»Bildungskunst« interpretierte Otto Herz als ein Gestalten von Lernlandschaften, in denen Menschen ihre eigenen Wege finden können. Entgegen dem Henri-Matisse-Zitat »Meine Kunst soll wirken wie ein guter Sessel auf einen müden Geschäftsmann am Abend« zum Anfang seiner Ausführungen qualifizierte Herz die Beziehung zwischen Künstler und Gesellschaft mit »Transzendenz«. Der Künstler überschreite das Unmittelbare dieser Welt und arbeite außerhalb des Systems - mit Hingabe. Damit zeige der Künstler die Welt so, wie sie sein sollte, „nicht wie sie gerade ist”, so der jugendlich wirkende 70-Jährige.
Josef Köhler sei für Herz ein solcher Künstler, der in seinen imaginativen und farbenfrohen Sujets das Fenster zur Welt, wie sie sein könnte, weit aufstoße. „Wer sich darauf einlässt, ist schnell bei den Fragen nach Bildung und somit bei der Bildungskunst”, wollte Herz zwei Fehler nicht machen. „Ich werde keine Interpretationen zu den Bildern abgeben, entdecken Sie sie selbst”, forderte Herz das gut gelaunte und sachverständige Publikum auf. Und zum Zweiten hatte der erfahrene Pädagoge keine Lust dazu, sein Publikum zu belehren.
Otto Herz sieht in dem Ansatz heutiger Pädagogik, dem Menschen etwas beibringen zu wollen, „schlimmstenfalls beizubiegen”, das Ende der Kreativität gekommen. Da findet Herz das Ansinnen in Diktaturen wenigstens ehrlicher: „Da werden Menschen per Indoktrination abgerichtet. In »Demokraturen« versucht man Menschen zu unterrichten und zu erziehen.” Was dabei herauskomme, wenn die Welt am deutschen Bildungswesen genesen soll, hätten ja die schockierenden PISA-Resultate schon vor vielen Jahren gezeigt, so Herz.
Gemeinsam mit dem bei Josef Köhlers Kunst entdeckten Ansatz brach Otto Herz eine leidenschaftliche und humorvolle Lanze für das Lernen - und für die Gelegenheit, dass „Menschen sich gemeinsam mit anderen aufbauen” dürfen.
Den Anwesenden gab Herz eine Aufgabe: „Versuchen Sie mal, in Ihrer Biografie nach den Wurzeln zu spüren, wo Sie ermutigt und aufgerichtet wurden und auch, wo Sie kleingemacht wurden.” Otto Herz gab anschauliche Beispiele aus seiner eigenen, frühen Bildungskarriere als „dummer, fauler und frecher Schüler”, der mit 15 Jahren von der Schule flog. „In unserer Pädagogik werden bis heute Ziel und Weg vorgegeben. Der Prozess besteht dann lediglich darin, den Schüler dahin zu treiben, wo man ihn hinhaben will”, so der kritische Professor.
Die, nach Herz’ Einschätzung, in Deutschland vorherrschende „repressive Toleranz” reiche für eine neue, schönere Welt eben nicht aus, so Herz. Deshalb wünschte der Laudator dem neuen Projekt, der »Corporate Social Art«, viel Erfolg und qualifizierte dieses Angebot im besten Sinne als avantgardistisch. Es sei ein neuer Weg zu sagen: „Das, was mir die Galerien sonst wegnehmen, stecke ich lieber in soziale Projekte, weltweit”, erzählte Otto Herz auch zu diesem Aspekt noch eine tolle Geschichte von einem seiner Studenten, der in Sierra Leone mittlerweile, in wenigen Jahren, acht Schulen für 8000 Kinder gebaut habe - mit erstaunlich kleinem Budget angesichts deutscher Milliarden-Bildungshaushalte.
„Kunst trägt zur Weltbildung bei und sichert unsere Zukunft!”, rief Herz seinen Zuhörern zu und ließ sich anschließend, wie die begeisterten Gäste auch, von dem zärtlich-aufmerksamen Service von Tina Bergmann und ihrem Team verwöhnen. „Fast wie ein Nachmittag im Paradies”, meinte ein Gast, der sich ins Atelier aufmachte, um ein Bild mit sozialem Projekt-Aspekt zu erwerben.
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