Quantcast
Channel: Haller Kreisblatt
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262

Mit Disziplin zur Vollkommenheit

$
0
0

Von Nicole Donath

Halle/Peking. Heimaturlaub vom Studium an der Sport-Universität Peking in Bokel. Ein Kontrastprogramm, wie es größer nicht sein könnte: Millionen-Metropole gegen tiefste Provinz. Doch die Idylle währt nur ein paar Tage, dannn geht es für Felix Ruwwe und seine Ehefrau Sonoka über einen Zwischenstopp in Berlin auch schon wieder zurück: Die junge Japanerin fliegt in ihre Heimat, wo sie Mediendesign studiert hat und zurzeit noch arbeitet. Der 27-Jährige reist wieder nach Peking: In der Hauptstadt der Volksrepublik studiert er jetzt im vierten und letzten Jahr chinesische Kampfkunst. Wir sagen Kung Fu. Felix Ruwwe nennt es korrekt Wushu.

"Kung Fu benennt eigentlich die Fähigkeit, etwas durch harte Arbeit erlernt zu haben", erklärt Felix Ruwwe. "Aber das kann ja alles bedeuten, auch Kochen zum Beispiel. Wushu hingegen bedeutet Kampfkunst." Und eben diese chinesische Kampfkunst erlernt Felix Ruwwe, Sohn eines Deutschen und einer Japanerin. Gerade hat er bei den nationalen chinesischen Meisterschaften den dritten Platz belegt - für einen Ausländer, der er in China nun einmal ist, ein ganz besonderer Achtungserfolg.

Diesen besonderen Erfolg hat sich Felix Ruwwe allerdings auch hart erarbeitet: Mit drei Jahren über Frankfurt und Bielefeld nach Halle gekommen, besuchte er hier die Realschule. "Das Abi war zunächst kein Thema, denn ich wollte ja nicht studieren." Als jedoch erst einmal klar war, dass er chinesische Kampfkunst erlernen und seine Fähigkeiten ernsthaft ausbauen wollte, allumfassend, startete der langjährige Taek-wondo- und spätere Kung-Fu-Schüler durch: Erst das Abi im Fernlehrgang. Dann Sprachen: Neben Deutsch und Englisch spricht Felix Ruwwe heute auch Chinesisch und Japanisch - immer seinen großen Traum vor Augen, nach China zu gehen und das höchste Ziel von Wushu zu erreichen. Neben Selbstverteidigung sind das auch Disziplin, das Vervollkommnen von Körper und Geist, Gesundheit und Langlebigkeit. "Dieses Land, diese andere Kultur, der Kontakt zu den chinesischen Meistern ...", setzt Felix Ruwwe an und könnte die Aufzählung wohl noch beliebig erweitern, denn seine Faszination von dem Land scheint unendlich groß.

Auf dem Campus bewohnt er alleine ein Doppelzimmer im Ausländerbereich, für das er umgerechnet 200 Euro im Monat bezahlt. Die Finanzierung ist dabei über ein Stipendium gesichert - zunächst aus China, aktuell aus Deutschland. Und von hier aus bereitet er sich nun auf das letzte Jahr an der Uni vor und kann sich schon mal überlegen, was er mit seinem Bachelor of Art anfangen will: "Die Möglichkeiten sind vielfältig: Ich könnte als Trainer arbeiten oder in den Security-Bereich gehen, also zur Polizei", erzählt der 27-Jährige, der - wie seine Familie auch - der Vereinigungskirche angehört und seine Frau vor einem Jahr in Korea geheiratet hat. Felix Ruwwe könnte aber auch in die Filmindustrie wechseln. Eine wahrscheinliche Variante, denn in diesem Metier ist er jetzt schon regelmäßig unterwegs. Auch aktuell steht er gemeinsam mit seinem Bruder Lorenz in Berlin vor der Kamera und wirkt in Eigenproduktionen mit. Selbst in Kung-Fu-Filmen hat er bereits kleinere Rollen bekommen. Einen Einblick seiner beeindruckenden Fähigkeiten kann man erhalten, wenn man diesem Link folgt:

http://www.youtube.com/ watch?v=V0tzjAB_bKI

Bis zur endgültigen Entscheidung über seine Karrierewahl hat der Kampfkünstler aber noch ein wenig Zeit. Zeit, die er mit einem weiteren Ausländer, einem Mexikaner, im Klassenverband verbringt und neben viel Training und Theorie jetzt mehr denn je praktisch arbeitet. In Peking, wo er sich zu Hause fühlt. Wo ihm nicht einmal die Luftverschmutzung zusetzen kann, weil sein Körper so trainiert ist. Und wo er sich am Ende des Studiums entscheiden wird - für ein Film-Studium in Peking oder Berlin. Oder für ein Leben als Lehrer in China. In jedem Fall konsequent auf dem Weg, die eigene Person zu vervollkommnen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262