1901 den Besitzer, und ein Jahr später übernahm ein Verschönerungsverein, der schnell 100 Mitglieder hatte, die Aufgabe, Park und Wege zu pflegen, Bänke aufzustellen und kümmerte sich um die Ausschmückung des Parks mit Denkmälern, schreibt Rolf Westheider.
Das größte Bauwerk jedoch war ein Pavillon. Als Erweiterung des Delius'schen Gartenhauses wurde er 1913 von Amtmann Ernst Graßhof gestiftet und zum 50-jährigen Jubiläum des Bürgergesangvereins als Sängerhalle im neoklassizistischen Stil errichtet. Erst 1948 wurde aus dem achteckigen Bau mit säulengetragener offener Vorhalle die bis heute betriebene Gartenwirtschaft »Parkvilla«.
Der Stadtpark selbst, der 1933 bis zum Kriegsende in Adolf-Hitler-Park umbenannt worden war, geriet nach dem Zweiten Weltkrieg im Laufe der Jahrzehnte mehr und mehr ins Abseits. In den 1950er-Jahren fanden dort noch Motorradrennen statt, erzählt die Versmolderin Ulla Schrewe, die sich in den vergangenen zwölf Jahren gemeinsam mit anderen erfolgreich für das Wiederaufblühen des Stadtparks eingesetzt hat.
In ihrer Jugend, so erinnert sie sich, habe dort eine Bank unter einer tief herabhängenden Trauerulme gestanden, die ein idealer Rendezvousplatz für verliebte Pärchen gewesen sei. Später sei der Park dann nur noch ein Durchgangsareal gewesen, das vielen wegen der fehlenden Beleuchtung unheimlich war. „Der Park wurde dann nur noch als Hundewiese genutzt, es gab keine eingefassten Wege und er wirkte ungepflegt”, sagt Schrewe.
Als sie 2001 gemeinsam mit Lothar Hogreve den Schützenthron bestieg, initiierte sie nach und nach die Wiederauferstehung des Parks. „Im Stadtarchiv hatte ich herausgefunden, dass acht Mitglieder unseres Throns Großväter hatten, die 100 Jahre zuvor den Kauf des Parks durch die Stadt mitbeantragt hatten”, sagt Schrewe. Anlass genug, nun erneut die Verschönerung - zum Beispiel durch Anlage der Königsallee oder das Aufstellen gleichartiger Bänke - in Angriff zu nehmen.
Seitdem hat sich das Gesicht des Parks deutlich verändert. Nicht zuletzt durch die Hans-Reinert-Stiftung, die bislang 150 000 Euro investierte, wurden Wege neu eingefasst, eine Wassertretanlage und ein Spielplatz errichtet und die Bepflanzungen fachmännisch nach historischem Vorbild angelegt.
Der Dornröschenschlaf des Stadtparks ist Geschichte.
¦ Rolf Westheider, »Der Stadtpark in Versmold - vom bürgerlichen Privatgarten zur grünen Mitte der Bürger« in: Jahrbuch Westfalen 2014, Aschendorff Verlag.
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