Von Rolf Uhlemeier
Kreis Gütersloh. Seit Jahrtausenden ist die Katze ein treuer Begleiter des Menschen. Nach Angaben des Statistik-Portals »statista« wurden im vergangenen Jahr nicht weniger als 11,5 Millionen Stubentiger in deutschen Haushalten gezählt. Doch die höchst eigenwilligen Tiere sind halt nicht nur kuschelnde Hausgenossen des Menschen. Katzen sind Fleischfresser und gehören zu den Raubtieren. In freier Wildbahn fangen sie neben Amphibien, Reptilien und Spinnen auch Jungvögel und kleine Säugetiere. Den Jägern sind sie ein Dorn im Auge und dürfen nach der aktuellen Gesetzgebung geschossen werden, wenn sie weiter als 200 Meter von einem Haus entfernt angetroffen werden. Jäger halten das für nötig, um das Niederwild zu schützen - viele Tierfreunde finden es grausam und unnötig. Das
Haller Kreisblatt lässt zu dem Thema Vertreter unterschiedlicher Institutionen, Verbände und Vereine zu Wort kommen.
Das Umweltministerium des Landes hat am Montag die aktuellen Zahlen zum Katzenabschuss in den beiden vergangenen Jagdjahren veröffentlicht (siehe Kasten). Ein Jagdjahr beginnt am 1. April und endet am 28. Februar.
Die Kreisjägerschaft
Bei der Bewertung dieser Zahlen muss man laut Alfons Stammeier, Jagdberater der Gütersloher Kreisjägerschaft, berücksichtigen, ob es sich um sehr dicht besiedelte Gebiete, Hochwild- oder Niederwild-Reviere handele. "Im Ruhrgebiet sind Bereiche, die weiter als 200 Meter von jeglicher Wohnbebauung entfernt sind, sehr selten und in Hochwildrevieren wie im Sauerland hat man das Problem wildernder Katzen eher selten." Betroffen sind laut Stammeier besonders klassische Niederwildreviere wie im Regierungsbezirk Münster mit Borken (1406 Abschüsse), Steinfurth (1158) und Warendorf (945). Nach Ansicht des Kreisjagdberaters seien die Schäden durch wildernde Katzen enorm: "Die halten sich nicht an Schonzeiten und rauben zum Beispiel auch Gelege von seltenen Bodenbrütern wie Kiebitz und Brachvogel aus." Alfons Stammeier findet es nicht richtig, dass den Jägern der »Schwarze Peter« zugeschoben wird und sieht in erster Linie die Katzenbesitzer in der Pflicht: "Wenn man auf die Tiere nicht aufpassen kann, darf man sie sich nicht anschaffen." Sollte im kommenden Jahr das Jagdgesetz von der Landesregierung wie beabsichtigt novelliert und der Abschuss von Katzen bis auf wenige Ausnahmen untersagt werden, sieht Stammeier große Probleme heraufziehen: "Man muss das in letzter Konsequenz bis zu Ende denken. Wer wird sich der Problematik annehmen, wenn wir es nicht tun?"
DER NABU-Kreisverband
Als Vorsitzender erklärt Dirk Blome, dass der Gütersloher Kreisverband nicht "ganz konform" mit der Haltung der Landesvertretung des Naturschutzbundes geht, der die Novellierung des Jagdgesetzes ausdrücklich unterstützt: "Als Kreisverband haben wir seit Jahren ein gutes Verhältnis zu den Jägern und sehen das Problem im Prinzip ähnlich wie sie." Nach Ansicht des Vorsitzenden müssten freilaufende Katzen eingefangen und kastriert werden. Blome: "Doch wer kümmert sich darum und macht das dann auch?" Eine Patentlösung hat der Naturschützer auch nicht: "Das ist ein sehr polarisierendes Thema und schwer, eine für beide Seiten befriedigende Lösung zu finden."
Das Ministerium
Für Frank Seidlitz von der Pressestelle des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz sind die Argumente der Jägerschaft nicht stichhaltig: "Eine Bedrohung der Artenvielfalt wie sie die Jäger durch freilaufende Katzen sehen, gibt es nicht. Die Behauptung der Jägerschaft wird durch keine einzige Studie belegt." Nach Angaben des Pressesprechers haben sich Kastrationsprogramme in Problemgebieten bewährt.
