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Fliegende Heideköniginnen

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Von Jonas Damme

Steinhagen.
Wettergott Pe-trus und Bürgermeister Besser bewiesen am ersten Tag der Sommerkirmes Humor. Während bei Klaus Bessers Eröffnung aber gelacht wurde, war der Regen eine leidvolle Tradition, auf die die Gäste nur zu gerne verzichtet hätten.

"Ralph Brinkhaus mal nicht im Waldbad", Bürgermeister Klaus Besser war bei der Eröffnung der Sommerkirmes offensichtlich bester Laune. Und lud nach einigen wenigen Worten auch gleich die versammelte Lokalprominenz zu einem Bier ein. Anlass war neben dem anfangs guten Wetter seine 20. Eröffnung der Kirmes. Abgeguckt hatte er sich die spendable Geste vom Bürgermeister von Herne, der diese Tradition auf der Cranger Kirmes, einer der größten in NRW, schon seit langem pflegt.

Zu diesem Zeitpunkt war der Rummel bereits bestens besucht und selbst die Sonne wagte eine kurze Stippvisite, bevor später Regen Spaß und Umsätze verdarb. Auch die Heidekönigin des vergangenen Jahres Jessica I. und ihre aktuelle Nachfolgerin Silke I. nahmen ihre repräsentativen Pflichten war. Nach der Eröffnung wagten sie als zwei der ersten Gäste eine Fahrt im »Flying Swing«. Gemeinsam mit dem Scheibenwischer und der Raupe ist das eines der schnelleren Fahrgeschäfte in

Steinhagen.

Dass die ganz großen und wilden in der Gemeinde nicht auftauchen, ist nicht nur dem familiären Publikum geschuldet. "Dafür fehlt einfach der Platz", sagt Kirmesorganisator Dirk Oberschelp. Der einzige Ort, auf dem einer der neueren Giganten Platz finden würde, ist der Busbahnhof. Und der ist schon einem altgedienten Geschäft vorbehalten. "Denn was wäre schon eine Kirmes ohne Autoscooter", sagt Oberschelp grinsend. 42 Geschäfte teilen sich die Innenstadt.

Samstag hat die Kirmes von 14 bis 23 Uhr geöffnet, am Sonntag bis 21 Uhr. Außerdem findet jeweils ab 10 Uhr ein Trödelmarkt auf dem Kirchplatz statt. Am Samstag soll außerdem »Jose Lopez & Band« ab 19 Uhr auf der Bühne am Fivizzano Platz spielen.


Schweißtreibend und lebensgefährlich

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Von Anke Schneider

Werther.
Wer schon einmal Bäume mit einer Motorsäge klein gemacht hat, weiß, dass das echte Knochenarbeit ist. Betrachtet man allerdings die historischen Sägen aus der Sammlung von Stephan Krebs, wird klar: Früher war so eine Arbeit mitunter lebensgefährlich. Über 300 dieser alten Sägen befinden sich im Besitz des Wertheraners. Die älteste stammt aus dem Jahr 1928.

Im Jahr 2000 wurde der Ingenieur auf einem Flohmarkt auf eine alte Motorsäge aufmerksam. "Das war eine Dolmar CC", erinnert sich Stephan Krebs. Sie war die erste Einmann-Motorsäge, die die Firma Dolmar in den 1950er Jahren noch vor der Firma Stihl auf den Markt brachte.

Auf der Suche nach Ersatzteilen für das alte Schätzchen entdeckte Stephan Krebs, dass es für Motorsägen eine intensive Sammlerszene gibt. "Mit 150 gelisteten Sammlern weltweit", erzählt er. Inzwischen ist er einer davon.

Mit der ersten Säge hatte den Wertheraner die Sammelleidenschaft gepackt. Säge für Säge aus aller Herren Länder kam dazu. Stephan Krebs fragte bei Land- und Forstwirten nach alten Sägen, wurde aber auch im Internet fündig. Nahezu jede Säge wurde restauriert und funktionstüchtig gemacht.

Aus der Geschichte der Motorsäge weiß der Sammler zu berichten, dass früher jedes Land seine eigene Motorsägenkultur hatte. "Das waren in sich geschlossene Märkte", so Krebs. Sein Beruf habe es mit sich gebracht, dass er international unterwegs war. "So hatte ich die Chance, Motorsägen zu finden, die man hier sonst nicht bekommt", berichtet er.

In der Sammlung von Stephan Krebs befinden sich heute Sägen von Firmen, die es schon lange nicht mehr gibt. Dazu gehören Sägen der Firma Homelite oder Mcculloch aus Nordamerika, den Firmen Danarm, Teles oder Aspin Sankey aus England oder auch Sägen der Firma Echo aus Japan. Einige Sägen finden sich auch doppelt im Bestand des Sammlers. "Die nehme ich dann zum Tauschen", sagt er.

Stephan Krebs erzählt, dass in den 1920er Jahren die Firmen Rinco und Akco die ersten Motorsägen auf den Markt gebracht haben. Die älteste motorenbetriebene Kettensäge überhaupt soll 1922 die Firma Sector aus Schweden hergestellt haben. "Stihl und Dolmar sind zu der Zeit lediglich Händler gewesen", weiß Krebs. Dolmar brachte 1927 dann die erste serienmäßig hergestellte, benzinbetriebene Motorsäge auf den Markt, vom Typ A. Die Säge musste von zwei Personen bedient werden. Die erste Motorsäge mit Elektromotor baute Stihl im Jahr 1926. Die älteste Motorsäge in der Sammlung des Wertheraners ist eine Säge der Firma Akco. Sie wurde 1928 gebaut.

Die ersten Motorsägen waren Zweimann-Sägen und wogen bis zu einem Zentner. "Ihr Betrieb war nicht nur schweißtreibend, sondern wirklich lebensgefährlich", weiß Stephan Krebs. Sicherheitsvorkehrungen wie eine Kettenbremse oder den Kettenfangbolzen gab es nicht. Hin und wieder führt der Sammler die alten Schätze vor, wie kürzlich auf dem Wer- theraner Köhlerfest oder auch bei Aktionstagen im Holzmuseum Hiddenhausen.

Die ersten Motorsägen konnten nur senkrechte Schnitte ausführen, da der Motor in aufrechter Position gehalten werden musste. Später wurden Motorsägen mit Schwenkvergaser gebaut oder auch solche, bei denen die Schiene um 90 Grad schwenkbar war.

"Der Zweite Weltkrieg revolutionierte die Motorsägentechnik", berichtet Krebs. Viele neue Hersteller seien in dieser Zeit dazugekommen, die die Entwicklung vorantrieben. Aber erst der im Flugzeugbau entwickelte Membranvergaser ermöglichte schließlich einen vollständig lageunabhängigen Betrieb der Motorsäge und führte Ende der 1950er Jahre zur Entwicklung der heute gebräuchlichen Einmann-Motorsäge. Ein Vergnügen war die Arbeit mit der Motorsäge trotzdem nicht. Die ersten Einmann-Sägen wogen immerhin noch 15 bis 20 Kilogramm.

Während die Motorsägentechnik immer weiter voranschreitet, ist Stephan Krebs weiter auf der Suche nach alten Kettensägen. "Interessiert bin ich an allem, was vor der Erfindung der Kettenbremse in den 1970er Jahren hergestellt wurde", sagt er.

Wer die Sammlung des Wertheraners betrachten möchte, hat jeden Freitag von 10 bis 18 Uhr und jeden Samstag von 10 bis 13 Uhr Gelegenheit dazu. Dann sind die Türen des Privatmuseums in der alten Potthoff-Villa an der Haller Straße geöffnet.

