Quantcast
Channel: Haller Kreisblatt
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262

Als die SPD das erste Mal aktenkundig wurde

$
0
0
Die Sozialdemokraten in Deutschland feiern in diesen Tagen das 150-jährige Bestehen ihrer Partei. Doch auch Steinhagen selbst kann auf eine bewegte 122-jährige Geschichte zurückblicken. Man könnte sogar von 165 Jahren sprechen, wenn man die erste Arbeiterbewegung, die sich in Brockhagen 1848 bildete, dazuzählt. Grund genug für Udo Bolte und Wolfgang Milting, einmal das Archiv durchzuarbeiten und eine eigene Steinhagener Chronik zu erstellen.  Das Buch »Für Fortschritt und Gerechtigkeit« ist eine Mischung aus bundespolitischer Entwicklung und Steinhagener Geschichte. Der erste, 130 Seiten umfassende Teil, beleuchtet die bundespolitische Entwicklung. Ihn gibt es in dieser Form überall in Deutschland zu kaufen. Die Ortsverbände hatten jedoch die Gelegenheit, dieses allgemeine Werk ortsgebunden zu vertiefen und zu ergänzen. „Ich hatte durch Zufall davon gelesen und war gleich begeistert”, erinnert sich Wolfgang Milting an den Moment, als er das Angebot der SPD las, jedes Buch zu einem individuellen Werk zu vervollständigen. „Ich fragte den SPD-Vorstand und traf sofort auf breite Zustimmung”, so Milting weiter. Die Idee war also geboren, jetzt musste nur noch die inhaltliche Umsetzung erfolgen. Gemeinsam mit Udo Bolte arbeitete sich Wolfgang Milting durch die Unterlagen, die die Familie Bolte im Laufe von Jahrzehnten angesammelt hatte. Alte Flyer und Broschüren waren ebenso da-runter wie Wahlplakate und Fotos. Die beiden Männer suchten die schönsten und aussagekräftigsten Exponate heraus und schrieben die Geschichten dazu auf. Milting: „Eigentlich wollten wir 24 Seiten liefern, am Ende waren es 32 und es hätten noch viel mehr werden können.” Gründungsfahne »überlebte« in Kissen eingenäht Die kleine Chronik beginnt mit der Arbeiterbewegung im August 1848, die sich in Brockhagen organisierte, um „die Sache des Volkes zu fördern”. Vermutungen legen nahe, dass es Arbeiter des nahegelegenen Bergwerkes in Eggeberg waren, die sich hier zusammentaten, aber „wir recherchieren noch”, so Udo Bolte. Fakt ist jedoch, dass die Sozialdemokratie in Steinhagen zum ersten Mal 1891 »aktenkundig« wurde. Damals trafen sich, trotz der Bismarck’schen Sozialistengesetze, Bürger beim Tischler Wogau. Dieses Treffen wurde von der Polizei registriert und protokolliert und blieb damit der Nachwelt erhalten. In der Chronik gehen die beiden Autoren auf die schwierigen Anfänge der SDP in Steinhagen ein, die gesellschaftlich an den Rand gedrängt wurden, keine Säle für Versammlungen fanden und aus Schikane wegen Nichtigkeiten angezeigt wurden. Bolte und Milting führen den Leser durch die Zeit der NSDAP, obwohl es hier viele Lücken gibt, denn die Unterlagen der SPD wurden systematisch vernichtet. Allein die Gründungsfahne der Amshausener hat die Zeit überlebt - eingenäht ins Sofakissen der Eheleute Vormdamme. Die Autoren gehen auch intensiver auf die Vereinigung der drei Ortsvereine im Jahr 1971 ein. Egal ob die Städtepartnerschaft mit Fivizzano und Woerden, die Ortskerngestaltung oder die A 33 - Bolte und Milting ziehen zu jedem relevanten Thema der näheren Geschichte einen Querverweis zur SPD. Dutzende Bilder, von Personen und Ereignissen, runden das historische Werk ab und lassen ein wenig Nostalgie aufkommen. Besonders, wenn man die Titelseiten mehrerer Ausgaben vom »Steinhagener Ortsgespräch« sieht oder Bilder von Besuchen führender Politiker wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Ex-Ministerpräsident Johannes Rau. Eine Auswahl an historischen Exponaten können auch die Besucher des Empfangs am Sonntag aus der Nähe sehen (siehe Hintergrund-Kasten). Die Steinhagener SPD-Chronik wurde mit einer Auflage von 220 Stück gedruckt und enthält 168 Seiten sozialdemokratischer Geschichte. Übrigens steht ein Bild aus Amshausen allen Lesern deutschlandweit zur Verfügung. Im allgemeinen Teil findet sich nämlich ein Foto von Willy Brandt, der am 17. Juli 1976 bei einer Wanderung durch den Teutoburger Wald in Amshausen eine Rast einlegte und spontan zur Ukulele griff.                                                          (Sonja Faulhaber)

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262