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Die vielen Gesichter Nairobis

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VON FRIEDERIKE SCHICK

Halle-Hörste. Die Welt steht offen, wenn man jung ist. Das wird schnell klar, wenn man Lotta Beckers trifft. Bei ihr scheint keine auch noch so ausgefallene Idee unmöglich zu sein. Sie modelt, tanzt, schauspielert und führt nun auch noch Regieassistenz. Am Freitag fliegt sie dafür nach Kenia. Alles andere wäre schließlich viel zu gewöhnlich.

"Duschen heißt dann einen Eimer Wasser über den Kopf und fertig", sagt die Hörsterin grinsend. Daran wird sie sich wohl gewöhnen müssen, denn in den Slums von Nairobi lebt es sich anders.

Dort wird die 19-Jährige für mehrere Monate ein Praktikum beim Hope Theater absolvieren. Dass sich das Leben dort deutlich von ihrem jetzigen im beschaulichen Hörste unterscheiden wird, macht die Empfehlung klar: "Man hat mir geraten, nach 19 Uhr am besten nicht mehr das Haus zu verlassen und wenn doch, dann nur in Begleitung." Warum es gerade Kenia sein muss? "Ich hatte einfach Lust auf eine ganz andere Kultur", sagt Lotta Beckers.

Das Hope Theater arbeitet mit Jugendlichen aus den Slums Nairobis unter der Leitung von deutschen Schauspielern. In den Stücken werden wichtige kenianische Themen aufgegriffen, beispielsweise die dortige Wasserknappheit und wie große Konzerne daraus Profit schlagen. Aber auch die persönlichen Lebensgeschichten der Teilnehmer werden erzählt. Mit den einstudierten Stücken geht die Theatertruppe anschließend auf Tournee.

Um Wasser geht es auch in der Aufführung, bei der die Abiturientin nun Regie führen wird. Erste Theatererfahrungen hat sie bereits in der Schule gesammelt. Vergangenes Jahr übernahm sie im Rahmen des Zwölftklassspiels an der Freien Waldorfschule Gütersloh, bereits die Regieassistenz.

Aber nicht nur hinter, sondern auch auf der Bühne kennt Lotta Beckers sich aus. Sie spielte auch selbst in diesem Theaterstück mit und stand zuvor auch schon einmal für einen Kurzfilm selbst vor der Kamera.

Langfristig gesehen will sie aber lieber andere als sich selbst in Szene setzen. "Mir macht das Inszenieren einfach Spaß, das möchte ich auf jeden Fall weiter verfolgen", sagt sie und hat sich bereits über entsprechende Studiengänge informiert. Ein zweites Praktikum im Filmbereich soll dann entscheiden, in welche Richtung es genau geht.

Beim Projekt in Kenia werden die Erfahrungen, die die Theaterbegeisterte als Modern- Jazz- und Balletttänzerin gesammelt hat, hilfreich sein. Denn in den Stücken des Hope Theaters wird auch getanzt und gesungen. "Jeder bringt das ein, was er eben kann", sagt die ehemalige Waldorfschülerin begeistert. Besonders gut gefällt ihr, dass das Projekt durch keinen zeitlichen Rahmen begrenzt ist, sondern dem Stück so viel Zeit gegeben wird, wie es eben braucht, um sich zu entwickeln. "Kann sein, dass ich das Ende gar nicht miterlebe" , sagt Lotta Beckers bedauernd.

Auf die Frage, ob sie nicht aufgeregt sei oder gar ein wenig Angst habe, sagt sie klar: "Ich habe eigentlich keine Erwartungen. Alles klingt so fremd, da kann man sich noch gar kein Bild machen." Und diese offene und aufgeschlossene Haltung scheint der Schlüssel zu sein, um auch auf der Bühne des eigenen Lebens Regie führen zu können.


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