Gespräche, die guttun

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Von tasja klusmeyer

Versmold.
Fritz Temme hat sich extra in Schale geworfen: mit blauem Hemd, braunem Jackett und Krawatte. Lächelnd empfängt er seinen Besuch in der gemütlichen Sitzecke am Wohnzimmerfenster. Ihm ist anzumerken, wie sehr er sich über seine Gäste freut. "Hier in der Wohnung bin ich doch schon oft allein", sagt er. Fritz Temme - mit 98 Jahren ältester Mann der Fleischstadt - sitzt altersbedingt im Rollstuhl, ist körperlich beeinträchtigt, kann seine eigenen vier Wände kaum mehr verlassen. Doch statt sich darüber zu beklagen, versucht der Rentner, der im Geist noch fit geblieben ist, das Schöne zu sehen, das Beste aus seiner Situation zu machen. Beispielsweise durch den Anruf beim ehrenamtlichen Besuchsdienst.

Das ist inzwischen fast drei Jahre her. In der Zeitung hatte Fritz Temme damals vom neuen Angebot gelesen - und den Telefonhörer in die Hand genommen. "Ich habe nach Unterhaltung und Abwechslung gesucht", erzählt er. Zur gleichen Zeit wiederum hörte Thomas Wiese von dem Besuchsdienst, für den Ehrenamtliche gesucht wurden. "Menschen dabei zu unterstützen, möglichst lange in ihrem eigenen Zuhause bleiben zu können, finde ich einen tollen Gedanken", erklärt er seine Motivation. Thomas Wiese engagierte sich bereits zuvor als Besucher im Katharina-von-Bora-Haus. Die neue Idee, Senioren, die sich einsam fühlen, zu Hause zu treffen, sagte dem Verwaltungsmitarbeiter zu.

Aus einem ersten Kennenlernen ist inzwischen eine feste Besuchspatenschaft geworden. Etwa alle drei Wochen klingelt Thomas Wiese an dem Haus an der Friedrich-Menzefricke-Straße. Fritz Temme freut sich auf diese Besuche, bedeuten sie doch Abwechslung im Alltag. Die beiden Männer plaudern über Tagesaktuelles, manchmal über Fußball, über Neues aus der Stadt und besonders viel über Fritz Temmes Leben. "Uns wird nie langweilig. Die Treffen sind gut für beide Seiten", sagt Thomas Wiese. Und Fritz Temme bestätigt: "Ich habe ja auch viel erlebt."

Aus seinem Berufsleben als Kraftfahrer, in dem er "Millionen von Kilometern" gefahren sei, kann Fritz Temme viel berichten. Noch heute weiß er genau, an welchem Wochentag er welche Tour fahren musste. Das, was der Versmolder aus den Kriegsjahren erzählen kann, von seiner Zeit in russischer Gefangenschaft und nach Kriegsende von seinem langen Fußmarsch von Polen zurück in die Heimat, bewegt Thomas Wiese besonders. "Das ist Geschichte live. Er hat die 20er-Jahre als Kind erlebt. Herr Temme ist eine der letzten Personen, die einem davon persönlich berichten können", sagt Wiese, der mit 56 Jahren mehr als 40 Jahre jünger ist als sein Gegenüber.

Fritz Temme weiß auch einiges über ein Stück Stadtentwicklung zu erzählen. Sein Elternhaus steht an der Friedrich-Menzefricke-Straße, seinen Eltern gehörte einst das Land, auf dem sich später das Logistikunternehmen Nagel ansiedelte. Die Entwicklung des Standortes hat Fritz Temme aus dem Wohnzimmerfenster verfolgen können.

Auch heute noch mag er seinen Platz am Fenster. Ins Altenheim möchte Fritz Temme nicht. Dank seiner Enkeltochter, die in der Wohnung über ihm lebt, und der ambulanten Betreuung durch die Diakonie kann er mit 98 Jahren weiterhin in seinem Haus bleiben. Fernsehen, das intensive Studieren der Tageszeitung, Telefongespräche und Besuche von Familie, Nachbarn und eben Thomas Wiese bringen Abwechslung - und lassen ihn am Leben draußen teilhaben. Zumindest etwas.

Beschweren würde sich der Versmolder nicht. Er freut sich, das stolze Alter erreicht zu haben, ist zufrieden mit dem, was er gesehen und erreicht hat. Gerne hätte er noch mehr gemeinsame Zeit mit seiner Frau verbracht, die schon im Alter von 74 Jahren gestorben ist. Seine spätere Lebensgefährtin, seine Geschwister, viele Bekannte und Nachbarn hat er überlebt.

Gerne würde Fritz Temme auch noch mehr Zeit mit Gartenarbeit verbringen können, aber das ist im Rollstuhl nicht möglich. Mit dem Autofahren hat er mit 94 Jahren, als er merkte, dass es ihn überforderte, aufgehört - und damit an Mobilität verloren. Was Fritz Temme aber wirklich bedauert, ist die Tatsache, dass er kaum mehr mit jemandem auf Platt plaudern kann. "Schade, wirklich schade. Das kann keiner mehr sprechen", sagt er. Auch Thomas Wiese nicht.

Die bodenständige Globetrotterin

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von Alexander Heim

Borgholzhausen.
"Das müssen Sie nicht aufschreiben. Das wissen die Leute doch alles über mich." Eigentlich möchte Erni Upman gar nicht so viel aus dem Nähkästchen plaudern. Doch im Laufe von 80 Jahren kommt viel zusammen. Annähernd 30 Jahre saß Erni Upmann für die Landfrauen in zahlreichen Gremien, war zunächst auf Orts-, später auf Kreis- und Landesebene aktiv. Im Jahr 2000 überreichte ihr Landrat Sven-Georg Adenauer das Bundesverdienstkreuz am Bande. Morgen wird die Jubilarin 80 Jahre.

Als die kleine Erna Minna Alma am 17. August 1934 das Licht der Welt erblickte, freuten sich nicht nur ihre Eltern, Johanna und Heinrich Oldemeyer. Auch ihre Geschwister - Hanna, Heinrich, Erich, Else und August - begrüßten gespannt das Nesthäkchen. In Rheda wuchs Erni Upmann auf, hat ihre Leidenschaft für das Reiten entdeckt. Als der damalige Erbprinz Moritz-Casimir zu Bentheim-Tecklenburg seine Sisi heiratete, war sie mit Mitgliedern des Reitervereins Herzebrock-Rheda dabei.

"Ich wäre gerne aufs Gymnasium gegangen", erklärt Erni Upmann. "Ich wollte nie auf den Bauernhof", verrät sie. Apothekerin oder Ärztin hätte sie gerne werden wollen, überlegte später, sich auf dem zweiten Bildungsweg zur Lehrerin ausbilden zu lassen. Doch die Wege des Lebens führten sie an die Landwirtschaftsschule

Bielefeld.
Beim Besuch des Bundes-Landjugendtages in der Pfalz lernte sie Friedrich-Wilhelm Upmann kennen.

"Das war Liebe auf den ersten Blick", verrät sie. Im März 1960 wurde Verlobung gefeiert, im Juni geheiratet. 26 Jahre war Erni Upmann da alt. "Mein Mann war jugendlich, sehr flott und modern - auch mit seinen Ideen", betont die Jubilarin. Und fügt hinzu: "Er war ein guter Ratgeber." Als der FDP-Kommunalpolitiker vor 17 Jahren verstarb "war das ein großer Verlust für mich."

Ausschließlich Bäuerin - das war Erni Upmann nie. Von 1970 bis 1990 engagierte sie sich im Landfrauen-Ortsverband. 1986 wurde sie Zweite Kreisvorsitzende. Acht Jahre war sie Vizepräsidentin des Westfälisch-Lippischen Landfrauenverbandes, beschäftigte sich mit Familien- und Gesellschaftspolitik ebenso wie mit Gesundheit und Ernährung. "Ich habe über die Gremien und den Deutschen Landfrauentag viele Politiker kennengelernt", blickt sie auf diese Zeit zurück.

