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Deutsch ist ein spannendes Spiel

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Versmold-Peckeloh (spk).
Aus allen Ecken der Peckeloher Kita ist munteres Kindergeplapper und fröhliches Lachen zu hören. Mittendrin Carolina Fonseca aus Kolumbien. Die 27-Jährige scherzt mit den Zwei- bis Dreijährigen, spielt mit ihnen und versorgt sie. Drei Monate kann sie sich noch um die Kleinen kümmern, dann läuft der einjährige soziale Freiwilligendienst der gelernten Diplom Umweltingenieurin aus und die Heimreise steht an.

Welche Spuren der Deutschlandaufenthalt zurücklässt, davon erzählte die Kolumbianerin begeistert dem HK. "Deutsch lernen ist wie ein spannendes Spiel im Kopf mit immer neuen Überraschungen und Kombinationen", beschreibt sie ihren Eindruck nach neun Monaten, in denen sie sich hautnah in der Kita und in Sprachkursen an der Volkshochschule die deutsche Sprache aneignete.

"Heute habe ich verstanden, was feucht, Glücksfall, Nikolaus, Nesthäkchen, Adventskranz und Adventskalender bedeuten", sagt die 27- Jährige und lacht verschmitzt. Es sind total unbekannte Begriffe in ihrer Heimatstadt Tunja. Die liegt 150 Kilometer von der kolumbianischen Hauptstadt Bogota entfernt, ist die höchstgelegene Kolumbiens, hat über 170 000 Einwohner und thront auf 3000 Metern Höhe am Westrand der Ostkordillere.

Dort träumte Carolina schon lange davon Deutsch zu lernen. Den entscheidenden Anschub gab ihr die Mutter. Sie engagiert sich für American Field Service (AFS). Der arbeitet mit dem Verein Experiment, einer internationalen Austauschorganisation, die interkulturelle Begegnungen für Menschen aus allen Teilen der Welt organisiert, zusammen. Petra Froböse ist für den Verein vor Ort die ehrenamtliche Ansprechpartnerin. Die Peckeloherin, die immer auf der Suche nach neuen Gasteltern ist, vermittelte der Kolumbianerin die Kita-Stelle.

"Eigentlich wollte ich nie eigene Kinder und nie etwas mit ihnen zu tun haben, sie waren mir zu laut, zu unruhig zu ungeduldig", wirkten auf die Hobbyfotografin bisher die tobenden Kinder ihrer 35- und 37-jährigen Brüder abschreckend. Nach neun Monaten im Kinderland folgt der Sinneswandel des Nesthäkchens in der Familie Fonseca.

Was sich anfangs wie Kauderwelsch anhörte, erklären zutrauliche Kita-Kinder durch Gefühle und einfache Wortwahl. Schnell flammt bei Carolina Kinderliebe auf. Und die Kollegen werden nimmermüde, die Hobbyfußballerin der Sportvereinigung Versmold in Grammatik zu bilden. "Es ist toll hier, es ist meine Familie geworden. Ich mag die deutsche Kultur, ich mag jetzt Kinder, mir gefällt das Planen, dass Pläne eingehalten werden und mir gefällt diszipliniertes Verhalten. Ich kann mich hier als Frau sicherer fühlen als zu Hause und ich kann allein reisen. Ich glaube, im Inneren war ich immer schon eine Deutsche", schwärmt die ehemalige Wasserwerkmitarbeiterin, die auch schon in Neuseeland lebte, mit einem Augenzwinkern.

"Für uns ist Carolina ein Glücksfall. Die Kinder und wir mögen sie sehr, sie kann überall eingesetzt werden", lobte Erzieherin und Gruppenleiterin Kati Putz die 27-Jährige. Die möchte nach dem sozial-kulturellen Freiwilligendienst wiederkommen. Die Kolumbianerin hat vor, in Deutschland ihren Master zu absolvieren und dafür noch mehr Deutsch lernen, damit das »Spiel im Kopf« durch interessante Überraschungen neue Nahrung bekommt.  


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