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Die fünfte Generation in den Startlöchern

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Von Detlef Hans Serowy

Werther.
Wer die Prüfung zum Konditor bestehen will, darf sich vor viel Arbeit nicht fürchten. "Rund 40 Stunden habe ich allein in Zeichnungen und Entwürfe für die Schaustücke gesteckt, die auf meine drei Prüfungstorten gekommen sind", sagt Patrik Kröger und lächelt erleichtert. Die Prüfung liegt gerade hinter dem 23-Jährigen, Noten gibt es erst bei der Freisprechung am 25. Juni. Er rechnet sich aber "Chancen auf ein gutes Ergebnis" aus. Fest steht schon, dass Patrik Kröger jetzt doppelt qualifiziert ist. Die Prüfung zum Bäckergesellen hat er bereits 2013 bestanden.

Er tritt damit in die Fußstapfen seines Vaters Günther, der Bäcker- und Konditormeister ist. Seit 1888 betreibt die Familie das Café Bossert in

Werther.
Sie stemmt sich gegen den aktuellen Trend zu Backfilialen großer Ketten und leitet den letzten handwerklich arbeitenden Back- und Konditorbetrieb in der Böckstiegelstadt. "Patrik wäre die fünfte Generation", sagt Mutter Ursula und schaut ihren Sohn erwartungsvoll an. "Das ist der Plan", antwortet der auf die Frage, ob er den elterlichen Betrieb einmal übernehmen will.

Ursula und Günther Kröger haben diesen Plan ihres Sohnes im Hinterkopf, als sie ihr Geschäft Ende 2012 gründlich modernisieren. Heute präsentiert sich das Traditionsunternehmen modern und funktional. Ursula Kröger macht sogar ein Praktikum in Düsseldorf, um aktuelle Arbeitsabläufe für das Angebot von Snacks und kleinen Imbissen kennenzulernen. "Es hat sich gelohnt", ziehen die Krögers nach zweieinhalb Jahren Bilanz. Sie bieten das gesamte Sortiment an Back- und Konditorwaren und auch einen Mittagstisch.

Patrik Kröger beschließt nach dem Abitur am Haller Kreisgymnasium, dass er die Familientradition fortsetzen will. In Neuwied erlernt er bei Wolfgang Geisen das Bäckerhandwerk und schließt seine auf zwei Jahre verkürzte Lehre mit der Gesamtnote »Gut« ab. Es folgt der Start in die Konditorausbildung in einem großen Betrieb am Niederrhein. Der junge Bäcker hat sich diese Lehre aber anders vorgestellt. "Da habe ich den ganzen Tag Pralinen auf das Band gelegt", berichtet er enttäuscht von einer "monotonen Arbeit".

Noch in der Probezeit verlässt er den Betrieb und setzt die Lehre im elterlichen Betrieb fort. "Das war für mich die eleganteste Lösung", blickt er zurück. Die zuständige Konditoreninnung hilft durch Anerkennung der Ausbildungszeit und Patrik Kröger hängt sich richtig rein. "Das war mal so und mal so", antwortet er diplomatisch auf die Frage, wie sich eine Ausbildung beim eigenen Vater denn gestaltet. "Er war immer mein härtester Kritiker", berichtet der Konditorgeselle und räumt ein: "Ich würde es wohl nicht viel anders machen."

Patrik Kröger würde aber den Schwerpunkt bei den Auszubildenden anders setzen als sein Vater. "Bei mir wurde viel Wert auf die sehr korrekte Ausführung der Arbeit und eine perfekte Optik der Produkte gelegt", sagt er. Seine Auszubildenden müssten auch bei Tempo und Arbeitsorganisation glänzen. "Das war für viele meiner Mitprüflinge ein Problem in der Prüfung." Durch wenig zweckmäßige Organisation von Abläufen hätten sie sich in große Zeitnot gebracht.

"Ich hatte alles oft genug geübt", sagt Kröger. Er liegt mit seinen Aufgaben gut in der Zeit, seine Produkte werden pünktlich fertig. Acht Stunden dauert die praktische Konditorenprüfung am Freitag, weitere vier Stunden kommen am Samstag dazu. "Ich musste einfach alles mitbringen, was ich für meine Arbeit brauchte." Eltern und Sohn bauen deshalb "die halbe Backstube ab". "Wir drei haben einen Tag lang gepackt", erinnert sich Ursula Kröger.

Schulfreund Harun Bayer fährt mit dem 23-Jährigen nach Bielefeld und hilft ihm, Materialien und Geräte für die Prüfung aufzubauen. Am Samstag fertigt Patrik Kröger dann im Carl-Severing-Berufskolleg drei Torten mit aufwendigen Schaustücken an. Er muss zusätzlich drei Sorten Teegebäck und drei Sorten Pralinen herstellen. Stolz präsentiert die Familien in der Backstube alle Prüfungsprodukte.

Die »Kleine Küche« steht am Samstag auf dem Prüfungsprogramm. Kröger bereitet ein dreigängiges Menü zu. Als Vorspeise gibt es eine Kartoffelcremesuppe, dann Nudeln mit einem selbst angefertigten Pesto und zum Nachtisch ein Parfait. "Mit vier Leuten haben wir alles wieder abgebaut und nach Werther gebracht", sagt Ursula Kröger erleichtert. "Ich brauche jetzt erst einmal etwas Abstand zum Lernen", betont Patrik Kröger, der zum Ausgleich Sport treibt.

Bis Ende des Jahres hilft er seinem Vater und dem Gesellen Klaus Kuhn in der Backstube. "Ab Februar gehe ich dann in Vollzeit zur Meisterschule nach Olpe. Nach vier Monaten steht die Prüfung zum Bäckermeister an. Der Konditormeister reizt Kröger ebenfalls, aber erst will er noch in einem anderen Betrieb arbeiten. Vielleicht studiere ich noch Lebensmitteltechnologie", blickt der junge Mann nach vorn. Vor viel Arbeit und vor Prüfungen hat Patrik Kröger wohl wirklich keine Angst.


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