Von 1972 bis 1984 engagierte sie sich zudem im Presbyterium, wurde in die Kreissynode gewählt, saß in den 1990er Jahren vier Jahre als Jugendschöffin bei Gericht. Viele Ehrungen wurden ihr zuteil: 1990 die Verleihung der »Ehren-Biene«. 1998 die Schorlemer-Plakette in Silber. 2000 schließlich das Bundesverdienstkreuz.

Viele Jahre war sie bereits im Vorstand des VdK tätig, den ihr Mann mit gegründet hatte, als sie sechs Jahre dessen kommissarische Leitung übernahm. Zehn Jahre ist sie im Sozialen Arbeitskreis des DRK-Alten- und -Pflegeheimes aktiv. "Ich habe mich nie um ein Amt beworben - mir ist immer alles angetragen worden", betont sie.

Ihre große Passion ist bis heute das Lesen. Vielleicht mit ein Grund, dass es für sie mit zwei Verwandten beim TV-Quiz »Drei bei Kai« in der ARD gut geklappt hatte. Im Rentenalter erwachte bei Erni Upmann verstärkt die Reiselust. Australien hat sie sehr beeindruckt. Piums Partnerstadt New Haven hat sie fasziniert. Jüngst hat sie sich eine Reise durch Namibia und Südafrika geschenkt.

"Der Augenblick ist für mich sehr kostbar", sagt sie. Humor ist für sie ein Lebenselixier. "Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strom des Lebens." Ja, sie habe Krisen erlebt und schwere Zeiten gehabt. "Aber in der Stille finde ich immer Kraft". In ihrem Garten, zum Beispiel. "Ich habe mir das Staunen und die Freude beibehalten und kann mich auch heute noch für etwas so richtig begeistern." Am morgigen Sonntag wird es sicherlich viel zu staunen geben.

111 Gründe für die Liebe zu Arminia

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Von Nicole Donath

Halle/

Bielefeld.
Das Buch war schon fertig und 111 Gründe waren längst gefunden, um die Liebe zum "großartigsten Fußballverein der Welt" darzulegen. Und dann war es ausgerechnet die verlorene Relegation gegen Darmstadt, jenes so sicher geglaubte Spiel um den Klassen-erhalt in der Zweiten Liga, die HK-Redakteur und Autor Philipp Kreutzer sowie Michael König, ehemaliger HK-Mitarbeiter und Redakteur bei süddeutsche.de, bestätigte: Mehr Dramatik als in Bielefeld gibt es sonst eben nirgendwo, hier schafft Leiden Leidenschaft. - Gestern stellten die beiden ihr 295 Seiten starkes Buch in der Schüco-Arena vor.

"Dieses Spiel gegen Darmstadt habe ich in München geguckt. In einer Kneipe, die »Das Stadion« heißt und in der an jenem Montagabend diese an Irrsinn und Dramatik nicht mehr zu überbietende Partie übertragen wurde", erinnert sich Michael König. Einen Moment schaut er aus dem Fenster, dann sagt er: "Die Woge der Anteilnahme und des Mitleids nach dem Abpfiff für die paar Arminia-Fans war riesengroß. Einer schrieb mir später ’ne SMS mit der treffenden Zusammenfassung »Fußball kann manchmal ein A....loch sein«."

Sicher, sie haben ihn selber als "Fußballklub für Fortgeschrittene" beschrieben, als die "Diva aus Ostwestfalen" und als "ewige Fahrstuhlmannschaft". Auf den Abstieg in die Dritte Liga hätten sie trotzdem gerne verzichtet, wenngleich er noch so sehr ins Bild passt. Doch gerade weil es das Fan-Leben mit Arminia so einzigartig macht, so spannend, so nervenaufreibend und niemals langweilig, waren sich Phi-lipp Kreutzer und Michael König einig, dass es nicht nur 111 Gründe gibt, den FC Bayern oder Hertha BSC, den 1. FC Nürnberg oder den FCK zu lieben - sondern eben auch Arminia

Bielefeld.
Mindestens.

Im vergangenen Herbst, Arminia war gerade in die Zweite Liga aufgestiegen und die Stadt auf einer Welle der Euphorie unterwegs, nahm Michael König deshalb Kontakt zum Verlag »Schwarzkopf & Schwarzkopf« auf. Man einigte sich und fortan trugen die beiden Freunde unter der Rubrik »Wir sind der zwölfte Mann, Fußball ist unsere Liebe!« also ihre 111 Sympathiebekundungen zusammen. Blickten auf die herausragenden Spieler zurück. Auf die Trainer. Erinnerten sich an Anekdoten und Skandale, an Misswirtschaft und Erfolge.

"In dieser Zeit haben wir tolle Geschichten erlebt und hatten wunderschöne Begegnungen. Eine davon war mit Horst Gamon: Der Ex-Arminia-Spieler wohnt heute in Herford und hat ein fantastisches Arminia-Museum in seinem Keller", schwärmt Philipp Kreutzer. "Da konnte man nur staunen und die Gespräche mit ihm haben riesigen Spaß gemacht." Ein weiteres Interview führte der 39-Jährige mit »Power-Ernst« Middendorp - am Telefon halt, weil sich der »Jahrhunderttrainer« ja zurzeit in Südafrika aufhält. "Puh, angesichts der Geschichten, die ich über Ernst Middendorp gehört hatte, war ich auf alles gefasst und hatte entsprechenden Respekt vor dem Anruf", räumt Philipp Kreutzer im Nachhinein ein - und erinnert lachend und kopfschüttelnd zugleich daran, wie Middendorp, der sich den Bei-namen »Ekel-Ernst« erarbeitet hatte, auf Kritik von Journalisten reagierte: "Legendär ist Middendorps Aufforderung in Richtung eines Radio-Reporters: Knien Sie nieder, Sie Bratwurst!" Indes - in dem Telefon-Interview war Middendorp laut Philipp Kreutzer ausgesprochen freundlich, bewies trotz der Dis-tanz ein immenses Wissen und eine emotionale Nähe zu Arminia, so dass eine Rückkehr nach Bielefeld jederzeit möglich scheint. Vielleicht nicht als Trainer, aber womöglich als Mitglied im Management. Michael König wiederum führte unter anderem ein Interview mit einem Mitglied der »Ultras« und löste die Frage auf, warum die sogar froh sind, wenn Arminia absteigt.

Das Buch, das sogar für Edelfans neue Aspekte zutage fördert, erscheint am Dienstag, 19. August, im Buchhandel und ist zum Preis von 9,95 Euro erhältlich. Die ersten Lesungen finden am 16. September bei der Neuen Westfälischen in Bielefeld sowie am 18. September in der Buchhandlung »Frau Bergmann« in Borgholzhausen statt - falls es nach der Lektüre überhaupt noch Zweifel daran geben kann, warum man Arminia Bielefeld lieben kann. Lieben muss.

Mehr als Kastagnetten und Folklore

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Von Sven Hauhart

Steinhagen-Amshausen. "Das ist beruhigend, dass dir das auch mal passiert." Die Teilnehmerinnen des sechsten Flamenco-Workshops des TSV Amshausen sind erleichtert. Lehrer Antonio Dias ist beim Vorführen einer Tanzfigur soeben der Fächer aus der Hand gefallen.

Dabei ist der in Lissabon geborene Wahlberliner ein Meister seines Faches. Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Antonio Dias mit dem Flamenco. Von einmal die Woche über tägliches Training bis hin zu einer einjährigen Ausbildung in Sevilla erweiterte der 44-jährige Portugiese stetig seine Fähigkeiten.

