Knapp eineinhalb Jahre lang arbeitet David Riedel inzwischen als künstlerischer Leiter des Böckstiegel-Hauses. Da sollte man meinen, dass er Leben und Werk des Malers und Bildhauers inzwischen hinlänglich kennt. Mitnichten. Denn noch immer, mehr als 60 Jahre nach Böckstiegels Tod, tauchen neue Aspekte auf. „Mit jedem bisschen, das ich über Böckstiegel erfahre, wird immer deutlicher, dass ihm der Makel »Bauernmaler« völlig zu Unrecht anhaftet. Er hatte mehr Facetten, als viele von uns ahnen.” - Eine Facette mehr von Böckstiegel wird ab Sonntag, 13. Oktober, in einer großen Ausstellung im Historischen Museum Bielefeld zu sehen sein. Sie thematisiert »Peter August Böckstiegel und Rudolf Feldmann. Eine Künstlerfreundschaft«.
Dass Böckstiegel nicht nur selbst Kunst gemacht, sondern auch die Kunst anderer gesammelt hat, ist bekannt. Wie sehr er aber in die hiesige Kunstszene verstrickt war, er gekauft, für sie geworben und an andere vermittelt hat, wissen nur wenige.
Die Freundschaft Peter August Böckstiegels mit dem Bielefelder Gold- und Silberschmied Rudolf Feldmann reicht lange zurück. Sie begann um 1913 und endete erst mit dem Tod Böckstiegels 1951.
„Und es war wirklich eine Freundschaft”, weiß Dr. Gerhard Renda vom Historischen Museum
Bielefeld.
„Auch, wenn sich beide bis zuletzt gesiezt haben.” Auch ihre Ehefrauen und später ihre Kinder kannten sich, wie zahlreiche Briefe dokumentieren, die sich beide geschrieben haben.
Aber nicht nur privat, auch künstlerisch hätten sich Böckstiegel und Feldmann sehr geschätzt, weiß David Riedel. So hätten sie gegenseitig ihre Arbeiten gesammelt, und mehr noch: Böckstiegel habe Feldmann porträtiert, dieser im Gegenzug für Böckstiegel, seine Frau Hanna und später seine Tochter Sonja Schmuck angefertigt, dazu Schönes für den Haushalt wie einen Kerzenleuchter, der noch heute im Böckstiegel-Haus in Arrode zu sehen ist, eine Zuckerdose, eine Keksschale, Serviettenringe und vieles mehr.
Die Freundschaft ging so weit, dass beide für den jeweils anderen Werbung machten, Böckstiegel für Feldmann auch in Dresden, wo der Wertheraner in den Wintermonaten ein Atelier betrieb. Gerade in Zeiten der Weltwirtschaftskrise, wo viele Menschen ums Überleben kämpften, ein nicht zu unterschätzender Akt der Freundschaft. „Solche Verkäufe haben Böckstiegel über Wasser gehalten”, erzählt Renda und zitiert ihn aus einem Brief an Feldmann: „»Herr Feldmann, Sie sind meine letzte Hoffnung ...«.”
Diese Briefe - etwa 150 sowie eine Reihe von Postkarten, transkribiert und als Buch zusammengefasst - dazu Bilder, Druckgrafiken, Zeichnungen, Plastiken, aber auch Gold- und Silberschmuck, kunsthandwerkliche Arbeiten sowie Werke anderer Künstler, die wiederum von Böckstiegel und Feldmann gesammelt wurden, werden nun in der großen Ausstellung zu sehen sein, die am 13. Oktober im Historischen Museum in Bielefeld eröffnet wird. Darunter zahlreiche Arbeiten, die sich in Privatbesitz befinden, noch nie öffentlich gezeigt wurden und nach der Schau in Bielefeld womöglich nie wieder zu sehen sein werden.
In monatelanger Planung haben Riedel und Renda eine Schau konzipiert, die bekannte, aber auch unbekannte Seiten beider Künstler zeigt - und viel über ihre Stellung in der hiesigen Kunstszene sagt. Etwa die Tatsache, dass es der eine als Vertreter der zweiten Generation deutscher Expressionisten zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hat, während der andere, zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Schmuckkünstler Deutschlands, heute nur noch wenigen Fachleuten bekannt ist. „Dennoch stehen sie gleichberechtigt nebeneinander - zu Recht”, finden Riedel und Renda.
„Ich denke, dass die Ausstellung großes Interesse hervorrufen wird”, bekräftigt Ursula Bolte. Für die Vorsitzende der Böckstiegel-Stiftung steht fest, dass die Schau nicht nur als solche sehenswert ist. Sondern darüber hinaus einen speziellen Blick auf die Zeit Anfang des vergangenen Jahrhunderts wirft, wie es ihn bislang noch nicht gegeben hat.
¦ Die Ausstellung »Peter August Böckstiegel und Rudolf Feldmann. Eine Künstlerfreundschaft« wird am Sonntag, 13. Oktober, um 11.30 Uhr eröffnet, und bis zum bis 2. Februar 2014 im Historischen Museum in Bielefeld zu sehen sein. (Anja Hanneforth)