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Geschichten der Mitmenschlichkeit

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»Miteinander lachen und Schweres teilen« „Ich war die erste Netzpartnerin überhaupt, erinnert sich die sympathische Frau an eine etwa 80 Jahre alte Dame. Sie saß im Rollstuhl und sogar in der näheren Nachbarschaft kannte man die Dame nur vom Sehen. „Wir beiden hatten sofort Vertrauen zueinander”, erinnert sich die Netzwerkerin der ersten Stunde und ergänzt: „Das führte dazu, dass mich die Dame bat, gleich am ersten Tag eine größere Summe Geld vom Bankkonto für sie abzuheben.” Eine große Verantwortung und eine gute Vertrauenserfahrung für beide. Eine weitere Vernetzung fällt ihr auch sogleich ein: Eine betagte Musiklehrerin war seit längerem an Demenz erkrankt. Alleine traute sie sich den Besuch im Gerry Weber Stadion nicht mehr zu. Deshalb fragte sie im Netzwerk-Büro nach einer vertrauensvollen Begleitung. „Wir haben es dann tatsächlich geschafft, und für die alte Dame war dieser Tag lange unvergessen, trotz ihrer Krankheit.” Danach befragt, warum sie derartige Begegnungen so sehr mag und sich immer wieder da-rauf einlassen kann, sagt die Netzwerkerin: „Ich habe in meiner Kindheit im Ruhrgebiet erlebt, wie die Menschen füreinander da waren. Man half sich eben, ohne lange darüber nachzudenken, ganz spontan.” Später, als Kind der Nachkriegszeit, bekam sie mit, wie die Mutter gegen Vaters Bergmanns-Punkte Grundlebensmittel eintauschte und sie dann zu ihrer Schwester nach Halle brachte. „Die Begegnungen mit den Menschen beim GenerationenNetzwerk haben mir Freude gegeben. Wir haben miteinander gelacht aber auch Schweres geteilt”, erzählt sie. Gemeinsame Erlebnisse, die verbinden. Manchmal gibt es auch Missverständnisse Eine andere Netzwerkerin erinnert sich daran, dass manchmal auch erst grundsätzliche Dinge in einer Vernetzung geklärt werden mussten: „Zu Beginn einer Begegnung hatte die alte Dame etwas völlig falsch verstanden. Weil wir uns regelmäßig verabredet hatten, entließ sie zuerst mal ihre Putzfrau, da sie dachte, dass auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten zum Einsatz gehören. Die besuchte Dame hoffte, dass ich ab sofort kostenlos ihre Wohnung reinigen würde. Ich sollte dort Hausdame werden. In solchen Situationen ist es gut, dass es das GN-Büro gibt. Dort können Missverständnisse geklärt werden und es kommt fast immer zu einer guten Lösung für alle Beteiligten. GenerationenNetzwerk ist Geben und Nehmen Eine andere Netzwerkerin erzählt, wie hilfreich das Netzwerk für sie selbst war: „Zwei Jahre lang habe ich meine Schwiegermutter gepflegt und fand so zum Kreis der pflegenden Angehörigen. Das war damals für mich eine große Hilfe und ich erlebte konkrete Unterstützung”, erinnert sie sich. „Nachdem meine familiäre Pflegegeschichte zu Ende gegangen war, ließ ich mich auf eine Vernetzung mit einer alten Dame ein, die ich bis zu ihrem Tod begleitet habe.” Heute ist die Netzwerkerin im Kontakt mit der Grundschule in Hörste. Regelmäßig trifft sie sich mit Schülerinnen und Schülern, die Unterstützung beim Lesen lernen benötigen. Lesepatinnen in der Grundschule Hörste Im Wechsel mit einer weiteren Netzwerkerin garantieren die beiden einen wöchentlichen Besuch in der Schule. Beiden ist aufgefallen, wie groß die Schwierigkeiten bei manchen Kindern sind. Im Laufe der Zeit „ist es dann schön, mitzuerleben, wie die Kinder sich entwickeln und das Lesen immer besser klappt. Ich finde das toll”, beschreibt die Lesepatin die Begegnungen mit den Kindern. Diese Entwicklung allein sei schon ein Geschenk, darüber hinaus freuen sich die Netzwerkerinnen, dass sie mit Blumen oder Keksen, mal mit einer Flasche Wein oder einem Kaffeetrinken verwöhnt werden. „Es macht richtig Spaß, wir werden freudig begrüßt, wenn wir die Bücherei für die Leselern-Stunde eröffnen. Aber manchmal versuchen die Kleinen auch, uns auszutricksen.” Händehalten bis zur letzten Sekunde Eine weitere Vernetzung bestand zu einer damals 101 Jahre alten Dame. Einen Nachmittag in der Woche besuchte die Netzwerkerin die Betagte. „Sie erzählte ganz anschaulich über das frühere
Halle.
Von Zeiten, als es noch keine Autos gab und die Gärten groß waren. Damals musste ein Arztbesuch mit dem Lieferwagen der Firma Bültmann organisiert werden”, erinnert sich die Netzwerkerin an den Geschichtsunterricht von einer Zeitzeugin. „Ich habe sie begleitet bis sie ins Krankenhaus auf die Intensivstation eingeliefert wurde. Ich war am letzten Tag ihres Lebens bei ihr. Es ging ihr gut. Sie war zufrieden und ist ganz ruhig eingeschlafen.” Die Begleitung von Sterbenden ist eine Erfahrung, die viele Netzwerkerinnen bereits gemacht haben. Beim Händehalten am Bett im Altenheim wird deutlich, wie wichtig es ist, da zu sein und zu bleiben, „weil die Sterbenden dadurch viel ruhiger werden”. Für etliche Netzwerkerinnen sind diese Augenblicke ganz besondere Erlebnisse geworden, „in denen man sich an der Grenze des Lebens bewegt” und „dabei lernt, die Stille auszuhalten”. Geschichten vom Annehmen und Begleiten Eine Netzwerkerin, die schon seit 1998 beim GenerationenNetzwerk mitmacht, erinnert sich an sechs lange Jahre einer wundervollen Vernetzung mit einer älteren, alleinstehenden Dame. Zuerst waren gemeinsame Ausflüge mit dem Rollator noch möglich, dann erblindete die Frau, konnte nur noch schwer hören und schließlich auch nicht mehr laufen. „Ich bin zwei bis drei Mal in der Woche hingegangen”, erinnert sich die Netzwerkerin, wie sie Geschäfte erledigt, Blumen für Feierlichkeiten besorgt und sogar Nägel lackiert hat. Einem schweren Sturz folgten anschließend viele Krankenhaus-Aufenthalte bis die Dame schließlich im Altenheim Eggeblick verstorben ist. Eine Begegnung, die typisch ist für so viele Erlebnisse, die Helferinnen und Helfer im GenerationenNetzwerk gemacht haben. Eine Begegnung gegen die Einsamkeit. Eine Begegnung, die für alle Beteiligten mehr Lebensqualität bedeutet hat. Wer auch solche Begegnungen machen möchte, kann sich mit Heike Wirth im GenerationenNetzwerk-Büro unter ` (0 52 01) 84 98 99 in Verbindung setzen.

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