Quantcast
Channel: Haller Kreisblatt
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262

Rückblick auf 100 bewegte Jahre

$
0
0
Werther (anke).
Erika Flachmann ist eine beneidenswerte Frau. Heute wird sie 100 Jahre alt - was man ihr überhaupt nicht ansieht. "Wir machen noch alles selbst", freut sie sich, dass sie bis ins hohe Alter verhältnismäßig fit geblieben ist.

Auf jede Frage zu ihrer Person antwortet Erika Flachmann mit "wir". Was daran liegt, dass sie schon seit vielen Jahren mit ihrer Schwester Hanna Redeker zusammenlebt, die im Februar 98 Jahre alt wird. Die beiden Frauen verbindet eine lange Lebensgeschichte.

Erika Flachmann wurde am 3. Juni 1914 in Schildesche geboren - wenige Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der ihren Vater das Leben kostete. An ihn hat die 100-Jährige keine Erinnerung, wohl aber an die schwarz-weiß-rot gemusterten Bonbons, die er mitbrachte, wenn er Urlaub hatte.

"Unsere Mutter war nach dem Tod des Vaters mit drei kleinen Kindern allein", erzählen die beiden Frauen. Sie hätten ordentlich mit anpacken müssen. Die Mutter sei Schneiderin gewesen und habe den Familienunterhalt allein verdient. Das kurz vor dem Krieg gekaufte Haus habe sie Schritt für Schritt abbezahlt. "Trotzdem hatten wir eine schöne Kindheit und Jugend", blickt Erika Flachmann zurück.

"Unsere Mutter hat uns alle etwas lernen lassen", erzählt sie weiter. Sie selbst sei zunächst als Angestellte bei einer Versicherung gewesen, danach habe sie bis zur Rente als Sekretärin beim kaufmännischen Geschäftsführer der Bielefelder Stadtwerke gearbeitet. Die Schwester sei Putzmacherin geworden und habe Hüte gefertigt.

An den Zweiten Weltkrieg kann sich Erika Flachmann besser erinnern. Vor allem deshalb, weil die beiden Frauen ihren Bruder und die Mutter ihren Sohn verlor. Doch auch diese Wunden sind mit den Jahren verheilt und die beiden Damen lebten ein arbeitsreiches und auch abwechslungsreiches Leben, in denen sie viele gemeinsame Urlaube und Ausflüge unternahmen.

Im Alter von etwas über 80 Jahren brach sich Erika Flachmann einen Arm und konnte den Haushalt in ihrer Bielefelder Eigentumswohnung nicht mehr bewältigen. "Da bin ich zu meiner Schwester nach Werther gezogen", sagt sie. Und Hanna Redeker fügt hinzu, dass ihnen beiden klar gewesen sei, dass sie gemeinsam in ein Altenheim ziehen würden, wenn die Zeit dafür gekommen wäre.

Schon 1993 meldeten sie sich im St. Jacobistift an. "Wir wollten unbedingt hierher", so die beiden Frauen. Die Einrichtung sei wunderschön, die Schwestern und Pfleger sehr nett. Ein paar Jahre dauerte es dann noch, bis sie ihr Quartier in der Einrichtung bezogen. "Wir fühlen uns hier pudelwohl", sagt Erika Flachmann.

Ihren Geburtstag feiert die 100-Jährige im St. Jacobistift gemeinsam mit Bekannten und ihren beiden Neffen. "Viel Verwandtschaft haben wir nicht und auch von den Bekannten und Freunden sind nicht mehr viele da", erzählt Hanna Redeker. Das sei in dem Alter auch nichts Ungewöhnliches, findet sie. Glücklich sind die beiden Frauen darüber, dass sie sich gegenseitig noch haben. Und sie hoffen, dass sie auch den Hundertsten der »kleinen« Schwester am 17. Februar 2017 noch zusammen feiern können.

Gefragt, wie man es schafft, 100 Jahre alt zu werden, antwortet Erika Flachmann: "Gesund leben. Ich bin bis zu meinem 90. Lebensjahr in die Sauna gegangen." Hanna Redeker verrät, dass ihre große Schwester eigentlich immer klein und zart gewesen sei. "Sie wurde immer »Unnerkröpsel« genannt", lacht sie. Scheinbar sind aber auch die Zarten oftmals zäh, willensstark und widerstandsfähig. Erika Flachmann ist der beste Beweis dafür.

Das Haller Kreisblatt schließt sich allen Gratulanten an und wünscht noch viele gute Jahre in Gesundheit und Gemeinschaft.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262