von florian gontek
Die knapp sechs Jahre, die Kevin Ruane (50) in der Stadt am Südhang des Teutoburger Waldes verbrachte, waren für den Engländer eine ganz besondere Zeit. Natürlich ist Halle schön, und Kevin Ruane hat das Leben in der Kleinstadt geschätzt, vor allem aber wird er eines nie vergessen: seine Jahre in der Freiwilligen Feuerwehr. Wenn er Ende Mai mit seiner Yamaha hunderte Kilometer auf sich nimmt, um seiner Vergangenheit hinterherzureisen, sind ein Besuch und ein Geschenk für die ehemaligen Kollegen auf der Wache wie immer Pflicht.
Die Vorfreude Ruanes, zum Haller Stadtfest am 28. und 29. Mai anzureisen, ist auch schon sechs Wochen vorher groß: Der kahlgeschorene Firefighter der gemeinsam mit Ehefrau, seinen drei Kindern und zwei Border Terriern in der Kleinstadt Worksop - etwa doppelt so groß wie Halle - in der Grafschaft Nottinghamshire lebt, hat an diesem Freitag frei, und ist gerne dazu bereit, ein wenig über seine Haller Vergangenheit zu plaudern.
Über zu laut anfahrende Lkws, die ihm nachts den Schlaf raubten und über den Ausbau der Autobahn 33, vor allem aber über die Freiwillige Feuerwehr: über Kameradschaft, strenge Ausbilder und intensive Freundschaften. Er erinnert sich gerne daran.
Aber der Reihe nach. In England war Ruane bis 1987 Berufssoldat, Anfang der 1990er Jahre kam er nach Ostwestfalen. In Gütersloh war er als Zivilist stationiert, hatte hier eine deutsche Freundin, und arbeitete beim Versmolder Fleischschwarenfabrikanten Nölke, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Über einen Aushang des damaligen Löschzugführers Rudi Balke kam Ruane in die Welt, die ihn noch heute fasziniert und der er nie wieder entfliehen wollte: die Welt der Feuerwehr. Ruane schloss seine Grundausbildung in Halle als Jahrgangsbester ab und weiß noch heute, wem er das zu einem großen Teil zu verdanken hat. "Dieter Barzik war ein sehr harter Lehrer, wenn es um die Ausbildung geht. Ich war das vom Militär gewohnt - für mich war er perfekt", ist er dem heutigen Leiter der Betriebsfeuerwehr Storck noch viele Jahre später dankbar.
Ruane bekam Auszeichnungen - den Feuerwehrleistungsnachweis in Gold - schloss enge Freundschaften und in ihm wuchs der Traum, Berufsfeuerwehrmann in Deutschland zu werden. Doch der zerplatzte wie eine Seifenblase. "In Deutschland war der Berufsfeuerwehrdienst zur damaligen Zeit nur deutschen Staatsbürgern möglich", erklärt er.
Seinen Traum wollte er nicht aufgeben und kehrte nach England zurück. Hier bewarb er sich bei allen Wehren des Inselstaates und bekam schließlich zwei Zusagen. Eine aus Nottinghamshire. Noch heute arbeitet er als Berufsfeuerwehrmann in der mittelenglischen Grafschaft.
Im November 2012 wurde Ruane von Königin Elizabeth II für seine Dienste mit dem »Order of the British Empire« ausgezeichnet, der jüngste und meistverliehene britische Ritterorden. Halle hat er trotzdem nicht vergessen. Fast zwei Dutzend Male reiste er seit seinem Umzug in die Lindenstadt.
Zum Stadtfest am 28. und 29. Mai kommt er wieder hierher. Wohnen wird er bei einem, der mit ihm gemeinsam bei der Feuerwehr begann. Detlef Krüger, Leiter der Werksfeuerwehr Koyo, bezeichnet Ruane als einen seiner besten Freunde. Bei seiner Hochzeit 2004 war Krüger Trauzeuge, bei den World Firefighter Games im gleichen Jahr in Sheffield holten sie gemeinsam mit ihrem Haller Teamkollegen Klaus-Dieter Hoffmann den Weltmeistertitel im Tauziehen.
Worauf er sich nach den hunderten von Kilometern mit seiner Yamaha XJ 900 Diversion am meisten freut? "Auf die Vorführung der Feuerwehr beim Stadtfest, die habe ich ganz genau im Auge - und auf den Dienstabend der Feuerwehr, da bin ebenfalls zu Gast." Voller Vorfreude blickt Ruane auch auf das Jahr 2015. Dann feiert die Haller Jugendfeuerwehr ihr 20-jähriges Bestehen. Für Kevin Ruane ist das als Mitarbeiter der Internationalen Jugendleiter- Kommission des CTIF ebenso eine Herzensangelegenheit wie die Stadt Halle selbst. Über das soziale Netzwerk Facebook schaut er ständig, was in Halle passiert. "Ich habe viele gute Freunde hier", sagt Ruane. Halle, das war eben eine ganz besondere Zeit.