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Als Werther noch Sackbahnhof war

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Werther (ehu).
Es gab keine Vorstandswahlen. Dafür lockte ein anderer Höhepunkt zur Jahreshauptversammlung des Heimat- und Kulturvereines Werther: Stadtführer Wilhelm Redecker hielt einen Lichtbildvortrag zur Geschichte der Wertheraner Kleinbahn. 25 Gäste waren dazu am Freitagabend ins Haus Werther gekommen.

Redecker erzählte von der 55-jährigen Epoche der Kleinbahn. Deren Züge ratterten ab 1901 bis 1956 von Werther über

Bielefeld-Schildesche
bis nach Enger. Werther war seinerzeit Sackbahnhof, für die Bahn war dort Schluss. Die Lokomotiven mit ihren starren Gleisen und angehängten Waggons seien vielerorts zunächst als Kulturschock erlebt worden, so Wilhelm Redecker. 1902 habe es auf der Wertheraner Strecke sogar den ersten Todesfall gegeben: Ein Mann sei damals auf den Gleisen eingeschlafen und von der Bahn erfasst worden, erzählte Redecker. 

Die Bilder seines Vortrages zeigen in zahlreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen die damaligen Verhältnisse in den Abteilen der dritten und der ersten Klasse, sie zeigen zudem die Streckenabschnitte mit ihren Haltestellen und erzählen ganz allgemein von der geschichtlichen Entwicklung der Eisenbahnen. Noch heute deuten Werthers Straßennamen wie die der Bahnbreede, der Heinrichstraße und des Talbrückenweges auf den Schienenverlauf hin. Teilweise ist  eine sichtbare Schneise in der Landschaft zu erkennen. Applaus erntete Redecker, als er auf einigen Bildern einen Schienenstrang, eine Lokomotive und den Rauch aus dem Dampfkessel tricktechnisch liebevoll einfügte.

"Die Brücken über die Siegfriedstraße und den Schwarzbach sind heute wichtige Zeitzeugen", sagte Redecker. Sie stehen inzwischen unter Denkmalschutz. Dass in der Anfangszeit der Kleinbahn manch ein Hindernis nur mit "Anlauf" überwunden wurde, habe an der schwachen Lokomotive namens Hagans gelegen. Erst nach 1928 sei eine neue Zugmaschine vom damals weltweit zweitgrößten Hersteller, der Firma Borsig, angeschafft worden. Dennoch habe manch ein Bürger weiterhin gefrotzelt: "Blumenpflücken während der Fahrt verboten", erzählte Redecker.

Im Winter 1941/42 sei der Zug einmal im Schnee steckengeblieben. Eine Rotte Gefängnisinsassen habe die Lok schließlich freigeschaufelt. Auch einen Tieffliegerangriff mussten die Passagiere der Bahn 1944 aushalten. Emma Meyer zu Köker erlitt dabei eine Schussverletzung und ihr Hof an der Bahnbreede geriet in Brand.

Nach dem Ende des Vortrages ging es für die den Wer- theraner Heimat- und Kulturverein dann noch um eine wichtige Entscheidung. Einstimmig beschlossen die Mitglieder eine Jahresbeitragserhöhung von 13 auf 18 Euro für Einzelpersonen und von 16 auf 24 Euro für Paare.

Außerdem kündigte die Versammlung die nächsten wichtigen Termine des Jahres an. Dazu gehören eine Bilderpräsentation  von Willi Rose am 17. März im Haus Werther, ein Besuch im Herforder Stadttheater am 25. April und eine Dreitagesfahrt vom 10. bis zum 12. Juli mit Besichtigung der Schlösser Crottorf und Schönstein sowie des ehemaligen Regierungsbunkers in Ahrweiler.


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