Von Marion Bulla
Steinhagen. Am Sonntagmorgen erklang in der Steinhagener Dorfkirche ein Musikstück, das sonst nur sehr selten zu hören ist. Kantorin Annette Petrick präsentierte im Rahmen eines Kantatengottesdienstes die Kantate 150, die an den Psalm 25 »Nach dir, Herr, verlangt mich« angelehnt ist. Ein frühes Werk von Johann Sebastian Bach (1685-1750), das er um 1714 komponiert hatte. Die zahlreichen Besucher genossen die musikalische Verkündigung, die gepaart mit dem Wortgottesdienst durch Pfarrerin Petra Isringhausen eine in jeder Hinsicht ansprechende Einheit bildete.
Während des Gottesdienstes wechselten sich Gesang, Kyrie, Credo, Predigt und Fürbitten ab. Insgesamt präsentierten die Musiker sieben Sätze, in welchen sich ein musikalischer Gedanke an den anderen reihte. Das Besondere an dieser Kantate ist, dass sie für vier Chorstimmen geschrieben und nicht wie üblich nur für den Eingangs- sowie den Schlusschor ist. Bevor die Musiker die kleine Bühne betraten, lieferte Annette Petrick der Gemeinde noch einige Hörhilfen. "Der vierte Satz etwa wird geprägt von dem Motiv des Leitens. Er ist sehr anspruchsvoll und geht vom unteren bis zum höchsten Ton über zwei Oktaven", erläuterte die Dirigentin.
Da der erste Satz eine rein instrumentale Sinfonia ist, bestritten Rüdiger Sperling (Fagott), Alexander Fillers (Orgel), Kerstin Kunze und Almut Hage (Violine), Gunhild Hoffmann (Cello) sowie Ulrich Müller-Kolck (Kontrabass) diesen zunächst ganz allein. Aus der Musik sprach der tiefe Seufzer der Verzweiflung. Dann füllte sich der Altarbereich mit den 31 Chormitgliedern der Kantorei. Zusammen mit dem Orchester ertönten die weiteren Sätze, die ebenso voll mit emotionalen Motiven waren.
Es ging um innere Zerrissenheit, Vertrauen, Hoffnung und schließlich um Rettung. Der Chor zeigte sich selbstbewusst und glänzte mit seinen exzellenten Stimmen. Auch Solistin Eiko Rulla, die Steinhagen vor zehn Jahren zu ihrer Wahlheimat erkoren hatte, begeisterte die Zuhörer mit ihrer klaren und reinen Sopranstimme.
In der darauf folgenden Predigt knüpfte Petra Isringhausen am Text des 25. Psalms an. Der einsame und hilfesuchende Mensch bittet in einer für ihn ausweglosen Situation um Rettung und Hoffnung. Wie Jesus, dessen Leidensweg in diesen Tagen immer wieder Thema sei. "Das Vertrauen auf Gott und seine Macht führt aus dem Leid heraus", sagte die Theologin am Schluss.
Für die Künstler war das Konzert eine Herausforderung, die sie alle wunderbar gemeistert haben. Die Gemeinde war jedenfalls vom musikalischen Facettenreichtum und der klanglichen Flexibilität im Umgang mit den Stimmtönen begeistert. Sie lauschte dem Gesang des Chors, dem harmonischen Spiel des Orchesters und war entzückt von der stimmgewaltigen aber dennoch zarten Stimme Eiko Rullas.