Die Biologische Station
Bernhard Walter sieht Katzen durchaus als Problem, schlägt aber eine andere Lösung als die Jägerschaft vor: "Ich sehe freilaufende Katzen nicht gern in Naturschutzgebieten. Sie sind schon eine Gefahr - das ist so. Ob man sie deswegen abschießen muss, ist aber die Frage." Nach Ansicht des Geschäftsführers der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld sind die Besitzer dafür verantwortlich, was ihre Katzen treiben: "Die Katzen können ja nichts dafür." Das Problem sei laut Walter in erster Linie die unkontrollierte Vermehrung der Tiere und die Abwanderung in die freie Natur. Denn dort, so der Naturschützer, hätten es die ehemaligen Haustiere vor allem in der kalten Jahreszeit nicht leicht: "In strengen Wintern finden sie keine Nahrung und verhungern. Das ist für alle Seiten auch nicht gut." Laut Walter wäre eine flächendeckende Kastrationspflicht ein Lösungsansatz: "Freilaufende Katzen sollten eingefangen und kastriert werden, damit sie sich nicht weiter vermehren."
Das Tierheim Gütersloh
Diesen Ansatzpunkt verfolgt auch das Gütersloher Tierheim in Zusammenarbeit mit der Stadt Gütersloh. Laut Doro Hücker besteht in der Kreisstadt seit 2010 eine Kastrationspflicht für Katzen: "Freigänger ab einem Alter von fünf Monaten müssen kastriert und gekennzeichnet werden." Nach Angaben der Leiterin des Katzenhauses lässt sich ein Erfolg der Regelung bereits erkennen. "Die Zahlen der Katzen, die durchs Tierheim laufen, sind rückläufig. Nach Hückers Wissen habe die Kastration nicht nur den Effekt, dass sich die Katzen nicht mehr vermehren: "Es gibt Studien, die belegen, dass sich kastrierte Katzen überwiegend innerhalb von 200 Metern rund um ihr Zuhause bewegen."
Das Tierheim Bielefeld
Im Gegensatz zu Gütersloh hat das Tierheim Bielefeld das Problem, dass es im Oberzentrum keine Kastrationspflicht gibt. Im Zuständigkeitsbereich der Bielefelder Organisation haben nur die Städte Halle und Versmold eine entsprechende Satzung. Laut Leiterin Barbara Snelting gibt es im Einzugsbereich ihres Tierheims ein nicht unerhebliches Katzenproblem. "Es gibt sehr, sehr viele verwilderte Katzen, die in der Regel sehr scheu sind. Wir bekommen nicht selten Anrufe von Menschen, die 15, 20 herrenlose Katzen melden." Nach Angaben der Leiterin des Tierheims fahren ehrenamtliche Mitarbeiter dann so schnell wie möglich los und versuchen, die Katzen mit Lebendfallen einzufangen. Snelting: "Die Katzen werden dann kastriert und anschließend wieder freigelassen. Wenn sie über einen längeren Zeitraum in Freiheit gelebt haben, kommen sie in der Regl im Tierheim nicht mehr zurecht." Den Vorwurf, dass Katzen die Vogelbestände signifikant dezimieren, findet die Leiterin des Bielefelder Tierheims sehr fragwüdig: "Das sind wohl eher wir Menschen und auch wenn Katzen in der Brutzeit Jungvögel erwischen, rechtfertigt das aus meiner Sicht keinen Abschuss."
Daher wünscht sie sich eine flächendeckende Kastrationspflicht, ist sich aber auch bewusst, dass das keine schnelle Lösung des Problems bedeutet: "Das braucht eine lange Vorlaufzeit, bis es Früchte trägt." Zudem wünscht sich die Leiterin des Tierheims, dass freilaufende Katzen gemeldet werden, damit sie eingefangen und kastriert werden können. Schon jetzt ist das Bielefelder Tierheim nach Angaben seiner Leiterin an seiner Kapazitätsgrenze angekommen. "Wir können den Vertrag mit der Stadt Bielefeld kaum noch erfüllen", sagt sie und weist darauf hin, dass die laufenden Verträge mit den Altkreiskommunen Halle, Werther, Steinhagen, Borgholzhausen und Versmold zum Ende 2015 gekündigt worden sind. Snelting: "Die Verträge müssen dringend neu verhandelt werden."