Von Friederike Schick
Borgholzhausen/
Bielefeld.
In Wolfgang Modersohns Leben gibt es keinen Moment des Stillstands. Mit 50 lernt er Englisch, mit 65 macht er den Segelschein und segelt durch das Ägäische Meer. Im März ist er 90 geworden und hat sich jetzt ein neues Auto gekauft. Im Bielefelder Autohaus Weller wurde ihm nun der Schlüssel seines neuen Toyata-Prius überreicht."Du gönnst dir ja sonst nichts, also kauf dir doch ein neues Auto", dachte sich der ehemalige Borgholzhausener zu seinem 90. Geburtstag und meldete sich verantwortungsbewusst direkt beim Fahr-Fitness-Check des ADAC an. Nach einer Autofahrt durch Bielefeld in Begleitung eines Fahrlehrers ist klar: Wolfgang Modersohn ist immer noch absolut fit für den Straßenverkehr. Auf seinem Fahrprotokoll sind keine Mängel angekreuzt, einzig und allein der Schulterblick ist nicht optimal.
Die Anmerkung zu dieser Tatsache aber verliest Wolfgang Modersohn mit Stolz: "Der Schulterblick wird durch Erfahrung ausgeglichen" , hat der Fahrlehrer notiert. Dass die Sicherheit beim Fahren an erster Stelle steht, ist seiner Meinung nach selbstverständlich, und er animiert sogar Freunde und Bekannte, es ihm gleichzutun.
Selbst bei der Wahl des Autos ist Verantwortungsbewusstsein die Devise, denn die Wahl fällt auf einen Wagen mit Hybridantrieb. Der Toyota Prius verfügt über einen Benzin-Elektro-Motor und lädt die Batterie nicht über die Steckdose, sondern beim Bergabfahren oder Bremsen automatisch auf. Besonders begeistert ist der Bielefelder von der Überholfunktion des Autos. Beim Beschleunigungsvorgang schaltet sich der Elektromotor zusätzlich ein.
"Das geht dann ab!", sagt der ehemalige Hochbauingenieur lachend und wirft die Arme wie zur Bestätigung nach vorne. Er spricht aus Erfahrung, denn schon sein vorheriges Auto war ein Prius. "Für mich ist es das umweltfreundlichste Auto der Welt", sagt er überzeugt. Und auch der Autoverkäufer Paul Giesselmann ist begeistert - allerdings von Wolfgang Modersohn. In seiner über 40-jährigen Laufbahn als Autoverkäufer sei ihm ein Kunde in diesem Alter noch nicht untergekommen.
Das Auto braucht der Hy-brid-Fan vor allem für seine große Leidenschaft, den Jazz. Denn der Weg zum Jazzclub in Harsewinkel ist seit seinem Umzug von Wichlinghausen nach
Bielefeld-Schildesche
vor 17 Jahren deutlich länger geworden. Aber das hält den 90-Jährigen nicht davon ab, sich jedes zweite Wochenende bis in die Nacht hinein der Jazzmusik hinzugeben.Doch auch unter der Woche ist bei ihm kein Stillstand in Sicht: "Jeden Tag ist was los", sagt er und erzählt freudig von seinen Freunden und wöchentlichen Programmpunkten, bei denen sportliche Aktivitäten eine wichtige Rolle spielen.
Trotzdem sei er natürlich auch auf dem Laufenden, was das Borgholzhausener Leben angeht. Das Haller Kreisblatt liest er "eigentlich schon immer", sagt Wolfgang Modersohn und zeigt auf die aktuelle Ausgabe auf dem Tisch. Heimatverbundenheit wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt. Sein Vater war von 1929 bis 1954 Lehrer an der Schule in Eggeberg und Mitverfasser der Eggeberger Schulchronik.
Dass der unternehmungslustige Rentner immer ein guter Autofahrer war, macht seine überragende Unfallquote deutlich. Seit er den Führerscheins im Jahr 1948 erhalten hat, hat es bei ihm noch nie gekracht. "Als Bezahlung für die Führerscheinprüfung in Hörste musste ich damals übrigens 20 Liter Benzin mitbringen", erinnert sich Wolfgang Modersohn genau. Nach vier gefahrenen Kilometern auf der Versmolder Straße war die Prüfung bestanden. "Die wollten auch noch was von dem Sprit haben", vermutet er lachend.
Das Geheimnis, warum er heute noch so fit ist, ist ganz simpel: Jeden Tag Bewegung und die Gesundheit an die erste Stelle stellen. Aber vor allem viele Erfahrungen sammeln und Erinnerungen schaffen, aus denen man noch lange schöpfen kann. "Ich habe wirklich ein sehr reiches Leben", sagt er versonnen und legt die Hände in den Schoß. Und wer weiß schon, was als Nächstes kommt, denn Wolfgang Modersohn macht deutlich: Mit 90 ist das Leben noch lange nicht vorbei.