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Königlicher Hörgenuss

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VON CLAUDIA VIOTTO

Halle.
Der berühmteste Satz aus Händels Oratorium »Der Messias« ist der Halleluja-Chor am Ende des zweiten Teils. Als dieser bei der Londoner Premiere 1743 im Covent Garden Theatre erklang, erhob sich König Georg II von seinem Sitz, um seine Bewunderung auszudrücken. Bis heute steht das Publikum in England beim »Halleluja« auf. So weit gingen die Besucher in der St. Johanniskirche am Samstagabend nicht, als das Bachensemble vom Bach-Chor den Gesang anstimmte. Aber am Konzertende riss es alle von den Sitzen: Im Stehen applaudierten die Zuhörer den vier renommierten Gesangssolisten, dem Chorensemble vom Bach-Chor und dem Ensemble Aperto für ihre glänzende Darbietung des »Messias«.

Unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Martin Rieker fügten sich die prächtigen Gesänge der Solisten und des Bachensembles sowie die Orchestermusik ganz natürlich zusammen - so wirkte die Aufführung wie aus einem Guss.

In dem dreiteiligen Oratorium hat Händel die christliche Glaubenslehre hinsichtlich des Messias lyrisch-hymnisch vertont. Im ersten Teil erfährt man die messianische Verheißung und wird die Geburt des Heilands geschildert, im zweiten folgen Passion und Auferstehung Christi; der dritte Teil enthält eine Meditation und das Bekenntnis zum Messias-Gedanken.

Das 21-köpfige Ensemble Aperto begann mit einer Symphonie. Es orientierte sich an der historischen Aufführungspraxis, was man etwa den barocken Streicherklängen anhörte. Gesanglich machte der Tenor Daniel Johannsen den Anfang in dem begleiteten Rezitativ »Tröstet mein Volk« und einer Arie mit jauchzenden Koloraturen - seine Stimme, die lebendige Art seines Vortrags ließen aufhorchen. In die von ihm vermittelte Freude fiel nun das Chorensemble ein: 30 wohlklingende Chorstimmen, die eine Stimmung von heller Zuversicht vermittelten. Im Kon-trast dazu übermittelte der tief vibrierende Bass Wolf Matthias Friedrich, wie das Erscheinen des Messias die Erde und Menschheit erschüttern werden - gewaltige Koloraturen inklusive.

Furcht und Schrecken darüber klangen noch in der Arie nach, in der erstmals Clint van der Lindes männlich-milde Altstimme den Raum erfüllte. Freude über die Ankündigung des Messias vermittelten die folgenden Chöre. Die hell leuchtenden Chorsoprane kündeten zuerst von der Geburt Christi; in Tenören, Altstimmen und Bässen verbreitete sich die Kunde stimmlich wie ein Lauffeuer. Das Chorensemble traf den Jubelklang und vermittelte die unterschiedlichen Stimmungen des gesamten Werks gekonnt.

Rieker entlockte den Chormitgliedern einen sauberen, lockeren Gesang; jeder Choreinsatz bereitete Freude. Das Ensemble Aperto überraschte im ersten Teil bei der »Pifa«, benannt nach der Tradition des süditalienischen Schalmeiblasens der Hirten (»Piffari«). Fagottist Christian Walter spielte die barocke Drehleier, auf den Hauptsaiten die Melodie, auf den Bordunsaiten die Begleitung sowie mittels eines Hebels auch die »schnarrende« Percussion.

Im Orgel begleiteten Rezitativ präsentierte Cornelie Isenbürger mit brillanter Sopranstimme den Engel des Herrn und verkündete die Heilsbotschaft. Im Chor erkannte man himmlische Heerscharen mit dem Gotteslob »Ehre sei Gott in der Höhe«; von den Männern tönte es in Oktaven "und Fried auf Erden" heraus. Zwei Fanfaren an Barocktrompeten verstärkten den feierlichen Charakter.

Ein Highlight war Isenbürgers Vortrag von »Er weidet seine Herde«. Im zweiten Teil wurden ernste und schmerzliche Stimmungen und Melodien von triumphierenden göttlichen abgelöst - bis zum strahlenden weltbekannten »Halleluja«. Die exzellenten Solisten präsentierten kunstvolle Vorträge, in denen sich Virtuosität und persönliche Ausstrahlung jeweils eindrucksvoll verbanden.

Zu den Höhepunkten des dritten Teils gehörte die furiose Bass-Arie: "Sie schallt die Posaun’" singt - laut und bebend - der auch an Gestalt große Sänger Friedrich, wozu von hinten stehend die Barocktrompete schmettert.


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