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Kunstrasen stand nicht auf sicherem Grund

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Versmold. Vor allem unerwartete Probleme mit der Beschaffenheit des Bodens haben die Bausumme in die Höhe schnellen lassen - und das trotz vorher eingeholten Bodengutachtens. In der Sitzung des Jugend-, Kultur- und Schulausschusses standen Gutachter und Planer den Lokalpolitikern und Verwaltungsmitarbeitern nun Rede und Antwort. Auf den Fortgang der Bauarbeiten am Kunstrasenplatz hat die Kostenexplosion indes keinen Einfluss.  Von einer rund 40 Zentimeter tiefen Oberbodenschicht, die abgetragen und neu verfüllt werden muss, waren die Planer ausgegangen. Doch bei den Erdarbeiten zeigte sich, dass der Humusschicht nicht, wie angenommen, tragfähiger Sandboden folgte, sondern eine weitere etwa 30 Zentimeter dicke Schicht mit einem hohen Anteil organischer Bestandteile. Dieser Boden musste nun ebenfalls abgetragen und alles entsprechend umfangreicher wieder mit tragfähigem Material aufgefüllt werden, erläuterte Erwin Schürmann vom zuständigen Planungsbüro. Der unerwartete Aufwand schlage mit rund 90 000 Euro zu Buche. Bodenproben lagen knapp unter zulässiger Grenze Warum die zusätzliche Bodenschicht trotz vorheriger Untersuchungen nicht berücksichtigt worden war, versuchte Gutachter Frank Morbach zu erklären. Insgesamt seien elf Bodenproben auf der 6300 Quadratmeter großen Fläche entnommen worden, sagte er. Einige dieser Proben hätten zwar einen organischen Anteil von 2,9 Prozent aufgewiesen, doch erst ab drei Prozent gelte ein Boden als nicht tragfähig und müsse abgetragen werden. „Wenn man sich auf Bodenproben nicht verlassen kann, dann ist das sehr misslich” , übte Marianne Kampwerth von der CDU noch höflich Kritik, der sich Jan Ziervogel von der SPD anschloss. Und er ergänzte, dass der Gutachter auf den Grenzbereich, in dem die Werte der Bodenproben lagen, hätte hinweisen müssen. Warum die Anzahl der Probebohrungen nicht erhöht worden sei, wollte Arne Bartkowiak von der FDP wissen. Das sei nicht üblich und zudem mit Mehrkosten verbunden, „die Sie mir sicher um die Ohren gehauen hätten”, sagte Morbach. Dem widersprach die städtische Fachbereichsleiterin Nina Herrling energisch. Man hätte bestimmt ein paar tausend Euro mehr ausgegeben, wenn man dafür ein sicheres Ergebnis gehabt hätte, sagte sie. Fachbereichsleiter Hans-Jürgen Matthies wies darauf hin, dass auch das angrenzende Feuerwehrgerätehaus aufgrund der ungünstigen Bodenverhältnisse an dieser Stelle auf Betonpfählen gebaut worden sei. „Hätte man das nicht vorher recherchieren müssen?”, fragte er. Auch dies sei nicht üblich, antwortete Morbach. Zustimmung für Platz wäre fraglich gewesen „Wir sind erschüttert”, fasste Marianne Kampwerth zusammen. Wären die tatsächlichen Kosten vorher bekannt gewesen, hätte die CDU nicht zugestimmt, sagte sie. Und auch Bürgermeister Thorsten Klute erklärte, dass er sich unter diesen Umständen nicht für den Kunstrasen eingesetzt hätte. Um etwa 19 Prozent sind die geplanten Kosten von 709 000 Euro nun angestiegen. Denn weitere 45 000 Euro sind durch zusätzliche Untersuchungen zur Belastung des Bodens, zum Füllsand und eine geänderte Statik für die Fundamente der Flutlichtmasten entstanden. Außerdem hat der Boden noch an anderer Stelle ein unerwartetes Profil gezeigt. Quer über das Gelände laufen im Unterboden zwei längliche Vertiefungen, die möglicherweise vor langer Zeit ein Bachbett gewesen sein könnten, und ebenfalls nur mit lockerer Erde gefüllt waren. „An diesen Stellen mussten wir den Aushub bis auf einen Meter vertiefen, bis wir auf tragfähigen Boden stießen”, erklärte Planer Erwin Schürmann. Dass die Unebenheit des Platzes doch schon immer unter Fußballern bekannt gewesen sei, wie jetzt mancherorts zu hören ist, beeindruckt Nina Herrling nicht. „Die Beschaffenheit der Oberfläche hat überhaupt nichts damit zu tun, wie der Unterboden aussieht, sagt sie. Dass die Riefen erst während der Arbeiten entdeckt wurden, werde dem Gutachter nicht angelastet. Denn es sei Zufall, ob man bei einer Probeentnahme genau eine solche Stelle treffe oder nicht, sagt Herrling. Doch in Bezug auf die nicht tragfähige Bodenschicht des gesamten Areals, werde die Stadt juristisch prüfen lassen, wo die Verantwortung liege. Bis dahin gehen die Mehrkosten zu Lasten des städtischen Haushalts - vorausgesetzt, die Politiker treffen bei der nächsten Sitzung einen entsprechenden Beschluss. Bauarbeiten liefen trotz Problemen weiter Viele andere Möglichkeiten haben sie allerdings auch nicht. Denn die Bauarbeiten sind trotz dieser Hürden - oder vielmehr Abgründe - durchgehend weitergelaufen, die Erdarbeiten für den Kunstrasenplatz so gut wie abgeschlossen. Das Projekt zu stoppen oder gar zu beenden, hielte Nina Herrling auch nicht für richtig. „Um die Fläche wieder in einen Rasenplatz zurückzuführen, müsste sie erneut vollständig ausgekoffert werden”, erklärt sie. Und das wäre wieder mit hohen Kosten verbunden. (Silke Derkum)

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