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Fünf Monate kalt geduscht

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Alexandra Ziesché (21) ist von ihrem Abenteuer in Peru zurückgekehrt. Vier Monate arbeitete sie dort in einer Grundschule in dem kleinen Dorf San Pedro, bei der Stadt Ica. Einen weiteren Monat verlebte sie in der ehemaligen Inkahauptstadt Cusco, wo sie ebenfalls in einer Schule tätig war. Außerdem hat sie mit Baumpflanzaktionen am Wüstengürtel gegen deren Ausbreitung mitgeholfen. In ihrem letzten Bericht erzählt sie über ihren Reise-Monat, in dem sie das Land als Tourist erlebte. Als sie ihr Arbeitsprojekt in Cusco abgeschlossen hatte, stieg sie Anfang Juli in den Flieger von der Hauptstadt Lima nach Iquitos. Das Ziel sei eine Insel, heißt es, da man die 650 000 Einwohner große Stadt tatsächlich nur mit dem Flugzeug oder einem Boot über den Amazonas erreichen kann. Saunaklima zum Empfang „Nach knapp einer Stunde landete abends das Flugzeug und ich wurde zunächst von einer unglaublichen Hitzewelle erschlagen,” berichtet Alexandra. War sie noch vom kalten und nebligen Lima losgeflogen, musste sie nun mit Temperaturen von 30 Grad und nahezu 100 Prozent Luftfeuchtigkeit rund um die Uhr klarkommen. Die Stadt im Zentrum sei recht schön und es gebe eine große Promenade am Amazonas. Besonders beeindruckend sei auch der schwimmende Stadtteil Belén. Die Häuser stünden auf Baumstämmen und das Pequepeque (ein schmales Holzboot mit Elektromotor) werde als normales Fortbewegungsmittel genutzt. Allerdings werde der Abfall dort einfach ins Wasser geworfen und die Müllberge ragten daher besonders an den seichten Stellen heraus. „Diesen Umgang mit Müll habe ich gerade im Regenwald am wenigsten erwartet, da hier die meisten Menschen doch mitten in der Natur aufgewachsen sind”, beklagt die Freiwillige, die zuvor fünf Monate in einem Umweltprojekt gearbeitet hatte. Um 18 Uhr tobt der Bär Die folgenden drei Tage machte die 21-Jährige eine Tour zu einer Urwaldlodge, um so die Gelegenheit zu bekommen, auch Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen. „Wir fuhren mit dem Pequepeque gut 100 km den Amazonas hinauf und kamen so auch recht nah an das Nationalreservat heran. Wir sahen zum Beispiel zwei Faultiere, einen Ochsenfrosch und diverse Vögel und Insekten. Die Affen huschten immer so fix durch die Bäume über uns, dass sie leider immer meiner Kamera entkamen”, erzählt Alexandra. „Besonders faszinierend war, dass um Punkt 18 Uhr der Urwald seinen Lautstärkeregler voll aufdrehte. Auf einmal hörte man von überall Affen, Frösche und Millionen Insekten schreien, quaken und zirpen”, berichtete die junge Frau. Von Iquitos aus sollte es weitergehen ins Land gehen mit einem Boot nach Yurimaguas. Aber es kam anders. Zwar durften die Reisenden schon auf das Schiff und in den Hängematten auch übernachten, doch das Schiff legte erst am nächsten Tag ab. „Die Bootsfahrt war sehr schön, obwohl man nicht viel machen konnte. Rechts und links des Flusses sah man nur Urwald und ab und zu ein kleines Dörfchen; aber weil ich inzwischen die Landessprache beherrschte, lernte ich viele interessante Leute kennen”, berichtete Alexandra. Als sie endlich in Yurimaguas ankam, ging es dann mit Bussen weiter hinauf nach Chachapoyas in den Hochnebelwald. Hier wollte die Hallerin Kuélap besichtigen, eine alte Ruine, die man als ähnlich eindrucksvoll