Mittlerweile begeistert er sein Publikum bei Auftritten in ganz Europa und betreibt in Berlin eine eigene, renommierte Flamencoschule. Entgegen der außerhalb Spaniens weit verbreiteten Vorstellung, die Flamenco alleine auf den Tanz reduziert, ist für die Bewohner der iberischen Halbinsel der Gesang das wichtigste Element. Erst dazu gesellen sich Rhythmus - der ursprünglich durch einfaches Klatschen vorgegeben wird - und Tanz.

"Flamenco ist eben nicht nur Kastagnetten und Folklore", umschreibt Dias das komplexe Wechselspiel der drei Elemente, welches noch um das Gitarrenspiel bereichert werden kann. Seine Leidenschaft erklärt Dias so: "Ich empfinde es als eine Art Sucht, da man nie ausgelernt hat. Im Gegensatz zum Ballett, wo man mit 30 fertig ist, kann man sich beim Flamenco auch im Alter immer noch weiterentwickeln."

Dies verwundert nicht. Gibt es doch mehr als 100 verschiedene Stile, die laut Dias "alle verschiedenen andalusischen Städten zugeordnet sind." Denn die südspanische Provinz ist die eigentliche Heimat des Flamenco, der dort von den andalusischen Roma, den sogenannten Gitanos, entwickelt wurde. Die ursprünglich aus Nordindien kommenden Roma drücken in den orientalisch beeinflussten Gesängen ihre Gefühle von jahrhundertelanger Verfolgung und Unterdrückung aus.

Im Vereinsheim des TSV Amshausen bringt Antonio Dias den Teilnehmerinnen des dreitägigen Workshops die sogenannte Bulería näher. Der aus Jerez de la Frontera stammende Gesang gehört rhythmisch gesehen zu den schwierigsten, aber auch zu den interessantesten Stilen.

Und so klappen bei den Schülerinnen nicht auf Anhieb alle Figuren. Besonders als Dias den Fächer in die Übungen integriert, wird es schwierig. Doch um Perfektion geht es beim Flamenco sowieso nicht. Um den eigenen Stil zu finden, ist viel Improvisation erforderlich. "Interessant wird der Tanz erst, wenn man dabei sein Herz öffnet, um etwas von sich zu geben", sagt Dias. Ein fallengelassener Fächer stört dabei nicht wirklich.

Fahrservice steht bereit

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Versmold-Loxten (spk).
Nachtschwärmern, die ein Taxi benötigen, Patienten, die zum Krankenhaus gefahren werden möchten, und Unternehmen, die eilig eine Ware liefern müssen, ist Bärbel Patzelt seit 14 Jahren gut bekannt. Nun wagt sie den Sprung in die Selbständigkeit mit »Bärbels Fahrservice«.

Bärbel Patzelt kann auf eine fast 14-jährige Erfahrung als Taxifahrerin zurückblicken. Zehn Jahre davon war sie beim Taxiunternehmen Schneider beschäftigt. "Ich liebe das Fahren. Man lernt Land und Leute kennen und hat interessante Gespräche", beschreibt sie ihre Vorliebe für den Fahrdienst.

Für ihr noch kleines Unternehmen hat sie einen schneeweißen VW-Bulli angeschafft, mit dem sie bis zu sieben Personen chauffieren kann. Neben Personenfahrten, für die sie extra eine Einstieghilfe angeschafft hat, übernimmt die Loxtenerin auch Kranken- und Kurierfahrten. "Ich fahre erst einmal allein, bei guter Nachfrage wird aufgestockt", schaut die freundliche Taxifahrerin zuversichtlich in die Zukunft.

Unter ` (0 54 23) 28 68 05 kann »Bärbels Fahrservice« ab sofort gebucht werden.

"Kamera läuft, Ton läuft - und Action!"

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Von Anja Hanneforth

Werther.
Abgesenkte Bordsteinkanten, Rampen vor Geschäftseingängen, ein Lift in der Aula der Gesamtschule, eine verlängerte Grünphase an der Fußgängerampel am Böckstiegelplatz: In Werther wurde schon einiges für Menschen mit Behinderungen getan. Wohl einmalig in der Region dürfte allerdings sein, was sich Knut Weltlich, der viele dieser Dinge auf den Weg gebracht hat, nun überlegt hat: Der langjährige Schwerbehindertenbeauftragte der Firma Bertelsmann ist dabei, eine Stadtführung für Gehörlose zu erstellen. Die Aufnahmen unter Beteiligung von Stadtführer Wilhelm Redecker sind inzwischen im Kasten, im Herbst soll der Film, der mit Gebärdensprache unterlegt wird, über Weltlichs Internetseite www.werther-tv.de erscheinen.

Seit 2006 werden in Werther Stadtführungen angeboten. Sie nehmen die Gäste mit auf eine geschichtsträchtige Tour durch die Innenstadt, Stationen sind unter anderem das Storck-Haus, die St. Jacobikirche, der Venghauss-Platz, das Haus Werther, manchmal, wenn die Touren länger angelegt sind oder per Fahrrad unternommen werden, auch der jüdische Friedhof und das Böckstiegel-Haus. Sie alle gehen natürlich davon aus, dass die Teilnehmer den Ausführungen der Stadtführer lauschen können; dass er jemals Gehörlose in einer Gruppe hatte, kann Wilhelm Redecker nicht sagen.

"Und das ist doch schade", findet Knut Weltlich, dass auch für solche Menschen eine Stadtführung ermöglicht werden sollte. Und zwar am besten eins zu eins, will heißen: die Gehörlosen schließen sich einer »normalen« Gruppe an; statt dann unmittelbar den Worten des Stadtführers zu lauschen, nehmen sie ihr Smartphone oder Tablet zur Hand und rufen die entsprechende Internetseite auf. Auf ihr finden sie dann die Stadtführung mit allen ihren Örtlichkeiten wieder, übersetzt in Gebärdensprache.

"Denn zweifellos wäre es zu aufwendig, bei Stadtführungen jemanden dabei zu haben, der die Gebärdensprache beherrscht", ist Weltlich realistisch. Aber Barrierefreiheit sei nun einmal in der UN-Menschenrechtskonvention festgeschrieben worden. Und das hieße eben auch, ohne Einschränkungen an den Stadtführungen teilnehmen zu können.

Nachdem Knut Weltlich die Idee zu einer Stadtführung für Gehörlose hatte, zögerte er nicht lange. Er sprach mit Wilhelm Redecker, der sofort bereit war mitzumachen. An einem sonnigen Sommertag - "die Bilder auf dem Video sollen ja auch schön aussehen" - trafen sie sich vor dem evangelischen Gemeindehaus, um ihre Arbeit zu beginnen.

Knut Weltlich schulterte seine sieben Kilo schwere Filmkamera, rückte sein Stativ an den Ort der Wahl und schraubte die Kamera fest. Danach hieß es wie bei professionellen Aufnahmen für Film und Fernsehen: "Kamera läuft, Ton läuft - und Action." Oder jedenfalls so ähnlich, denn Weltlich und Redecker hatten zuvor genau besprochen, wo was mit welchem Inhalt gedreht werden sollte.

"Mein Text ist immer derselbe, ob heute bei den Filmaufnahmen oder bei meinen realen Stadtführungen. Das muss er auch sein, schließlich soll er später auch im Netz authentisch rüberkommen", betont Redecker.

Zwei Stunden dauern seine Stadtführungen in der Regel, die Filmaufnahmen waren indes deutlich aufwendiger. Und mehr noch: Fünf bis sechs Stunden reiner Aufnahmezeit folgen 100 oder mehr Stunden Produktionszeit. Die einzelnen Standorte der Stadtführung müssen zusammengeschnitten, die Aufnahmen mit dem Gebärdendolmetscher eingefügt und das Ganze internetfähig gemacht werden. "Für mich ist das aber keine Arbeit", sagt der gelernte Tonmeister Weltlich. "Mir macht das vor allem Spaß." Dass er dafür kein Geld bekommt, sondern im Gegenteil eine Reihe von Kosten hat, ist ihm egal. "Mir gehts hier nicht ums Geld. Ich möchte etwas für die Barrierefreiheit tun. Das ist mir wichtig."

