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Wenn Leidenschaft auf Spielkunst trifft

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Von Frank Jasper

Halle.
Man hätte natürlich auch zu Hause bleiben können. Auf dem Sofa mit der Fernbedienung in der Hand etwas durchs TV-Programm zappen. Dann hätte man allerdings am Samstagabend die »Nacht des Schicksals« im Storck-Treffpunkt verpasst und damit das virtuos aufspielende Kammermusikensemble »Salut Salon«, das den 550 begeisterten Zuschauer ohnehin die Fernbedienung wieder in die Hand drückte.

Denn die vier Damen im kleinen Schwarzen waren mit genügend Showtalent ausgestattet, um die Grenzen des klassischen Musikbetriebs immer wieder zu sprengen. Das wurde besonders beim TV-Medley kurz vor der Pause deutlich, als dem Publikum allseits bekannte Melodienfetzen in den Ohren klingelten. Nach dem Tagesschau-Intro erklangen unter anderem die Musik aus Derrick, Tatort und der Muppet-Show, veredelt mit der 20th-Century-Fox-Fanfare, die wohl jeder aus dem Vorspann großer Kinofilme kennt.

Neben solchen heiteren Intermezzi, die beim Publikum bestens ankamen, hatten Salut Salon Folk, Klassik und Chanson zu einem Programm zusammengefügt, das Stilempfinden und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit musikalischen Traditionen gleichermaßen erkennen ließ. Angelika Bachmann, Sonja Lena Schmid, Iris Siegfried und Anne-Monika von Twardowski führten etwa den französischen Chanson »Tendresse« zu hoher Vollendung, nicht ohne sich zu erlauben, den Text auf Plattdeutsch zu singen.

Für kontemplative Momente sorgte »Das alte Schloss«, aus dem Klavierzyklus »Bilder einer Ausstellung«. Das war ein großes Vergnügen, Anne-Monika von Twardowski zuzuschauen, wie ihre flinken Finger für stimmungsvolle Augenblicke sorgten, während ihre Partnerinnen Geigen und Cello hemmungslos ins Sentimentale trieben.

Auch Udo Lindenbergs »Sie spielte Cello« hatte an diesem vergnüglichen Abend seinen Platz. Im schwärmerischen Gestus interpretierte Sonja Lena Schmid die Rockballade und stellte den leidenschaftlichen Charakter des Songs zu keiner Zeit in Abrede.

Das ist dann auch ein Erfolgsgeheimnis von Salut Salon: Heitere und ernste Momente wechselten sich während des gut zweistündigen Programms ab. Da störte es auch nicht den Gesamteindruck, als die Musikerinnen kurz vor der Pause einen Lachanfall bekamen. Im Gegenteil. Denn man ahnt: Um diese Musik so leicht klingen zu lassen, bedarf es nicht nur einer brillanten instrumentalen Technik, sondern auch einer gut gelaunten Nonchalance.

Beides bescherte dem Publikum einen aufregenden Kammermusik-Abend im Rahmen der Haller Bach-Tage.


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