Von Uwe Pollmeier
Versmold.
Die Zahlen im aktuellen Strukturbericht des Kreises Gütersloh sehen für Versmold auf den ersten Blick nicht allzu rosig aus. Nahezu in allen Kategorien der von der »Pro Wirtschaft GT GmbH« herausgegebenen 88-seitigen Infobroschüre rangiert die Fleischstadt im Vergleich der 13 kreisweiten Kommunen im unteren Drittel. "Es ist derzeit noch ein Jammern auf hohem Niveau", sagt Albrecht Pförtner, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Zugleich warnt er aber davor, dass Versmold den Anschluss verlieren könne.Noch sei das alles kein Drama, sagt Pförtner, dennoch empfiehlt er dringend, neue Unternehmen nach Versmold zu locken. Die Stadt habe ein wirtschaftliches Strukturproblem. Zu sehr habe man bisher auf die Fleischindustrie gesetzt. "Eigentlich ist Versmold immer ein sehr stabiler Wirtschaftsstandort gewesen. Gegessen wir schließlich immer", sagt Pförtner.
Die gegenwärtigen Turbulenzen bei Nölke verändern jedoch das gewohnte Bild. "Nölke steht als Synonym für andere. Der Branche geht es generell nicht so gut", sagt Pförtner. Die wirtschaftliche Entwicklung sei stets konstant gewesen. "Aber nun beginnt sich die Gerade in eine leichte Kurve nach unten zu verwandeln."
Wichtig sei es nun, dass sich die Politik Gedanken darüber macht. "Dabei sollte aber keine politische Farbenlehre betrieben werden", warnt Pförtner. Man müsse überparteilich an einem Strang ziehen und gemeinsam überlegen, was man machen könne.
Eine wirtschaftliche Struktur lasse sich nicht kurzfristig ändern. Man gehe von einer Dauer von mindestens fünf bis eher zehn Jahren aus, bis sich erste Ergebnisse widerspiegeln. Man müsse der Stadt ein Profil verpassen, das Unternehmen anlockt. "Noch ist die Kraft da, um umzusteuern und nachzubessern. Wenn man erst einmal im Tal der Tränen ist, ist es zu spät", warnt Pförtner.
Die wirtschaftliche Situation in Versmold - immer vor dem Hintergrund gesehen, dass diese in Bezug auf den landesweit gesehen äußerst starken Standort Kreis Gütersloh gemessen wird - lässt sich aus mehreren Zahlen des Berichts herauslesen. So ist Versmold die Kommune mit der neuntschwächsten Kaufkraft. Allerdings liegt sie mit einer Kennziffer von 99,4 auch nur 0,6 Punkte unter dem Bundesdurchschnitt. Steinhagen als Spitzenreiter erzielt einen Wert von 104,6.
Der Bruttolohn im verarbeitenden Gewerbe ist der schlechteste nach Rietberg und Langenberg. Und selbst bei der Ausbildungsquote rangiere man nur knapp vor den ebenfalls im Altkreis beheimateten Kommunen Halle und
Steinhagen.
Schlusslicht ist Versmold im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit. 12,2 Prozent aller Arbeitslosen sind zwischen 15 und 25 Jahre alt. "Natürlich ist jeder jugendliche Arbeitslose einer zu viel. Aber bricht man diese Prozentzahl etwa für den April einmal runter, so entspricht sie gerade einmal 70 Jugendlichen", sagt Pförtner.
Sie sei nicht die Masse, und zahlreiche Kommunen, etwa im Osten Deutschlands, könnten von solchen Zahlen nur träumen. Zudem sei der Kreis Gütersloh demografisch gesehen ein sehr junger Kreis, und auch in Versmold lebten überdurchschnittlich viele junge Leute. "Sind deutlich mehr junge Leute auf dem Arbeitsmarkt, werden natürlich auch die Stellen knapper", sagt Pförtner.