Ganz gespannt auf das Ergebnis ist Wilhelm Redecker. "Ich finde das Projekt total spannend und muss sagen, dass die Aufnahmen für mich durchaus eine Herausforderung waren." Nun freut er sich auf den fertigen Film und hofft wie Knut Weltlich, dass dieser von gehörlosen Menschen auch angenommen wird.

Spätestens im Herbst soll die virtuelle Stadtführung auf der Internetseite Weltlichs zu sehen sein - ein Grußwort von Bürgermeisterin Marion Weike inklusive. Dazu wird der Film aller Voraussicht nach auf die Homepage der Stadt gestellt, "was mich natürlich sehr freut", so Weltlich.

Zumal der Wertheraner damit an einem EU-weiten Wettbewerb teilnehmen möchte, der anlässlich des »Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung« am 3. Dezember in Brüssel ausgerufen wird und Städte auszeichnet, in denen besondere Projekte für Menschen mit Behinderung angestoßen wurden.

Denn besonders, das ist die Stadtführung für Gehörlose im kleinen Werther ganz sicher. Noch bevor der Film öffentlich zu sehen ist, hat Knut Weltlich bereits die erste Rückmeldung von einem gehörlosen Bekannten erhalten. "Endlich denkt auch mal jemand an uns", hätte dieser gesagt - und sich schon im Vorfeld sehr für den Film ohne Ton, dafür aber mit Gebärden bedankt.


Ein Stück unvergessene Popgeschichte

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Von Anke Schneider

Borgholzhausen.
"ABBA ist ein Muss", sagte Elke Jähn. Die Hilteranerin ist ein leidenschaftlicher Fan der vier Schweden und so stand es für sie außer Frage, dass sie am Samstag bei der ABBA-Tribute-Show »Dancing Queen« im Piumer Steinbruch dabei war. Schon zum zweiten Mal, versteht sich.

Elke Jähn und ihr Begleiter Alfons Menke haben schon viele ABBA-Double gesehen, unter anderem in der Bielefelder Stadt

halle.
Die Truppe von Oliver Meier und Frank Sitter, Inhaber der Konzertagentur Großstadtentertainment, gehöre durchaus zur Oberliga, sagen sie. Und dafür haben sich die beiden Produzenten auch mächtig ins Zeug gelegt. "Beim Casting mussten die Sänger »The Winner takes it all« singen", berichtet Oliver Meier. Das Stück sei das anspruchsvollste des gesamten Repertoires.

Auch die Kostüme sind denen von Agnetha Fältskog und Björn Ulvaeus sowie Benny Andersson und Anni-Frid Lyng-stad detailgetreu nachempfunden. "Unsere Schneiderin Elisabeth Hahnas hat sich dafür unzählige Auftritte angeschaut", berichtete Meier weiter. Am Samstagabend waren die Double in vier verschiedenen Outfits zu sehen. In Weiß-Gold, Blau-Silber, in den typischen Kimonos und in den bekannten Katzenkostümen.

Im vergangenen Jahr traten die vier ABBA-Double erstmals im Steinbruch auf. Weit über 600 Menschen waren bei fantastischem Sommerwetter seinerzeit Zeuge eines tollen Abends, der die Gäste in die Zeit ihrer Jugend entführte. Dieses Mal waren es gut 400 Gäste, die die Show sehen wollte. Bei dicht behangenem Himmel und gerade mal 14 Grad Außentemperatur ein gutes Ergebnis, fand Horst Bobbenkamp vom Verkehrsverein. Zum Glück hat er niemanden - so wie im vergangenen Jahr - wegen Überfüllung nach Hause schicken müssen.

Die zweistündige Show begann mit dem Hit »Dancing Queen«, nach dem die Tribute-Show benannt ist. Abba sang das Stück erstmals am 18. Juni 1976, dem Vorabend der Hochzeit von König Carl Gustav und seiner Verlobten Silvia Sommerlath im schwedischen Fernsehen. »Dancing Queen war der einzige ABBA-Hit, der es auch in Amerika auf Platz eins der Charts schaffte.

Danach folgten im Fünf-Minuten-Takt die bekanntesten Stücke des Quartetts, die die eingefleischten ABBA-Fans im Steinbruch schon nach den ersten Akkorden erkannten und begeistert mitsangen. Darunter »Mamma Mia«, »Voulez Vous«, »Knowing me, knowing you«, « Super Trouper«, »Money money money« und »The name of the game«. Zwei junge Damen im Publikum hatten für die Show in Pium sogar ABBA-Plakate gemalt und das, obwohl sie die Gruppe, die am Dezember 1982 zum letzten Mal öffentlich auftrat, nicht live erlebt haben dürften.

Die Gäste im Steinbruch ließen die vier Künstler nicht ohne Zugaben gehen und so hörten die Fans am Ende noch »Gimme gimme gimme«, »Waterloo« und »The name oft he game«, ein Stück, das stark von Stevie Wonder inspiriert war, einem wichtigen Idol der Gruppe. "Im kommenden Jahr kommen wir wieder", verspricht Oliver Meier. Nicht unbedingt mit der ABBA-Show, aber schließlich habe man noch andere "Diamanten im Tresor".

"Ich hatte keinen Grund, sie zu töten"

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Von Silke Derkum

Versmold/

Bielefeld.
Jens S. scheint sich auf einen längeren Prozesstag eingerichtet zu haben. Als er durch das enge Spalier der weit über 100 Zuschauer geht, die vor dem großen Saal im Bielefelder Landgericht auf Einlass warten, trägt er einen Lunchbeutel in den von Handschellen zusammengehaltenen Händen. Hatte er zum Prozessauftakt vor drei Wochen noch ein Schild mit der Aufschrift »Schuldfrei« bei sich, nimmt der 29-Jährige zum zweiten Verhandlungstag einen Apfel und eine Butterbrotdose mit. Seine Aussage wird jedoch die gleiche bleiben. Mit dem grausamen Mord an einem Gütersloher Geschwisterpaar an Heiligabend will der gebürtige Versmolder nichts zu tun haben.

Es dauert einige Zeit, bis sich die Türen zum Gerichtssaal schließen, denn wesentlich mehr Zuschauer als auf die rund 80 Sitzplätze passen, wollen das Geschehen verfolgen. Darunter auch Bekannte des Täters und der Opfer aus Versmold und Gütersloh. Auch die Tochter der erstochenen Ärztin Helgard G. ist darunter - und muss um ein Haar zusammen mit den etwa 30 Zuschauern, die keinen Platz gefunden haben, den Saal verlassen.

Wie angekündigt, lässt Jens S. sich zu den Vorwürfen ein. Jedoch nicht persönlich. Sein Verteidiger Sascha Haring verliest eine Erklärung. Darin erläutert S. ausführlich, wie er die Tochter der Getöteten und deren Lebensgefährten Joseph S. 2006 kennengelernt hat. Er war Patient in der Naturheilpraxis der Tochter, in der er dann regelmäßig mit Joseph S. ins Gespräch kam. Über die Jahre habe sich ein derart freundschaftliches Verhältnis entwickelt, dass die drei im August 2013 sogar gemeinsam Campingurlaub machten.

Bei einem seiner zahlreichen Spaziergänge mit Joseph S. habe Jens S. dann 2012 auch erstmals Helgard G. getroffen. Bald begleitete der gelernte Gas- und Wasserinstallateur seinen Bekannten zu Reparaturarbeiten im Haus von Helgard G. und ihrem Bruder Hartmut S. in der Badstraße. Dabei habe sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Man duzte sich und S. war sogar im Dezember 2012 zum Gansessen im Hause G. eingeladen. Gemeinsames Gesprächsthema der beiden sei dabei oft die Geopathologie gewesen, die S. als Betätigungsfeld für sich entdeckt habe.

