von Herbert Gontek
Halle.
Drahtseilakt in gut 30 Metern Höhe. Aus einer am Kranhaken hängenden Arbeitsplattform montierten gestern drei Monteure der Firma Perl aus dem Emsland neue Rotorblätter an die Wittenbrock’sche Windkraftanlage. In den frühen Morgenstunden des 14. Januar war die Anlage vom Blitz eines Wintergewitters getroffen worden. Dabei war ein Rotorblatt abgebrochen. Ursprünglich sollte die Anlage schon Ende Februar repariert werden. Da die Instandsetzung des ebenfalls zerstörten Computers länger als erwartet dauerte, verzögerten sich die Arbeiten.Für die drei Windkraftmonteure Daniel Hemme, Visar Maxharrj und Waldemar Lutz war der Auftrag in Halle eine Reise in die Vergangenheit der Windkraft. Die 23 Jahre alte Hofanlage mit 80 Kilowatt Leistung ist gemessen an den heute in Betrieb gehenden Stromerzeugern ein Spielzeug. "Wir arbeiten heute auf über 130 Metern Höhe", stellte Truppleiter Daniel Hemme fest. Aber Wittenbrocks planerische Rahmenbedingungen lassen an dieser Stelle keine größere Anlage zu. Um seine Betriebserlaubnis nicht zu verwirken, durften nur Originalersatzteile dieses Maschinentyps verwendet werden.
So lieferte gestern Morgen ein Emsländer Spediteur drei gebrauchte Ersatzrotorblätter an der Baustelle oberhalb der Bundesstraße 68 an. Für das Team begann damit ein oftmals geprobter Arbeitsablauf: Rotorblätter entladen, dann Aufstieg in der Personengondel am Kranhaken. Einer der Kollegen steigt aus und geht auf den Balkon des Turmes, die beiden anderen bleiben in der Gondel. Um den alten Rotorstummel demontieren zu können, muss nun das Blatt entgegen seinem Gleichgewichtsverhalten so gedreht werden, dass der Stummel nach unten zeigt. Dann gibt es Geräusche wie beim Reifenwechsel. 26 Schrauben sind mit einem Schlagschrauber zu lösen - sie verbinden die rund 250 Kilogramm schweren Blätter mit der Rotornabe. Minuten später schwebt der Rotorstummel am Kranhaken auf dem Weg in die Tiefe.
Nun beginnt der Umbau des kompletten Flügelsatzes, Blatt für Blatt. Das ist nötig, weil nur komplette Sätze aufeinander abgestimmt und ausgewuchtet sind. Bei der Länge der Blätter ist das unbedingt nötig, weil das System sonst nicht ruhig läuft und dadurch dauerhaft Schäden entstehen.
Für Marc Wittenbrock war gestern ein guter Tag. Er freut sich, dass das alte Schätzchen wieder flottgemacht werden konnte und hoffentlich noch einige Jahre seinen Dienst tun kann, denn ein Nachfolgemodell wird es an dieser Stelle nicht geben.