Im Schreiben des Bielefelder Anwaltsbüros Schulte/Zurheide vom 29. Juli an den Rat der Stadt Halle heißt es: „Zwei Unternehmen, die zur Gruppe unserer Mandantin gehören, betreiben derzeit in
Steinhagen-Brockhagen
auf zwei Grundstücken, die in der Nähe des Fabrikverkaufes der Gerry Weber AG liegen, einen Bekleidungsfabrikverkauf. Die dortigen Anbieter möchten ihren Fabrikverkauf demnächst erneut in die Nähe des Fabrikverkaufs der Gerry Weber AG verlegen.” Als Gründe werden mögliche negative Auswirkungen, die der Fortzug des Haller Modeherstellers auf die eigene Geschäftsentwicklung haben könnte, ins Feld geführt. Eine entsprechende politische Entscheidung sei auch mit Rücksicht auf eine erhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen, die es zu erhalten gelte, dringend geboten, heißt es weiter.
Dazu plant das Unternehmen, Grundstücke in einer Größe von insgesamt 6000 Quadratmetern im Ravenna Park zu erwerben oder zu pachten. Es sollen dort ein Verwaltungsgebäude, ein Lager und ein weiteres Gebäude mit einer Fläche von 2000 qm, in dem der Fabrikverkauf stattfinden soll, entstehen.
Die Anwälte, die im Namen des Wellington-Geschäftsführers Michael Meyer zu Erpen an die Stadt herangetreten sind, führen an, dass grundsätzliche Bedenken gegen eine weitere Änderung des Bebauungsplans nicht bestehen könnten, da mit der Zulassung eines Fabrikverkaufs der Gerry Weber AG in diesem Gewerbegebiet der ursprünglich beabsichtigte Charakter eines reinen und uneingeschränkten Gewerbegebietes ohnehin bereits aufgegeben sei.
In einem Schreiben vom 8. Juli lehnte Jürgen Keil das Ansinnen im Namen der Verwaltung ab. „Das ist ein aussichtsloses Unterfangen”, erklärte der Bauamtsleiter gestern. Schon aus rechtlichen Gründen sei es nicht möglich, weiteren Einzelhandel im Gewerbegebiet anzusiedeln. „Nach dem neuen Teilplan Einzelhandel des Landes NRW darf großflächiger Einzelhandel nur in sogenannten allgemeinen Siedlungsbereichen oder zentralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden. Der Ravenna Park ist jedoch ein Gewerbe- und Industriebereich”, sagte Keil. Bei der Entscheidung für ein Outlet-Center der Gerry Weber AG war der Teilplan Einzelhandel noch nicht rechtskräftig, so dass die Stadt Halle in diesem speziellen Fall den Bebauungsplan ändern konnte. Diese Möglichkeit besteht heute jedoch nicht mehr.
Dennoch versucht das Unternehmen nun auf politischem Weg, seine Position durchzusetzen. Aufgrund des Schreibens an den Rat der Stadt setzte die Verwaltung das Thema daher auf die Tagesordnung des Planungs- und Stadtentwicklungsausschusses am 8. Oktober. „Unsere Haltung dabei ist eindeutig. Wir werden in unserer Vorlage empfehlen, diese Anregung abzulehnen”, erklärte Keil und fügte hinzu: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss zu einem anderen Urteil kommen wird.”
Die Aussage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bölling unterstreicht diese Auffassung: „Selbst wenn die rechtlichen Möglichkeiten gegeben wären, sehe ich es als politisch nicht sinnvoll an, ein weiteres Outlet-Center im Ravenna-Park anzusiedeln. Gerry Weber hat dort seine gesamte Logistik konzentriert, dafür haben wir den Bebauungsplan geändert. Dabei wird es bleiben. Wir wollen keine weiteren Werksverkäufe.”
Jan Hendrik Schaefer (CDU) äußerte indes seine Irritation darüber, dass diese Zeitung vor der Politik informiert worden sei. „Das Ansinnen von Wellington ist der Politik bislang noch nicht vorgetragen worden. Nach meinem Kenntnisstand ist es aber nicht mit der Rechtslage in Einklang zu bringen.”
Karl-Heinz Wöstmann (UWG) ist ebenfalls skeptisch: „Ich wäre von einem weiteren Outlet-Center nicht begeistert, zumal wir schon die Änderung im Fall Gerry Weber mit viel Bauchschmerzen verabschiedet haben. Um das noch einmal zu tun, müsste es schon sehr gute Argumente geben.”