Von Anke Schneider
Dissen. Dass nach Ansicht von Dissens Bürgermeister Hartmut Nümann das Dissener Krankenhaus ein für alle Mal verloren ist, geht in die Köpfe der Bevölkerung nicht hinein. Bei einer Bürgerversammlung am Donnerstagabend in der Grundschule wurde das Stadtoberhaupt vereinzelt massiv angegriffen. Nümann wurde vorgeworfen, mit seinen SPD-Parteigenossen in der Landesregierung unter einer Decke zu stecken.
Eigentlich war ein ganz anderes Thema für die Bürgerversammlung geplant. Da der Verlust des Krankenhauses den Dissenern aber unter den Nägeln brennt, nahm Hartmut Nümann zu dem Thema nochmals Stellung. Kurz umriss er, wie es zu der Schließung des Klinikums am 1. November kam und fand deutliche Worte. "Das Klinikum Osnabrück wollte uns loswerden." Zu diesem Zweck habe man Zahlen getürkt und die Verluste nach oben frisiert.
Nümann zitierte aus einem Schreiben des Sozialministeriums an den Krankenhaus-Planungsausschuss, in dem gebeten wird, das Dissener Krankenhaus aus dem Krankenhausplan zu streichen und die letzten 32 Betten an Georgsmarienhütte zu übertragen. "Auch wenn wir jemanden finden würden, der das Gebäude übernimmt und saniert - die Betten sind weg", so Nümann. Ohne Berücksichtigung im Krankenhausplan gebe es keine Chance für das Klinikum. "Es soll sogar schon Abrisspläne für das Gebäude geben."
Viele der über 200 Gäste der Bürgerversammlung meldeten sich daraufhin und warfen dem Bürgermeister vor, zu früh aufzugeben. Es kamen Vorschläge wie "die Autobahn blockieren" und sogar per Bürgerbegehren einen Gebietsänderungsvertrag auf den Weg zu bringen, um künftig zu Nordrhein-Westfalen zu gehören. Einer der Anwesenden warf Nümann vor, er würde lediglich "Kuschelgespräche im Hinterzimmer" führen und heimlich zu den Genossen in Hannover halten.
Der Bürgermeister wurde angesichts dieser Unterstellungen böse und wehrte sich mit deutlichen Worten. Zwar sei er SPD-Mann und habe auch noch nie etwas anderes gewählt, diese Landesregierung würde er aber nicht weiter unterstützen. "Die tun wirklich alles, um nicht wiedergewählt zu werden."
Mit Nachdruck machten die Gäste deutlich, dass der derzeitige Zustand für Dissen nicht haltbar sei. Viele Einzelschicksale kamen auf den Tisch, in denen berichtet wurde, dass Patienten mit dem Krankenwagen von Klinikum zu Klinikum gekarrt und wiederholt abgewiesen wurden, bevor sie endlich - wenn auch manchmal auf dem Krankenhausflur - behandelt wurden. Das bestätigte ein Rettungssanitäter, der im Rettungsdienst tätig ist.
"Wir fahren uns wirklich den Hintern ab", schimpfte er. Es komme sehr häufig vor, dass in den Osnabrücker Kliniken keine Betten zu bekommen seien und die Patienten abgewiesen würden. "Wir verbrennen Unmengen an Diesel, weil wir nun wegen jeder Kleinigkeit nach Osnabrück fahren müssen", sagte er. "Es muss gehandelt werden, weil wir einfach nicht mehr klarkommen."
Wilfried Meyer als Vorsitzender des Albertine-Fördervereins betonte, im Kampf um das Krankenhaus immer gut mit Bürgermeister Hartmut Nümann zusammengearbeitet zu haben. "In einem Punkt sind wir allerdings unterschiedlicher Meinung", sagte er. Er persönlich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben und führe weiter Gespräche mit allen denkbaren Menschen und Institutionen, die eine Lösung bringen könnten. Und sei es nur eine kleine Notfallversorgung.
Meyer war im Gegensatz zu Hartmut Nümann auch der Ansicht, dass es sich durchaus lohnen könnte, einen "Spitzenjuristen mit Doktor Professor im Titel" mit der Prüfung des ganzen Verfahrens zu beauftragen. Wenn die Zahlen absichtlich frisiert und die Klinik mit Vorsatz an die Wand gefahren worden sei, könnte man das staatsanwaltlich prüfen lassen. "Das sollte uns 10 000 oder 20 000 Euro wert sein", sagte er.
Meyer rief dazu auf, Zustände, wie sie von in Osnabrücker Kliniken abgewiesenen Betroffenen geschildert wurden, zu dokumentieren und bei Annette Austmeyer-Krieg in Dissen abzugeben. Mit diesen Fällen will man der Landesregierung deutlich machen, dass die Menschen in Dissen und Umgebung durch die Schließung der Klinik nicht nur in Angst, sondern tatsächlich in unzumutbaren Zuständen leben.