Von Silke Derkum
Versmold.
Seit einigen Wochen ist es still auf dem Versmolder Friedhof. Und damit ist nicht die Ruhe gemeint, die diesem Ort ohnehin inne wohnt. Vielmehr fehlt ein Klang, der als festes Ritual zu jeder Beerdigung gehört: das Läuten der Glocke, das den Verstorbenen und den Trauerzug auf dem Weg von der Kapelle bis zum Grab begleitet. Dort wo sonst auf dem Dach der Kapelle der mit Kupfer beschirmte Glockenstuhl thronte, ist im Moment nur ein Holzgerüst zu entdecken, aus dem einmal das kleine Türmchen werden wird, in dem die Glocke hängt. Eine Erneuerung, die dringend nötig war."Wie morsch der alte Glockenstuhl war, haben wir nur zufällig entdeckt", sagt Pfarrer Dirk Leiendecker. Geplant war, die abblätternde rostrote Farbe an dem mit Holz und Kupfer verkleideten Türmchen nachzustreichen. Doch der Maler habe überhaupt nicht gewusst, wo er den Pinsel ansetzen solle, so morsch war das Holz, berichtet Leiendecker. "Es war wirklich Gefahr im Verzug", sagt der Pfarrer, der Turm hätte beim nächste Läuten vom Dach fallen können. Deshalb habe er bei der Besichtigung des Schadens sofort den Notschalter oben im Turm gedrückt, der jede Bewegung der Glocke verhindert, berichtet Leiendecker.
Nun wird der Glockenstuhl der 1954 errichteten Kapelle erneuert. "Wie hoch die Kosten sind, kann ich noch nicht sagen, aber sie werden im fünfstelligen Bereich liegen", sagt Leiendecker. Beglichen werden sie aus den Rücklagen, die im Etat der Gemeinde für die Erhaltung der Bausubstanz stehen.
Während der Arbeiten für den neuen Glockenstuhl in luftiger Höhe, wird die Glocke am Boden zwischengelagert - und bekommt gleichzeitig einen neuen Klöppel. Der war sowieso schon bestellt, kann nun aber bequem am Boden eingebaut werden. "In der Vergangenheit haben viele den Klang der Glocke als scheppernd empfunden", sagt Dirk Leiendecker. Mit dem neuen Klöppel solle dieser Eindruck gemildert werden. Dass die Glocke trotz ihrer Bestimmung als Friedhofsglocke einen relativ hohen Klang hat, wird sich aber nicht verändern. "Das liegt an der Größe der Glocke; eine größere könnte die Dachkonstruktion nicht tragen", so der Pfarrer.
Die Glocke wiegt, so schätzt er, etwa 50 bis 60 Kilo. "Man kann sie auf jeden Fall zu zweit tragen", sagt er und macht sich dann mit Friedhofsmitarbeiter Carsten Solfrian an die Entschlüsselung der Inschrift. »Fürchte nicht den Tod, ergreife das ewige Leben - Ev.-luth. Kirchengemeinde Versmold 1954« steht auf der bronzenen Außenseite. "Zu dieser positiven Botschaft passt der hohe Klang doch irgendwie", stellt Leiendecker zufrieden fest.
Bis sie jedoch wieder zu hören sein wird, wird noch einige Zeit vergehen. "Vor Weihnachten wird das nichts mehr", sagt der Pfarrer. Es gibt noch einiges zu tun. Auch wenn der zirka fünf Meter lange Glockenstuhl aus Fichtenholz - von dem nur etwa zwei Meter aus dem Dach herausragen - bereits verankert ist. "Ich hätte gedacht, so etwas baut man aus Eiche, aber wenn die Glocke läutet, muss sich der gesamte Turm mitbewegen und das Holz nachgeben; das geht bei der kurzfaserigen Eiche nicht", erklärt er. Gut zu wissen. Wenn die neue Glocke hängt, wird auch der neue Glockenstuhl beim Läuten in Bewegung geraten - gewollt. Angst, dass das Türmchen vom Dach rutscht, braucht dann niemand mehr zu haben.