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Die Pensionen im Griff

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Riesige Pensionslasten kommen in den kommenden Jahren auf die kommunalen Haushalte zu. Angesichts stetig steigender Verpflichtungen auf der einen und des immer kleiner werdenden Finanzierungsspielraums auf der anderen Seite scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das Pensionssystem der Städte und Gemeinden zusammenbricht. Das gilt jedoch nicht für die Stadt Halle, die als eine von wenigen Kommunen das Problem vorausschauend angepackt und gelöst hat. Die Perspektive ist jetzt schon vorgezeichnet: Durch die demografische Entwicklung - die Menschen werden immer älter und geburtenstarke Jahrgänge kommen allmählich ins Pensionsalter - wachsen die Verpflichtungen der Kommunen von Jahr zu Jahr. 2035 wird die Stadt Halle eine mehr als doppelt so schwere Pensionslast schultern müssen wie heute. Statt 400 000 Euro erhalten die städtischen Pensionäre dann knapp eine Million Euro jährlich (siehe Grafik). Und das ist keineswegs eine spekulative Prognose, sondern eine feststehende Tatsache. „Mit jedem Tag Arbeit erwirbt ein Beamter Pensionsansprüche gegen die Stadt”, sagt Halles Kämmerer Jochen Strieckmann. Nach dem Gesetz sind die Kommunen verpflichtet, diese Forderungen in ihrer Bilanz durch sogenannte Pensionsrückstellungen abzubilden. Damit weist die Kommune aus, welche Verbindlichkeiten im Rahmen der Beamtenversorgung insgesamt bestehen - in Halle sind das derzeit etwa zehn Millionen Euro. Die Höhe steht also fest. Völlig unklar ist indes, wie diese Pensionsgelder bei Fälligkeit finanziert werden sollen. Bislang war es gängige Praxis, die Pensionen aus dem laufenden Haushalt zu zahlen. Angesichts zunehmender Liquiditätsprobleme der Kommunen mussten in der jüngsten Vergangenheit aber in manchen Städten Pensionen bereits mit Kassenkrediten finanziert werden. „Ich habe mir gesagt, ich will jetzt etwas tun, um zukünftige Haushalte zu entlasten und für Finanzierungssicherheit zu sorgen”, erklärt Strieckmann. Der Plan: Zukünftig sollen Jahr für Jahr liquide Mittel aus dem laufenden Haushalt in ein Versicherungs- oder Fondssystem fließen, um damit Pensionsansprüche parallel zur ihrer Entstehung zu finanzieren und abzusichern. Nach intensiven Diskussionen, in denen Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Möglichkeiten erörtert wurden, entschieden sich Verwaltung und Parteien für ein Versicherungsmodell und gegen die Fondsanlage. Die Stadt schrieb daraufhin das Projekt europaweit aus und legte dabei grundsätzliche Bedingungen fest. Unter anderem bestimmte sie, keine Maklergebühren zahlen zu wollen und forderte darüber hinaus, dass Überschüsse, die beispielsweise entstehen, wenn ein versicherter Beamter früh sterben sollte, von der Versicherung an die Stadt zurückgezahlt werden. Vier Angebote erhielt Jochen Strieckmann daraufhin. Die Entscheidung fiel auf ein Unternehmen, dessen Eigenkapitalquote und Unternehmensgröße die größtmögliche Sicherheit gewährleistet. „Es war uns sehr wichtig, dass unsere Anlagen auch in der Krise denkbar sicher sind”, so der Haller Kämmerer. Zukünftig zahlt die Stadt damit jährlich 365 000 Euro in dieses Lebensversicherungssystem, die erworbenen Pensionen der Jahrgänge 1952 bis 57 wurden mit einer Einmalzahlung von 4,5 Millionen Euro aus dem aktuellen Haushalt (das HK berichtete) ausfinanziert. Mit diesem Modell ist die Stadt eine von nur etwa zehn Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die die Finanzierung von Pensionsansprüchen nicht in die Zukunft verschiebt, sondern sie im Jahr ihrer Entstehung mit Versicherungsbeiträgen abdeckt. Im Zuge der Berechnungen und aufgrund von Überlegungen, ob es sich in Zukunft für die Stadt überhaupt noch rentiert, Beamte zu beschäftigen, wurden von einem neutralen Institut die durchschnittlichen Kosten für einen Beamten und einem städtischen Angestellten gegenübergestellt. Das Ergebnis: Trotz der Pensionszahlungen ist ein Beamtenverhältnis für die Stadt insgesamt günstiger. Unter anderem deshalb, weil für einen Beamten die Sozialversicherungsleistungen entfallen. Damit kommt die Stadt Halle zu einem anderen Ergebnis als beispielsweise die Stadt Werther, die aus Kostengründen Angestelltenverhältnisse präferiert. (Heiko Kaiser)

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