Von Uwe Pollmeier
Versmold.
"Hast du auch die Parkscheibe eingestellt?", fragt eine Kollegin, als ich in meiner zweiten Arbeitswoche in Versmold vom Rewe-Parkplatz kommend die Redaktion betrete. "Wieso? Die brauche ich doch nur in diesen einzelnen Parkbuchten direkt vor den Geschäften", erwidere ich und rufe fragende Blicke hervor. "Ach, park doch einfach hinten bei Husemann. Da geht es ohne Parkscheibe", folgt der Rat der anderen Kollegin. Viele Ideen, null Erklärungen - die Parkplatzsituation in Versmold entpuppt sich für mich als Rätsel und somit als Fall für Hans-Jürgen Matthies, Fachbereichsleiter Bürgerdienste und somit auch der »Herr der Parkplätze«."Wir sind froh, dass wir so viele Parkplätze in unmittelbarer Nähe zu den Geschäften haben", lobt Matthies beim Gespräch in seinem Büro die Situation in
Versmold.
Man habe dadurch einen großen Vorteil gegenüber anderen Städten. In dem Punkt gebe ich ihm absolut recht, aber da die Parkzeit mit der kleinen Drehscheibe hinter der Windschutzscheibe auf maximal zwei Stunden beschränkt ist, müssen die Einkaufstaschen auch recht schnell gefüllt werden. Oder gibt es sie etwa doch, diese sagenumwobenen, von der Kollegin erwähnten Stellplätze ohne Zeitbeschränkung?"Die gibt es durchaus", erwidert Matthies und holt eine große Übersichtskarte mit sämtlichen sieben Parkplätzen im Innenstadtbereich hervor. Alle sind mit dem bekannten weißen P auf blauem Hintergrund gekennzeichnet und liegen - bis auf eine Ausnahme - alle nördlich der Verkehrsachse Münsterstraße-Berliner Straße-Wittensteiner Straße. Vier dieser Plätze hat Matthies mit einem kleinen Punkt versehen. Dies sind die Parkbuchten ohne Vorschriften, die Stellplätze, an denen das Kraftfahrzeug bedenkenlos von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang stehenbleiben darf.
Wer nicht diese ausgetüftelte Übersichtskarte hat, könnte vermutlich genauso unwissend dastehen wie ich in meinen ersten Tagen in
Versmold.
Es sei denn, er schaut sich die Verkehrsschilder rund um die Parkplätze etwas aufmerksamer an. Denn mit dem Lesen der entsprechenden Verkehrszeichen und ein wenig Kombinationsgabe weiß der Auswärtige auf vier Rädern sofort, wo er wie lange parken darf."Wir haben im Innenstadtbereich ein Zonenhalteverbot. Dies besagt, dass man innerhalb dieser Zone lediglich unter Verwendung der Parkscheibe parken darf", erklärt Matthies. Zu erkennen ist diese Zone an dem großen, auf zwei Eisenstangen im Boden verankerten Parkverbotsschild, unter dem sich der Hinweis »Parken mit Parkscheibe, werktags 9 bis 18 Uhr, zwei Stunden« befindet. Diese Schilder stehen am Beginn der Zone, so etwa an der Berliner Straße, an der Münsterstraße sowie an der Gartenstraße. Diese Vorschrift gelte an jedem Werktag, wozu, so Matthies, auch der Samstag gehöre.
Das passende Gegenstück, das in Grau gehaltene und mit fünf Querstrichen versehene aufgehobene Zonenhalteverbot gibt es natürlich ebenso. Sämtliche Stellplätze außerhalb dieser Zone können ohne Zeitbegrenzung genutzt werden. Aber wieso darf ich dann hinter der HK-Redaktion so lange parken, wie ich will? Hier ist nirgends solch ein Aufhebungsschild zu sehen. "Tatsächlich", gibt Matthies zu, "ich habe mir die Ecke mal angeschaut und es fehlt wirklich solch ein Schild", sagt der Fachbereichsleiter. Es sei vermutlich bei Straßenarbeiten abmontiert und dann nicht wieder platziert worden. "Ich werde umgehend ein neues Schild bestellen", verspricht Matthies.
So langsam durchschaue ich die Logik des Versmolder Parksystems. Einigen Verkehrsteilnehmern fehlt es aber wohl an diesem Hintergrundwissen oder sie lassen aus Faulheit oder Vergesslichkeit die Parkscheibe im Handschuhfach schlummern. Dies sind dann Fälle für Maria Shatrova aus dem Bürgerbüro, die als Teilzeitpolitesse dafür sorgt, dass in Versmold so geparkt wird, wie es die Straßenverkehrsordnung vorschreibt.
"Im Jahr verteile ich rund 1000 Verwarngelder", sagt Shatrova und zückt einen der rosafarbenen Zettelchen hervor, den sie bei Bedarf hinter den Scheibenwischer klemmt und der den Autofahrer darauf hinweist, dass er bald Post von der Stadt Versmold mit einer "nähren Erläuterung des Tatbestandes" sowie einer Zahlungsaufforderung erhalten wird.
Insgesamt ist Shatrova zufrieden mit den Versmoldern, es gibt aber einzelne Problemfälle, wie etwa Autofahrer, die meinen, sie hätten ihr Auto zwischenzeitlich bewegt. Dann holt sie auch schon mal die Kreide raus und zieht einen Strich vom Reifenrand bis zum Asphalt. "Versuchen Sie mal, genau diese Position wieder einzunehmen. Unmöglich", sagt sie.
Ebenfalls fein raus sind die Männer, die im Auto warten, während ihre Frau in der Stadt shoppt. "Wenn jemand im Auto sitzt und die Parkscheibe nicht zu sehen ist, schreibe ich auch nicht auf", sagt Shatrova.
Früher, so erinnert sich Matthies, habe man überall ohne Zeitlimit parken können. "Die Beschränkung auf zwei Stunden war ein Wunsch der Geschäftsleute, damit es keine Dauerparker vor ihren Geschäften gibt", sagt Matthies. Vielleicht wurde sie, so kann ich mir vorstellen, aber auch eingeführt, um die Parkplatzsuche für Fremde etwas spannender zu gestalten.