Von Marc Uthmann
Versmold-Peckeloh. Für Jungs wie Tom und Florian ist der Tag nach dem Unwetter ein spannendes Abenteuer: "Papa, dürfen wir auf dem Baum noch rumklettern?", betteln die siebenjährigen Zwillinge ihren Vater Frank Skora an und deuten auf den mächtigen Berg aus Blättern und Holz, der am Rand der Sandortstraße liegt und einmal eine mächtige Eiche war. Sie dürfen - doch was gestern Anlass zum Spielen gab, ließ vielen Versmoldern in der Nacht zu Dienstag den Schreck durch die Glieder fahren.
Es war ein mächtiges Unwetter, das da ab etwa 22.30 Uhr über Versmold hinwegbrauste. Fast unmerklich hatte es sich angeschlichen, um dann umso gewaltiger loszubrechen. Ingrid Cord-Landwehr jedenfalls steht auch gestern Mittag noch unter dem Eindruck von Blitz, Donner und Sturm. "Als ich um 23 Uhr nach draußen schaute, war der Himmel richtig gelb", erzählt die 69-Jährige, die auf ihrem Hof an der Peckeloher Sandortstraße eine Verkaufsstelle für Spargel und Erdbeeren des Betriebes Ventker betreibt. "Das erinnerte mich sofort an ein Unwetter vor 40 Jahren, als ein Tornado bei uns eine Schneise der Verwüstung durch die Gegend zog."
Und die Geschäftsfrau sah sich in ihren Befürchtungen schnell bestätigt: "Mir sind hier Schilder samt Dübel von der Wand gefallen und Blumenkübel über den Hof geschleudert worden." Vom Sturz der mächtigen Eiche, die nur etwa 100 Meter entfernt zu Boden ging, bekam Ingrid Cord-Landwehr kurioserweise allerdings nichts mit. "Das muss auch irgendwann am späten Abend passiert sein - vielleicht ist der Baum ganz langsam über die Straße auf das angrenzende Feld gesunken. Aber ich glaube noch mitbekommen zu haben, wie Autos wenden mussten, weil sie die Straße nicht mehr passieren konnten", blickt die Hofbesitzerin auf eine für sie mehr als stressige Nacht zurück.
Die zudem um 5.30 Uhr bereits wieder vorbei war, weil sie der Nachbar mit einem Anruf weckte: "Er wollte wissen, wen man verständigt, wenn ein Baum umgefallen ist. Da habe ich erst mitbekommen, dass die Eiche auf der Straße liegt."
Frank Skora und seine beiden Söhne, die ebenfalls in der Nachbarschaft wohnen, sind am Morgen Zeugen der Aufräumarbeiten des Bauhof-Teams, das die Eiche kleinsägt und die Teile auf das angrenzende Feld schafft. Die Familie ist am Abend zuvor aus dem Urlaub zurückgekehrt. "Wir haben noch gegrillt und der Grill ist mir später vom Sturm umgerissen worden - so etwas habe ich auch noch nicht erlebt", sagt Skora, der von einigen weiteren entwurzelten Bäumen zu berichten weiß.
Mehrere Stunden fiel gestern in einigen Haushalten im Peckeloher Außenbereich der Strom aus, für die Zeit der Schadensbeseitigung musste die Sandortstraße im Bereich zwischen den Einmündungen Bismarckstraße und Maidornstraße von 8 bis etwa 11 Uhr gesperrt werden.
Ähnliche Folgen der Naturgewalt offenbarten sich gestern im Bereich der Peckeloher Seenplatte. Auch die Pollortstraße, die zum Erholungsgebiet Heidhorstsee führt, musste für Aufräumarbeiten zeitweise gesperrt werden.
Nahe der umgestürzten Eiche an der Sandortstraße unterhalten sich die Anwohner gestern über das wohl heftigste Unwetter der vergangenen zehn Jahre und verdauen den Schock der späten Abendstunden. Ingrid Cord-Landwehr lächelt, als sie die Jungs auf dem Eichen-Torso turnen sieht. Und Frank Skora ist ohnehin die Ruhe selbst: "Wenn man in den Außenbereichen wohnt, muss man gelassen bleiben."