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"Mitarbeit jenseits des Alltagsgeschäftes"

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Borgholzhausen.
Dass Konrad Upmann einmal in der kommunalen Politik aktiv werden würde, ist sicherlich ein Umstand, der ihm nicht in die Wiege gelegt wurde. 1935 erblickte er das Licht der Welt, lernte Land- und Forstwirt und übernahm, als es an der Zeit war, den elterlichen Hof. Über die Landjugendbewegung der 60er Jahre bekommt er Kontakt zur Politik und wird 1963 Mitglied der CDU. Dann kam die Autobahn 33 auf den Plan.

Als Casumer ist Konrad Upmann erklärter Gegner der ursprünglichen Trassenführung. Und damit ändert sich sein bis dahin eher in traditionellen Bahnen verlaufendes Leben total. Er, ein Wertkonservativer, geht in den politischen Widerstand, zunächst gegen die Autobahn, später gegen aus seiner Sicht mangelnde Reformbereitschaft im eigenen Lager. Mit Gleichgesinnten gründet er 1989 die Borgholzhauser Unabhängigen und saß für seine BU noch bis zur Kommunalwahl am 25. Mai im Rat der Stadt. Zu dieser Wahl trat er nicht mehr an. HK-Redakteurin Kerstin Spieker sprach mit Konrad Upmann.

Herr Upmann, wie kam es aus Ihrer Sicht dazu, dass Sie, ein ehemaliges CDU-Mitglied, 1989 Gründungsmitglied der BU wurden?

KONRAD UPMANN: Wer in der Landwirtschaft zu Hause war, gehörte eher zum konservativen Lager. Da war es nur eine logische Konsequenz, in die CDU zu gehen. Als meine ganze Familie dann aber im Widerstand gegen die A 33 organisiert war, änderte sich alles. Von heute auf morgen wurde unser gesamter Freundeskreis ein anderer. Durch die CDU ging damals ein tiefer Riss, der zwischen Autobahnbefürwortern und Autobahngegnern verlief. Die Zeit im Widerstand war für mich eine sehr intensive Zeit, die ich keinesfalls missen möchte. Mein Horizont erweiterte sich dadurch.

Ich empfand in der CDU von damals einen aus meiner Sicht bedrückenden Mangel an Reformbereitschaft. 1989 dann - ich hatte die CDU bereits verlassen - signalisierten auch andere politisch Aktive in Borgholzhausen ihr Interesse an der Gründung einer neuen politischen Gruppierung. Das war die Geburtsstunde der Borgholzhauser Unabhängigen. Und ich muss sagen, die Gründung der BU war die sinnvollste Initiative, an der ich beteiligt gewesen bin.

Warum waren es gerade die Borgholzhauser Unabhängigen, bei denen ein Widerständler wie Sie seine politische Heimat fand?

UPMANN: Die Sache mit der Unabhängigkeit fand ich bestechend, weil man nicht von übergeordneten Stellen abhängig ist. Das ist für mich ein Zeichen von Unabhängigkeit. Wenn wir politisch arbeiten, dürfen wir erst mal nur auf Borgholzhausen schauen und müssen keine Rücksichten auf übergeordnete, parteipolitische Zielsetzungen nehmen. Von den 15 Gründungsmitgliedern hat sich niemand politisch von der BU abgekehrt in den nun fast 25 Jahren ihres Bestehens. Und es kommen immer noch Leute dazu, die ihr Fachwissen in unsere Arbeit einbringen möchten. Das spricht für das gute Arbeitsklima unter uns. Und ich habe in der BU wirklich das Gefühl, etwas bewegen zu können. Ein Gefühl, das uns eint. Seit der Gründung der BU ist der Anteil der Ratsmitglieder von Wahl zu Wahl auf jetzt sieben gewachsen.

Welche Geschehnisse würden Sie zu den Höhepunkten Ihres politischen Mitwirkens zählen?

UPMANN: Auf jeden Fall die Gründung der Gesamtschule in

Borgholzhausen.
Die BU hat maßgeblich daran mitgearbeitet, dass der Elternwille in Borgholzhausen umgesetzt werden konnte. Heute können wir uns darüber freuen, dass mit der Kreisgesamtschule eine attraktive weiterführende Schule im Nordkreis besteht. Aber natürlich kann eine Fraktion wie die BU Dinge nicht allein bewegen. Große Vorhaben erfordern immer Gemeinschaftsarbeit. Da sind der Bau des Stadions, die Arbeiten an der Ravensburg, die Bauvorhaben des Heimatvereins, der Erhalt des Schwimmbades oder der Bau der Zen-tralkläranlage in Casum, die in meine Zeit in der BU fallen und ich bin schon stolz darauf, dass wir in irgendeiner Weise daran mitwirken durften. Und manchmal ist es auch gut, etwas zu verhindern - wie die Bebauung des Hardenbergs.

Gab es Momente, in denen Sie am liebsten alles hingeworfen hätten?

UPMANN: Nie!

Wie haben Sie das geschafft, gerade in einem Bereich wie der Politik?

UPMANN: Mein Grundsatz war immer, Emotionen in der Politik nicht zu sehr hochkommen zu lassen. Ich habe immer versucht, gerade dann, wenn der Impuls kommt, sich aufregen zu wollen, analytisch vorzugehen.

Warum hören Sie gerade jetzt auf?

UPMANN: Ich hätte nie gedacht, dass ich überhaupt je so lange so etwas machen würde. Immerhin werde ich im Mai 79 Jahre alt. Ich hatte meinen Abschied lange angekündigt. Alle wussten es, so dass wir dann bei der Wahlversammlung auf alle Überredungsszenarien verzichten konnten. Meine Mitarbeit biete ich der BU weiterhin an, aber jenseits des Alltagsgeschäftes und nicht mehr über ein Mandat. Außerdem ist die BU gut aufgestellt. Stolz bin ich auch darauf, dass meine Tochter Sabine Lieske meinen Wahlkreis für die BU übernommen hat. Das macht mir den Abschied von der Ratsarbeit leicht. In der jetzt ablaufenden Wahlzeit noch einmal stellvertretender Bürgermeister gewesen zu sein, empfinde ich als gutes Ende.

Was werden Sie jetzt mit Ihrer frei werdenden Zeit anfangen?

UPMANN: Das Wichtigste war mir immer die Familie und ist es immer noch. Der eigene Hof dazu und die Natur. Ich hätte in meinem Leben nie irgendwo anders sein wollen als hier an diesem Platz. Das bleibt auch so und so plane ich jetzt jeden Tag neu, beschäftige mich im Haus und auf dem Hof, gehe auf die Jagd und spiele Klavier. Was nicht auf meinem Programm steht, ist das Reisen.

Würden Sie alles mit Ihrem heutigen Wissen wieder so machen?

UPMANN: Genau so! Natürlich unterliegt man immer auch dem Zeitgeist. Aber davon abgesehen gäbe es nichts, was ich aus meiner Sicht anders machen würde.

Herr Upmann, vielen Dank für das Gespräch.


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