Von tasja klusmeyer
Versmold.
Der große Wassereimer ist an warmen Tagen heiß begehrt. Mia, Bruder Maik und Cousine Emily schnappen sich Gießkanne und Becher, um das Wasser abzuschöpfen. Oder sie planschen einfach nur mit den Händen darin herum. Da dauert es nicht lange, bis T-Shirt und Hose nass sind. Auf dem Balkon zu Hause wären solche Wasserspiele kaum möglich - und auch die Nascherei von Himbeeren und Tomaten direkt vom Strauch nicht. Gut, dass es den Garten von Oma gibt. Alfia Ritter und ihr Mann haben an der neuen Kleingartenanlage an der Breslauer Straße eine Parzelle gepachtet. Für sie und viele andere Familien ist es der erste Sommer im Schrebergarten.Im Juni 2008 machte die Versmolder Politik mit der Änderung des Flächennutzungsplanes den Weg frei für die Anlage am Stadtrand Richtung Peckeloh. Seinerzeit war sie noch als zusätzliches Angebot zu den Gärten an der Bielefelder Straße und der Wersestraße geplant. Die Parzellen dort waren alle vergeben, der Bedarf an weiteren Pachtflächen offenbar vorhanden. Inzwischen mussten die Kleingärtner wegen der Bauprojekte ihre Anlagen auf dem Krankenhausgelände aufgeben (wir berichteten).
Das Areal an der Breslauer Straße/Grenzweg rückte erneut in den Fokus. Es folgten Gespräche mit den Anwohnern, die Bedenken zu den Plänen äußerten. Stadt und Politik verständigten sich auf einige Auflagen, die in die Pachtverträge aufgenommen werden sollten.
Seit April 2013 nun ist die etwa 7000 Quadratmeter große Fläche, die einst Acker war, verpachtet, alle 22 Parzellen sind vergeben - und werden entsprechend genutzt. Wie die der Ritters. Das Ehepaar wohnt in einer Mietwohnung im Innenstadtbereich und vermisste schon seit längerem einen eigenen Garten. Ein Wochenendhaus an den Peckeloher Seen war ihnen zu teuer. Als die Versmolder dann von der neuen Kleingartenkolonie, die von ihrem Zuhause aus in wenigen Minuten mit dem Rad zu erreichen ist, hörten, griffen sie zu.
"Ich habe Freude an Gartenarbeit", sagt Alfia Ritter, um lachend einzuschränken: "Es bedeutet aber auch sehr viel Arbeit." Mit Hilfe der ganzen Familie schuf sie sich ein Plätzchen im Grünen. Sie säten Rasen, pflasterten die Wege, legten Beete an, pflanzten Sträucher, bauten eine kleine Gartenhütte auf. Alles ist liebevoll gestaltet. Sandkasten und Planschbecken für die Enkelkinder, die bei gutem Wetter fast jeden Nachmittag kommen, dürfen nicht fehlen.
Omas Garten ist für die beiden knapp dreijährigen Mädchen Emily und Mia sowie den ein Jahr älteren Maik ein echtes Paradies. Auch sie wohnen mit ihren Eltern momentan in Wohnungen nur mit Balkon. Ihre Mütter - Alfia Ritters Töchter - freuen sich nicht nur über frische Luft, Bewegung und Spielmöglichkeiten für ihre Kinder. Sie finden es darüber hinaus gut, dass die Kleinen lernen, dass Beeren eben nicht in einer Schale im Supermarkt wachsen.
Früchte und Gemüse zum Ernten gibt es bei Alfia Ritter ausreichend im Garten. Die erste eigene Ernte von Tomaten, Gurken, Salat, Zucchini, Himbeeren und Erdbeeren war gut. Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbaum müssen hingegen erst noch wachsen.
Direkt auf der anderen Seite des Gartenzauns betritt Tumurbaatar Tudev gerade sein Kleinod. Er ist an diesem Nachmittag nicht zum Ernten oder zur Beetpflege gekommen. Er hat Akkuschrauber und Wasserwaage dabei, um an seiner Terrassenüberdachung weiterzuwerkeln. Auch für ihn ist es der erste Sommer im Schrebergarten. Seine Wohnung im Mehrparteienhaus liegt in Sichtweite, nur einen Steinwurf entfernt. Von dort aus hatte er im vergangenen Jahr verfolgt, dass sich auf dem Gelände etwas tut - und sich um eine Parzelle beworben. Wie viele andere Versmolder auch, die nun ausgiebig die Zeit zwischen Himbeerstrauch und Hecke genießen.