Sie war auch der Anlass, warum sich der gebürtige Versmolder am 24. Dezember auf den Weg zu Helgard G. gemacht habe. Er hatte am Vormittag bei seinem Getränkeeinkauf spontan eine Flasche Biorotwein für sie erstanden. Der Wein habe eine Art Werbegeschenk sein sollen. "Ich habe gehofft, dass sie mich bei ihren Patienten weiterempfiehlt", liest der Anwalt aus S. Bericht vor.

Die Ärztin habe Jens S. herzlich begrüßt, ihn sogar umarmt, heißt es weiter. Ungefähr eine Viertelstunde sei er bei ihr geblieben. Als er das Haus verließ, habe sie noch gelebt. Den Rest des Weihnachtsabends habe er am Computer gesessen und sich eine Harry-Potter-DVD angeschaut. Am nächsten Morgen habe er sich mit Josef S. wie seit Jahren zur Frühmesse in der St.-Anna-Kirche in seinem Wohnort Verl getroffen und den Rest des Tages mit Eltern und Geschwistern bei den Großmüttern in Versmold verbracht. "Ich habe mit dem Tod von Helgard und Hartmut nichts zu tun", endete das Statement, "ich hatte keinen Grund, sie zu töten. Im Gegenteil, ich hatte mir durch sie neue Kunden erhofft."

Nach Weihnachten habe er aus der Zeitung erfahren, dass die Polizei den Käufer der Weinflasche suchte. "Da ich zuvor eine Speichelprobe abgegeben habe, dachte ich, die Polizei wird sich schon bei mir melden", heißt es. "Ich wollte nichts verheimlichen; ich hatte meiner Familie schon vor der Verhaftung von meinem Besuch in der Badstraße erzählt."

"Jetzt ergibt sich natürlich eine Vielzahl von Fragen, aber zur Zeit sollen keine beantwortet werden", sagt Richterin Jutta Albert, denn der Angeklagte lehnt jede weitere Äußerung in dieser Sache ab.

Bei den Fragen zur Person allerdings ergreift Jens S. wie angekündigt das Wort. Er verliest einen selbst geschriebenen Lebenslauf und antwortet dann ruhig, freundlich, ausführlich, wortgewandt und klug auf die Fragen der Richterin. Erkundigt sich sogar öfter, ob er etwas ausführlicher erläutern soll. Und während Richterin Albert die meisten ihrer Fragen mit dem Gesicht vom Angeklagten abgewandt stellt, blickt Jens S. sie durchgehend an.

Sein starker Bezug zur Naturheilkunde und zur Spiritualität ist in vielen Antworten erkennbar. Wieso er denn vor einiger Zeit nach Verl gezogen sei, fragt Staatsanwalt Christoph Mackel. Sein Tensor, eine Art Wünschelrute, habe das für ihn entschieden, antwortet S. Ob er sich manchmal manipuliert oder überwacht gefühlt oder Wahnvorstellungen gehabt habe, will der medizinische Gutachter wissen. "Nein", sagt S. und räumt dann ein: "Also, überwacht schon, aber das war keine Wahnvorstellung, das war kurz vor meiner Verhaftung."

Der Prozess wird am Mittwoch, 27. August, um 11 Uhr fortgesetzt.

Ein Jahr mit Afrika

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Von Frank Jasper

Steinhagen.
"Also, die sind schon groß", bringt Thomas Hachmann seinen Respekt zum Ausdruck und schiebt hinterher: "Ohne Zaun dazwischen sind sie sogar verdammt groß." Der Steinhagener meint die Elefanten, die er zusammen mit seiner Frau Dr. Wiebke Hachmann für den neuen Afrika-Kalender fotografiert hat. Beim Heidefest am 7. September wird der Kalender das erste Mal am Stand des Bürgerkomitees für Entwicklungsarbeit zu kaufen sein.

Es ist bereits der dritte Kalender, den das Paar herausgibt. Der Erlös aus dem Verkauf kommt auch dieses Mal dem Bürgerkomitee zugute, das mit dem Geld Projekte in Afrika unterstützt. Bei ihren Touren während der zurückliegenden 20 Jahren haben die Hachmanns unzählige Fotos gemacht, von denen es 13 in den Kalender geschafft haben.

Dass sie den tierischen Motiven oft sehr nahekommen, beweisen die eindrucksvollen Bilder aus der aktuellen Ausgabe. Etwa die Aufnahme vom Schabrackenschakal und dem Kapgeier, die sich im Transfrontier-Park in Südafrika begegnen. Was der Betrachter nicht sieht: "Die beiden Tiere haben zwei Stunden lang eine Antilope zerlegt", erklärt Thomas Hachmann. Die befinde sich aber außerhalb des Bildausschnitts; der Anblick wäre für den Kalender zu unappetitlich gewesen.

Dass das Bild mit den Elefanten das Titelblatt zieren muss, war schnell klar. "Es ist zwar erst der dritte Kalender, aber es ist schon so etwas wie eine Tradition, dass wir auf dem Titel die Hinteransicht von Tieren zeigen", erklärt Thomas Hachmann schmunzelnd. Stimmt! In der 2014-Ausgabe strecken dem Betrachter drei Zebras ihren Hintern entgegen. Auch das Dezember-Blatt ist bereits reserviert. Für einen romantischen Sonnenuntergang. Diesmal über dem Chobe River in Botswana.

Für ihre Fotosafaris sind die Steinhagener vor allem in Nationalparks unterwegs. "Dort ist noch ein Artenreichtum gegeben, den man sonst nicht findet", berichtet Dr. Wiebke Hachmann, die seit ihrer ersten Afrikareise 1991 als Geologie-Studentin den Kontinent lieben gelernt hat. Anders als in den Nationalparks seien Wildtiere in den bewirtschafteten Gebieten nicht gern gesehen. "Da ist niemand begeistert, wenn eine Horde Elefanten die Zäune niederreißt und das Wasser wegsäuft", macht sie den Konflikt deutlich.

Ende September werden Hachmanns erneut gen Süden aufbrechen. In Johannesburg wartet dann ein Landcruiser auf die Steinhagener, mit dem es auf eine Zimbabwe-Rundtour gehen wird. 4200 Kilometer in vier Wochen sind geplant und vielleicht entstehen dann auch neue Bilder für den Kalender 2016.

Die Ausgabe fürs kommende Jahr ist während des Heidefestes für 15 Euro am Stand des Bürgerkomitees für Entwicklungszusammenarbeit erhältlich, der sich wieder in der Brinkstraße befinden wird. "Dort werden wir außerdem Tragetaschen aus unserer Ausbildungswerkstatt in Tokan, Schmuck und Gürtel aus Benin und Kenia, Palmöl aus Benin und Tierfiguren aus Ghana verkaufen", kündigt die Vorsitzende Heike Kunter an.

"Absichtlich ins Aus katapultiert"

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Von Anke Schneider

Borgholzhausen.
Rita Lange aus Borgholzhausen ist eine der 35 Zuhörerinnen und Zuhörer, die am Montagabend in der Dissener Realschule die außerordentliche Ratsversammlung zum Thema Krankenhaus verfolgte. Sie ist eine der 480 Mitarbeiterinnen in Dissen, die um ihren Arbeitsplatz bangen. Große Hoffnungen, dass das Krankenhaus erhalten bleibt, hat sie nicht.

Die drohende Schließung des Dissener Krankenhauses sei in aller Munde, begann Bürgermeister Hartmut Nümann. Die Betroffenheit sei auch in den angrenzenden Gemeinden in NRW gewaltig. "Immerhin werden im Dissener Krankenhaus mehr Kinder aus Versmold als aus Dissen geboren", machte er deutlich, wie rege das Krankenhaus von Menschen aus Versmold und Borgholzhausen genutzt wird.

