Jörg Kogelheide nutzt das Pressegespräch zur Bilanz 2012 auch, um ein wenig durchzuatmen. Denn der Energiemanager und die insgesamt 33 Mitarbeiter der SGV sind derzeit an zahlreichen Fronten gleichzeitig gefordert. Den Überblick zu behalten, fällt da stetig schwerer. Kogelheide versucht sich dennoch an einem kompakten Fazit.
Kalkulierte Verluste
Um 1,3 Millionen auf 38,5 Millionen Euro schrumpfte der Jahresumsatz der SGV - wesentlich bestimmt durch einen Verlust im Großkundenbereich. „Damit haben wir eine Liefermenge von 22 Millionen Kilowattstunden verloren - was etwa 400 Haushalten entspricht”, erklärt Kogelheide - und bleibt dennoch entspannt. Zum einen müsse sich ein Versorger an das stetige Kommen und Gehen von Großkunden gewöhnen, die ständig neu verhandelten. „Zum anderen ist dieser Markt ohnehin umkämpft und die Marge gering. Im Ergebnis macht sich der Verlust kaum bemerkbar”, erklärt Kogelheide.
Die Strategie
Natürlich will die SGV Großkunden aus der Region - „die kennen wir, da ist das Risiko überschaubar”, so Kogelheide - dennoch weiter gute Konditionen bieten und beliefert darüber hinaus bundesweit zum Beispiel 16 Kliniken. „Im Gasgeschäft haben wir 2012 auch ein großes heimisches Unternehmen zurückgewonnen”, erklärt der SGV-Chef. Wesentlich für den Erfolg bleibe aber auch das Geschäft mit den Haushaltskunden. „Hier müssen wir über Preis und Service, Beratung und den Kontakt vor Ort punkten”, sagt der Geschäftsführer.
Die Zahlen
87 894 Megawattstunden (MWh) Strom lieferte die SGV 2012, ein Minus von knapp 15 000 oder knapp 15 Prozent zu 2011 - was im Wesentlichen dem einen verlorenen Großkunden geschuldet war. Beim Gas legte der Versorger hingegen deutlich zu - von rund 200 000 auf 260 402 MWh. „Wir hatten ein kälteres Jahr und haben unsere Lieferung gerade in fremde Netzgebiete im Umkreis erheblich ausgebaut”, sagt Jörg Kogelheide. Auf dem angestammten Markt der SGV, auf dem sie auch das Energienetz besitzt, bleibt das Geschäft hingegen umkämpft, die Margen sind niedrig. „Wir kommen aus Monopolzeiten, da ist es klar, dass wir auf unserem Gebiet Anteile verlieren. Aber das wird zunehmend weniger und wir stabilisieren uns”, sagt der Geschäftsführer. Unter dem Strich steht ein Jahresüberschuss von 1,284 Millionen Euro, damit stieg der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um 105 000 Euro oder gut acht Prozent an.
SGV als Wirtschaftsfaktor
Ein weiterer Beleg für die gute Verfassung der SGV ist die Eigenkapitalquote von 40 Prozent im Bezug auf die Bilanzsumme. „Hier sind wir mit unserem Polster von elf Millionen Euro optimal aufgestellt”, sagt Jörg Kogelheide. Mittlerweile hat sich das Energiegeschäft zu einer wesentlichen Säule des Versmolder Haushalts gemausert. 900 000 Euro des Gewinns aus 2012 fließen in die städtische Wasserversorgung, 800 000 Euro Konzessionsabgabe zahlt die SGV direkt an die Stadt - „und schließlich sind da noch rund 350 000 Euro Gewerbesteuer, von denen der Haushalt auch zum Teil profitiert”, sagt Kogelheide.
Neue Märkte
Damit diese Ertragsquelle weiter sprudelt, will Kogelheide neue Märkte und Geschäftsfelder erschließen. Die Übernahme des Energienetzes in Bad Rothenfelde war der erste Schritt, der zweite die Mitgründung der Stadtwerke Harsewinkel als 75-prozentiger Gesellschafter. „Wir werden das Stromnetz in Harsewinkel zum 1. Januar 2016 von RWE übernehmen, das Gasnetz ist ab 2018 vakant”, sagt Kogelheide. Er hat weitere Märkte im Blick - „allerdings nur im Umkreis, sonst können wir keine Synergien erschließen”. 2016 läuft der Vertrag für das Dissener Strom- und Gasnetz mit RWE aus, 2018 ist das gleiche in Sassenberg der Fall. Überall will die SGV mitmischen.
Frischer Wind
An Windparks im bayerischen Laubersreuth und im brandenburgischen Gollmitz hält die SGV Beteiligungen. „Derzeit prüfen wir Projekte in Harsewinkel und im Osnabrücker Südkreis”, verrät Kogelheide. Vor der Schaffung neuer Flächen für Windkraftanlagen sind allerdings einige Verfahrensschritte zu absolvieren - unter anderem artenschutzrechtliche Prüfungen. „Ich denke, dass die Projekte Ende 2014 konkreter werden - das gilt auch für die diskutierten Flächen in Versmold”, sagt der Geschäftsführer.
Bürokratie
Ansonsten hielt sich die SGV 2012 mit Neuinvestitionen zurück und wird das auch 2013 tun. Grund ist die immer höhere Komplexität auf dem Energiemarkt. „Das Deutsche Energierecht ist mittlerweile so dick wie das Zivilrecht”, sagt Jörg Kogelheide. Auflagen, Umlagen, Vorgaben - „wir mussten alleine 40 000 Euro für eine Software ausgeben, um mit den Kunden abrechnen zu können, die über das Erneuerbare-Energien-Gesetz bei uns einspeisen”, sagt der SGV-Chef. Bei der Energiewende fehlt ihm das Konzept: „Wenn regenerative Energien ausgebaut werden sollen, geht das nur mit einem Gesamtplan. Derzeit stehen wir vor einem Chaos.”
↧