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Fahrradfahrer vermiesen Unfallstatistik

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Von Rolf Uhlemeier Kreis Gütersloh. »Immer die Radfahrer« könnte man in Anlehnung an eine deutsch-österreichische Filmkomödie aus dem Jahr 1958 mit Heinz Erhardt und Hans-Joachim Kulenkampff denken, wenn man den Jahresbericht 2014 zur Verkehrsunfallstatistik des Kreises Gütersloh genauer in Augenschein nimmt. Die im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung des Kreises hohe Zahl von Radfahren verhagelt Gütersloh im Zusammenspiel mit der hohen Fahrzeugdichte die Unfallstatistik. Vergleicht man die Werte der vergangenen beiden Jahre, so stieg die Zahl der verunglückten Radfahrer von 487 im Jahre 2013 um besorgniserregende 12,32 Prozent auf 547 im vergangenen Jahr. Damit ist rund ein Drittel aller im Kreis verunglückten Personen Radfahrer. Auch die Zahlen der Schwerstverletzten (74 auf 84) und der getöteten Radfahrer (1 auf 4) stiegen ganz erheblich an. Karsten Fehring, Abteilungsleiter der Kreispolizeibehörde, führte die stark gestiegenen Fallzahlen auf die große Zahl der Radfahrer zurück, die im Kreis Gütersloh unterwegs sind sowie auf das hohe Verkehrsaufkommen insgesamt: "Münster mit seinen vielen Radfahrern ist immer Schlusslicht der Verkehrsunfallstatistik." In der Spitzengruppe würde man laut Fehring dagegen Kreise wie zum Beispiel Lippe finden, in denen allein schon weil es bergiger sei, weniger mit dem Fahrrad gefahren würde. Über 25 Prozent aller Fahrradunfälle in OWL (1949) ereigneten sich im vergangenen Jahr im Kreis Gütersloh (547). Um dieser alarmierenden Entwicklung entgegenzuwirken, setzt die Kreispolizei auch in Zukunft verstärkt auf Verkehrssicherheitsarbeit wie zum Beispiel die Verkehrspuppenbühne, die Jugendverkehrsschule, den Crash-Kurs für Jugendliche und die Schutzengel-Kampagne. Karsten Fehring rät allen Radfahren zudem zu einer defensiven und vorausschauenden Fahrweise: "Ich kann nur empfehlen, ein bisschen mehr zu schauen und den Verkehr zu beobachten. Es geht doch um die eigene Haut." Große Probleme bereiten der Kreispolizei vor allem die Gruppe der Senioren ab einem Alter von 65 Jahren. Landrat Sven-Georg Adenauer: "Viele Senioren lassen sich nicht mehr beeinflussen. Wir treffen da auf mehr Uneinsichtigkeit als auf Verständnis." Das bestätigt auch Karsten Fehring: "Wir wissen nicht, wie wir das in den Griff bekommen können. Wir stehen vor einem Rätsel, wie wir die Senioren erreichen. Im Moment sehe ich da wenig Möglichkeiten, einzugreifen." Entgegen der landläufigen Meinung sei die stetig steigende Zahl der Fahrräder mit Elektrozusatzantrieb laut Fehring nicht für die gestiegenen Unfallzahlen verantwortlich. Neben den Unfällen, an denen Fahrräder beteiligt waren, ist im vergangenen Jahr auch die Zahl der Verkehrstoten ganz erheblich angestiegen. Waren es 2013 noch 17, so stieg die Zahl 2014 im gesamten Kreisgebiet auf 22. Um die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle, die 2014 im Vergleich zum Vorjahr von 9664 auf 9683 leicht um 0,2 Prozent gestiegen ist, zu reduzieren, setzt die Kreispolizei laut Behördenleiter Adenauer in den kommenden Monaten auf eine neue Taktik. Nach Angaben des Landrates werde der Kreis auch weiterhin flächendeckende Geschwindigkeitskontrollen durchführen, dazu aber deutlich weniger Personal und mehr Technik einsetzen. Karsten Fehring: "Wir werden auf Verkehrsüberwachung setzen, ohne die Verkehrsteilnehmer anzuhalten und zu belehren." Die dadurch freiwerdenden Kapazitäten wird die Kreispolizei künftig dazu nutzen, um Unfallschwerpunkte wie Ampelanlagen und Stoppstraßen stärker als bisher zu überwachen. Fehring: "Das Abbiegen und die Vorfahrtsregelungen sind die häufigsten Unfallursachen." Doch es zeigen sich nicht nur negative Entwicklungen im Jahresvergleich 2013/2014 der Verkehrsunfallstatistik. So verringerte sich die Zahl der verunglückten jungen Fahrer (bis 24 Jahre) von 290 auf 272. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle mit Sachschaden ging von 8411 auf 8249 im vergangenen Jahr zurück. Mit 153 ist die Zahl der verunglückten Kinder gleich geblieben. Nahezu unverändert ist die Aufklärungsquote bei Unfallfluchten, die insgesamt bei rund 45 Prozent liegt. Leicht verbessert hat sich der Prozentsatz bei Unfällen mit Personenschäden, der von 60,75 auf 63,25 stieg. Interessant sind auch die Zahlen der Unfallhäufigkeit (UHZ) und der Verunglücktenhäufigkeit (VHZ) im Kreisgebiet, die für die einzelnen Städte und Kommunen auf 100 000 Personen hochgerechnet worden sind. Negative Spitzenwerte weisen hier besonders Borgholzhausen (2577 UHZ; 440 VHZ) und Halle (2353 UHZ; 420 VHZ) aus. Werther (1783;326) und Steinhagen 1842;350) verfügen statistisch über die niedrigste Unfallhäufigkeit hochgerechnet auf 100 000 Einwohner. Versmold (2253; 501) liegt im Mittelfeld. Nicht einig waren sich Behördenleiter Adenauer und Abteilungsleiter Fehring übrigens in der Einschätzung der Wirksamkeit des mittlerweile deutschlandweit durchgeführten Blitzmarathons. Im Gegensatz zu Fehring sieht der Landrat den Effekt der Aktion nahezu ausschließlich auf den jeweiligen Tag begrenzt. Einen Lehreffekt kann Adenauer nicht erkennen.

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