Nümann betonte, dass die Stadt zu keiner Zeit eine direkte Einflussmöglichkeit auf die Entwicklung gehabt habe. Man sei es den Bürgerinnen und Bürgern aber schuldig, die Verantwortlichen für das Debakel zu nennen. Und das werde die Stadt in ihrer Stellungnahme mit der deutlichen Feststellung »Osnabrück vernichtet Dissener Krankenhaus« auch tun.

"Seit 110 Jahren erfüllt das Krankenhaus in unserer Stadt und der Region eine lebenswichtige Funktion", begann Ratsvorsitzender Heiner Prell mit der Verlesung der Stellungnahme. Derzeit werde dieses Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung von einer Region mit 80 000 Menschen in Anspruch genommen.

Um das Krankenhaus zukunftsfähig zu halten, seien bereits seit dem Jahr 2004 für die notwenigen Sanierungen Fördergelder beantragt worden, die dem Krankenhaus bis heute verwehrt wurden, obwohl auch der Landesrechnungshof diese Förderung als notwendig und richtig beurteilt hatte.

Gemeinsam mit dem Sozialministerium, der Stadt Georgsmarienhütte und dem Krankenhausträger war man damals übereingekommen, das Krankenhaus in Georgsmarienhütte zu schließen und die Abteilungen nach Dissen zu verlagern. "Unerträglich war die Hinhaltetaktik der alten CDU-FDP-Landesregierung hinsichtlich der Bereitstellung der Fördergelder", so Prell weiter.

Mit dem unglücklichen Verkauf des Diakonie-Krankenhauses an das Klinikum Osnabrück habe dann die unsägliche Entwicklung begonnen. Während landauf, landab pragmatische Lösungen zum Erhalt von Krankenhäusern durchgesetzt wurden, sei Dissen Zeuge eines bedenklichen Geschäftsgebarens durch die Stadt Osnabrück geworden. Teuer bezahlte Geschäftsführer und Sanierer seien eingestellt und mit hohen Summen wieder abberufen worden, wenn es zu Diskrepanzen kam. Ein stringentes Konzept sei zu keiner Zeit erkennbar gewesen.

"Offensichtlich ging und geht es dem Träger Klinikum Osnabrück und der Stadt Osnabrück einzig und allein darum, das Dissener Krankenhaus zu vernichten, um das Klinikum in Osnabrück finanziell zu stabilisieren", sagte Prell. Die erklärte Absicht, den Standort Georgsmarienhütte nun doch zu halten, zeige, dass am Erhalt des Dissener Krankenhauses nicht das geringste Interesse bestehe.

"Die ablehnende Haltung der derzeitigen von SPD und Grünen geführten Landesregierung auf Zahlung der beantragten Fördergelder zeigt auch, dass Krankenhausförderung hauptsächlich auf die Zentren konzentriert wird", so der Ratsvorsitzende. "Der kürzlich von den rot-grünen Fraktionen im Landtag eingebrachte Entschließungsantrag zur wohnortnahen Krankenhausversorgung wird somit zur Farce."

Inwieweit der jetzige Landesminister Boris Pistorius an der beabsichtigten Schließung des Krankenhauses mitgewirkt habe, bleibe letztendlich eine Vermutung. Die Stellungnahme endet mit der Forderung der Stadt Dissen, das Krankenhaus zu erhalten. Von Landkreis und Kreistag wird "tatkräftige Unterstützung" gefordert. In der anschließenden Einwohnerfragestunde kamen die Gäste der Sitzung zu Wort.

Gefragt nach Möglichkeiten, das Krankenhaus zu erhalten, sagte Bürgermeister Hartmut Nümann, dass es Interessenten gebe, die prüfen wollen, ob man das Krankenhaus in eine private Trägerschaft bekomme.

Die Nachfrage der Anwesenden, ob es möglich sei, das Krankenhaus in kommunale Trägerschaft zu nehmen und dabei die umliegenden Gemeinden - auch die westfälischen - mit einzubinden, blieb unbeantwortet. Ebenso wie die Frage, ob die Möglichkeit einer verwaltungsrechtlichen Klage bestehe. Für die Fragestellenden, die mit Kopfschütteln reagierten, wurde die Stellungnahme dadurch zum zahnlosen Papiertiger.

Für Rita Lange ist die Suche nach einem Investor gar nicht das größte Problem. "Viele qualifizierte Mitarbeiter suchen oder haben angesichts der drohenden Schließung bereits einen neuen Arbeitsplatz", berichtet sie. Wenn alle guten Ärzte und Pflegekräfte das sinkende Schiff verlassen hätten, sei das Krankenhaus ohnehin dem Untergang geweiht, ist sie sicher. Genauso sei es im Wer-theraner Krankenhaus, in dem sie bis zur Schließung 26 Jahre lang gearbeitet hat, auch gewesen.

Legende verlangt 100 Prozent

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Von Claus Meyer

Versmold.
Die deutsche Badmintonlegende legt sich fest: "Bei einem Länderspiel zwischen Deutschland und Dänemark ist Dänemark immer Favorit", sagt Oliver Pongratz. Die heimischen Fans haben morgen die Chance, den vermeintlichen Außenseiter zum Sieg zu treiben. Dann steigt in der Dreifachsporthalle der Versmolder Hauptschule ein U 19-Vergleich zwischen beiden Nationen, präsentiert vom SC Peckeloh.

Pongratz weiß auch, wie es doch klappen kann mit einem Erfolg des deutschen Nachwuchses über den amtierenden U 19-Europameister: "Sie müssen die Atmosphäre aufsaugen." So hat er es in seiner Karriere auch oft getan bei den großen Turnieren. Pongratz hat wesentlichen Anteil daran, dass sich die einst weit klaffende Lücke zwischen Deutschland und den großen Badmintonnationen in den vergangenen 20 Jahren ein wenig geschlossen hat.

Sieben Mal in Folge, von 1993 bis 1999, war der mittlerweile 41-Jährige deutscher Einzelmeister. 1997 stand Pongratz auf Rang neun der Weltrangliste. 1996 nahm er an den Olympischen Spielen in Atlanta teil. Seit Februar ist er Bundesstützpunkttrainer in Mülheim, als der er seinen Fokus auf das Dameneinzel legt.

Da Jugendbundestrainer Matthias Hütten derzeit mit seinen Schützlingen Max Weißkirchen und Luise Heim bei den Olympischen Jugendspielen in China weilt, übernimmt Pongratz am Donnerstag in Versmold zusammen mit Hüttens Kotrainer Danny Schwarz das Coaching. Freuen dürfen sich die Badmintonfans dabei auf Yvonne Li. Die 16-Jährige gilt bei Experten als Ausnahmetalent und wurde unlängst deutsche U 17-Meisterin im Einzel und Doppel.

Daneben sieht Pongratz Daniel Peng als im Herreneinzel gesetzt an. "Wie wir die Doppel aufstellen, müssen wir noch sehen", sagt der Stützpunkttrainer. Julia Kunkel, Eva Janssens, Bjarne Geiss, Daniel Seifert und Simon Wang sind weitere Kandidaten fürs Länderspiel. Alles Talente, die nach Pongratz’ Meinung genug Potenzial besitzen, das deutsche Badminton in Zukunft weiter voranzubringen. "Wichtig ist, dass die Spieler selbst bereit sind, sich taktisch, technisch und physisch weiterzuentwickeln", sagt Pongratz. Als Trainer erwarte er "100 Prozent". "Mit 90 Prozent werden wir immer hinterherhinken." Den Abstand zu den Hochburgen wie China oder Indonesien ganz aufzuholen, werde für Deutschland allerdings schwierig bleiben - allein aufgrund der Masse asiatischer Talente, von denen eine Vielzahl zumindest europäisches Topniveau besitze.

