von jonas damme
Steinhagen.
"Ich hätte nicht gedacht, dass das so krass wird!", sagt Merle Althaus im Nachhinein über ihre Schulfahrt zum Vernichtungslager Auschwitz. Gemeinsam mit 26 engagierten Mitschülern der zehnten Klassen der Realschule war sie fünf Tage lang in Polen unterwegs, um die deutsche Geschichte am eigenen Leib zu erleben. Im Nachhinein sind sich die Schüler einig: Die drei Besuche im Vernichtungslager werden sie nicht vergessen.Obwohl sie sich im Geschichtsunterricht und dem Schulprojekt zur Wewelsburg bereits mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands beschäftigt hatten, traten die Steinhagener Schüler ihre Reise in die deutsche Geschichte unbefangen an. "Wir wollten sehen, was es da alles gibt", beschreibt Carsten Sträßer den Ansatz.
Und die Entscheidung, die lange Reise nach Oswiecim auf sich zu nehmen, um mit Auschwitz-Birkenau, dem Lager Auschwitz-Monowitz sowie dem Stammlager der Vernichtungsstätte das größte Konzentrationszentrum der Nationalsozialisten zu besuchen, stellte sich als gut heraus. "Es ist unglaublich, was die da reingesteckt haben", zeigt sich Sträßer von der schieren Größe der Anlage geschockt. Und Merle Althaus ergänzt: "Man hat es noch richtig gesehen, zum Beispiel an den Haaren und den Koffern der Opfer, die noch aufbewahrt werden."
Nur besonders engagierte Schüler waren mitgefahren. Alle 27 hatten sich schriftlich beworben. Gemeinsam mit dem Verein »Stätte der Begegnung« aus Vlotho war dann das Programm organisiert worden. Die Schüler haben die drei Teile des Lagerkomplexes besucht, eine Einführung in die Entstehung bekommen und sich in kleinen Gruppen weiter in die Materie eingearbeitet.
Der Höhepunkt für viele war das Gespräch mit Lidia Maksymowicz. Sie war als kleines Mädchen verschleppt worden und zählt zu dem einen Prozent der Opfer, die Auschwitz lebend verlassen haben. Das persönliche Gespräch und die Tatsache, dass die alte Frau auch heute noch nur schluchzend über ihre Kindheitserfahrung berichten kann, beeindruckte alle. So verstehen sie es auch als Glück, dass sie zu denen gehören, die noch die Möglichkeit hatten, mit einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen zu sprechen. "Bilder sind etwas ganz anderes", sagt deshalb Cemre Kirici. Entsprechend tiefgründig und reflektiert fällt auch das Nachgespräch über die Reise aus.
Kirici legt Wert darauf, dass der Besuch im Vernichtungslager nicht um der Geschichte willen wichtig ist: "So etwas kann ja immer und überall passieren. Auch in den Konflikten in Syrien und der Ukraine geht es um Volkszugehörigkeiten und Religionen."
Auf der ganzen Welt würden immer wieder Gruppen unterdrückt. Merle Althaus bringt es auf einen Nenner: "Und wir müssen dazu beitragen, dass so etwas nicht wieder passieren kann."