Von Ekkehard Hufendiek
Werther.
Sich nie mehr am Kinn rasieren zu müssen, das ist ein Herzenswunsch von Horst Evers. "An welchem denn?", fragt ein fiktives Gegenüber launig. Bei seiner Lesung in Werther trägt Evers sein Doppelkinn am Dienstagabend mit Fassung und wartet bei den Anekdoten regelmäßig mit humorvollen Missverständnissen auf. Im April dieses Jahres hat er das Buch »Vom Mentalen her quasi Weltmeister« veröffentlicht. 240 Gäste begeisterte der Autor und Kabarettist damit bei einer Lesung im Rahmen des »Bücherfrühlings« in der Gesamtschulaula.Evers trägt - wie bei vielen anderen Auftritten - ein rotes Hemd und eine schwarze Hose. Sitzend liest und lästert er. Die Sprachmelodie des 1967 geborenen Diepholzers erinnert dabei stark an den bekannten Sportreporter Rolf Töpperwien. Allerdings ist seine Klangfarbe glatter und heller. Bei ironischen Worten zieht er einzelne Vokale besonders in die Länge. Manchmal stützt Horst Evers ausgestreckte Finger auf seinen Texten ab, während er frei redet. Dann wieder liest er und seine Stimme überschlägt sich fast beim Runterrattern der Texte.
Vom Fußball-WM-Land Brasilien weiß der Germanist und Sozialkundler, dass sich bei Abwesenheit der FIFA-Offiziellen die Kriminalität und die Korruption im Land um die Hälfte senken werde. Dabei schaut er manchmal hoch, hebt den Kopf und reist die Augen weit auf. Sein Lieblingszitat stamme aus dem Mund des brasilianischen Fußballers Ailton: "Ailton gut, guter Tag. Ailton nicht gut, morgen neuer Tag." Daran sehe man, dass wirklich große Philosophie keine Verben brauche.
Viele Fragen und Aussagen des Autors sind absurd formuliert: "Lohnt es sich überhaupt, Fußball zu gucken? Es wird ja doch wieder das mit dem Ball sein." Der durchschnittliche Italiener arbeite bei Ferrari oder Fiat, "oder auf einem der großen Nudelfelder".
Über die Menschen aus England als dem Mutterland des Fußballs urteilt er in Anspielung auf das legendäre Wembley-Tor im Finale der Fußball- WM 1966: "Die Engländer können keine Tore schießen. Sie schießen die Bälle immer nur an die Latte und behaupten dann, es sei ein Tor gewesen." Der englische Humor gelte dagegen als der beste der Welt. "So wie der Engländer kocht, braucht er seinen Humor aber auch."
Vom Iran berichtet Horst Evers, dass dort Homosexualität nicht erlaubt sei - Geschlechtsumwandlungen hingegen schon. Man müsse sich eben klar entscheiden können, kommentiert der vielfach preisgekrönte Künstler. Außerdem werde im Iran die WM eine Minute zeitversetzt übertragen. Der Grund: So können leicht bekleidete Menschen rechtzeitig rausgeschnitten werden.
Seine eigene Karriere als Profifußballer hat Evers übrigens in der D-Jugend beim SV Friesen Lembruch aufgegeben. "Ich wurde von der ersten Mannschaft in die Zweite zurückversetzt." Da sei ihm klargeworden, dass er nun "sehr viel Glück" brauche. In der Zeit habe er sich von vielen Profisportarten verabschiedet. Seine Erkenntnis: "Um Profi zu werden, muss man irgendwann mit dem Sport anfangen."