wie Machu Picchu beschreibt. Die in 3000 Meter Höhe errichtete Anlage der Chachapoyas-Kultur - so berichtet die interessierte Archäologin - ist um 800 n.Chr. erbaut, aber noch nicht ausführlich erforscht worden. Dies liegt unter anderem daran, dass man in diesem Bereich des Landes nicht so viel erforscht hat wie in anderen Gebieten. Die beeindruckende Festungsanlage Kuélap ist an die 600 Meter lang und von einer 1,5 km langen Mauer umgeben. Sie beherbergt über 300 einzelne Häuserstrukturen auf drei verschiedenen Stockwerken. Allerdings steht das Bauwerk bis heute nicht unter Denkmalschutz, weshalb die Mittel, um es zu pflegen und zu erhalten, knapp sind und daher die gesamte Anlage von innen eher einem Wald gleicht. Großer Goldschatz Nach Chachapoyas zog es Alexandra wieder an die Küste und sie reiste weiter nach Chiclayo, um das Grab vom Señor von Sípan zu besuchen. Das 1987 entdeckte Grab barg einen der größten Goldfunde der Geschichte und wird teilweise sogar mit dem Fund des Grabes von Tutanchamun in Ägypten verglichen. Der Señor von Sipán war vermutlich ein ehemaliger Herrscher der Moche-Kultur aus dem 3. Jahrhundert nach Christus. Für die Grabfunde wurde sogar ein Museum errichtet. Ihre Reiseroute führte die 21-Jährige die Küste weiter hi-nunter nach Trujillo, der ehemaligen Mochica-Hauptstadt, sowie zurück in die Bergregion nach Chavín de Huantar, wo der Haupttempel der einflussreichsten und ältesten Kultur Perus zu finden ist. Ihren Trip beendete sie mit der Rückkehr nach Cusco, um dort auf einem ehemaligen Inkaweg endlich eines der sieben Weltwunder und Wahrzeichen Perus zu besuchen: Machu Picchu. „Um den viertägigen Inkatrail wandern zu können, musste ich bereits im März reservieren, da nur 500 Leute pro Tag zugelassen werden. Aber es hat sich in jedem Fall gelohnt. Die Route führte durch die eher im Gebirge typische Flora und Fauna durch Bergnebelwald bis hin zur typischen Hochregenwaldnatur und dabei auch noch an sehr beeindruckenden Inkaruinen vorbei”, berichtet Alexandra. „Und am Ende erwartet einen der Ausblick auf die berühmte Inkastadt, die um 7 Uhr morgens noch komplett touristenfrei ist. Dies war wirklich ein schöner Abschluss meiner Zeit in Peru.” Kurz vor ihrem Rückflug nach Deutschland besuchte sie noch ihre Gastmutter im kleinen Dorf San Pedro und verabschiedete sich von den Kindern. „Der Abschied fiel mir wirklich sehr schwer, da mir gerade die Leute hier sehr ans Herz gewachsen waren. Ich habe eine Art zweite Heimat dort gefunden und gelernt, das Land und die Leute zu lieben. Die Zeit, die ich dort gearbeitet habe, hat mir viel mehr Spaß gemacht als jede Reise, die ich im Land unternommen habe”, erzählt sie. Hier war weniger mehr Eine Erfahrung, die ihr Leben stark geprägt hat - schließlich war der ursprüngliche Grund für ihre Reise vor allem das Besichtigen der großen Kulturgüter gewesen. „Die Leute machen das Land aus. Und ich bin froh, so viele kennengelernt zu haben und nun ihre Mentalität und ihre Sprache zu verstehen.” Zusammenfassend für ihre Zukunft sagt die Hallerin, dass sie gelernt hat, dass man nicht viel braucht, um glücklich zu sein, dass man ein Land am ehesten kennenlernt, wenn man die Leute dort trifft und Heimat doch ein flexibler Begriff sein kann. Sie hat in jedem Fall vor, sobald wie möglich wieder nach Peru zurückzukehren.

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