´ Der Einlass in die Halle beginnt morgen um 18 Uhr. Bürgermeister Michael Meyer-Hermann und der 1. Vorsitzende des SC Peckeloh, Stephan Potthoff-Wenner, richten vor dem Länderspiel Grußworte aus. Um 19 Uhr starten die ersten Spiele. Insgesamt gibt es zwei Herreneinzel, zwei Dameneinzel, je ein Herren- und Damendoppel sowie ein Mixed.

Fokus liegt auf der Jugend

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Von Christiane Gerner

Werther-Häger. "Überall, wo im Verein der Schuh drückt, helfen wir mit Manpower und Geld", sagt der Vorsitzende des Fördervereins vom SV Häger, Uwe Gehring. Mit einem neuen Riesenbanner wirbt die eigene F-Jugend mit großer Lebensfreude. Der Schnappschuss ist Uwe Gehring auf der Trainerbank am Kunstrasenplatz gelungen. "Wir sind über jedes neue Fördermitglied glücklich", freuen sich die fotografierten Nachwuchskicker zusammen mit Uwe Gehring und seinen Mitstreitern auf passionierte Sponsoren.

Mit dem Schritt in die Öffentlichkeit wollten der Zweite Vorsitzende Rüdiger Beine, Schriftführer Marcus Miksch und der unermüdliche Gustav Göhner warten, bis die neue Homepage freigeschaltet war. Das ist inzwischen passiert und so kann sich jetzt jeder unter www.foerderverein-svhaeger.de umfassend über die Aktivitäten des Fördervereins informieren. Zudem entstanden mit der Unterstützung von Wolfgang Lamek die Riesenbanner sowie neue Flyer.

Nach dem Großprojekt »Neubau des Kunstrasenplatzes«, das bekanntlich erfolgreich abgeschlossen ist, stehen nun neue Aufgaben auf dem Plan: Auf der dadurch geschaffenen guten Grundlage sollen jetzt möglichst viele kleine und große Sportler einen größtmöglichen Nutzen davon haben. Deshalb planen die Förderer Trainerlehrgänge für die Jugendabteilung, damit die jungen Sportler - besonders an der Grundschule in Deppendorf soll geworben werden - so gut wie möglich ausgebildet werden können.

Außerdem kämpfen die Förderer um niedrige Vereinsbeiträge, damit kein Kind oder Jugendlicher ausgegrenzt wird. Eine immer attraktivere Jugendarbeit ist dabei das erklärte Ziel. Zusätzlich soll der Fokus auf alle Abteilungen gerichtet sein, und deshalb ist eine bessere Vernetzung etwa zwischen Fußball- und Tennisabteilung geplant. Jede Hilfe - auch ehrenamtliches Engagement - ist im sportlichen Häger willkommen.

Hochauflösender Blick in den Körper

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VoN uwe pollmeier

Halle.
Bisher werben in erster Linie TV-Sender mit dem hochauflösenden Fernsehen HDTV. Zukünftig könnte dies aber auch das Klinikum Halle tun. Die Endoskopie des Krankenhauses wurde nun mit modernsten Geräten im Wert von rund 120 000 Euro ausgestattet. Damit erfolgen Untersuchungen der inneren Organe, wie etwa Spiegelungen der Gallenblase oder des Darms, ab sofort in hochauflösenden Bildern, so dass Polypen und Tumore noch besser erkannt werden können.

"Im Vergleich zum Vorgängermodell gibt es drei gravierende Vorteile", sagt Dr. Michael Hanraths, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin. Neben dem hochauflösenden Monitorbild und einer besseren Handhabung, bei dem der 130 Zentimeter lange Schlauch nach Bedarf und während der Untersuchung in verschiedenen Graden versteift werden kann, ist dies vor allem die Umschaltmöglichkeit auf blau-grünes Licht. "Dadurch ist die Kon- trastierung noch schärfer und Gefäße lassen sich besser erkennen", erklärt Hanraths. Zudem lässt sich das Bild bis zu 150-fach zoomen und bleibt dennoch immer scharf und hochauflösend.

"Mit diesem modernsten Koloskop, das sich zudem leichter reinigen lässt, können dank des 130 Zentimeter langen Schlauchs der gesamte Dickdarm sowie bis zu zehn Zentimeter des Dünndarms untersucht werden", sagt Hanraths. Er selbst bezeichnet die neue Ausstattung des Haller Klinikums als "Quantensprung in der Qualität".

Wird bei der Darmuntersuchung etwa ein Polyp erkannt, wird dieser umgehend entfernt. Durch einen im Schlauch integrierten Arbeitskanal kann eine Schlinge geschoben werden. Diese legt sich um das zu entfernende Objekt, wird von außen zugezogen und entfernt den Fremdkörper problemlos aus dem Darm. Ebenso können Proben für feingewebliche Untersuchungen direkt entnommen werden.

Zuständig für diese, durch örtliche Betäubungen nahezu schmerzfreien Untersuchungen sind ausschließlich Fachärzte, die bereits mindestens 2000 Untersuchungen vorweisen können. Zum Team des Klinikums Halle zählen somit neben Chefarzt Dr. Michael Hanraths noch Dres. Katrin Eichhorn, Christine Conrad, Andre Seidel, Michael Feldkamp und Anne Calaminus.

Jährlich werden im Klinikum Halle derzeit rund 1000 endoskopische Untersuchungen durchgeführt. "Da sind noch Kapazitäten vorhanden"sagt Hanraths und erwartet nicht zuletzt dank der neuen Technik für die kommenden Monate steigende Zahlen.

Von den Krankenkassen werden die Kosten für eine Darmspiegelung ab dem 55. Lebensjahr übernommen. "Ärzte raten jedoch dazu, schon ab 50 Jahren solch eine Untersuchung vornehmen zu lassen", sagt Hanraths. Liegt in der Familie eine Darmkrebserkrankung vor, ist eine frühere Untersuchung ratsam. "Hat der Vater beispielsweise mit 50 Jahren Darmkrebs bekommen, sollten sich seine Kinder bereits mit 40 Jahren untersuchen lassen", rät Hanraths.

Michael Ackermann, Geschäftsführer der Klinikum Bielefeld gGmbH, zu der das Klinikum Bielefeld-Mitte, das Klinikum Bielefeld-Rosenhöhe und das Klinikum Halle gehören, zeigt sich sehr erfreut über die neue Ausstattung. "Wir haben nun unsere drei Häuser in Sachen Endoskopieausstattung auf dem gleichen Niveau. Die Investition in neue Geräte war sinnvoller, als die vorhandenen Geräte aufzurüsten", sagt Ackermann.


"Wir konnten viele Bedenken ausräumen"

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Versmold.
Sechs Wochen lang stand der Tornister in der Ecke, blieben die Schulbücher unberührt. Am heutigen Mittwoch muss der Wecker in Versmolder Kinderzimmern wieder pünktlich gestellt sein. Vorbei mit den Ferien. Das neue Schuljahr hat für die Lehrer indes bereits längst begonnen. Eine besondere Herausforderung bedeutete die Planung für Klaus Blenk und seine Kollegen, gilt es doch mit Real- und der Sekundarschule gleich zwei Schulformen unter einem Dach zu organisieren. Im Gespräch mit HK-Redakteurin Tasja Klusmeyer sprachen Blenk und seine Stellvertreterin Petra van Lück über das erste Jahr Sekundarschule, die Chancen und Schwierigkeiten des Systems - und über die Aufgaben der Zukunft.

Den Veränderungen in der Versmolder Schullandschaft sind Eltern mit Skepsis, Kritik, Bedenken, aber auch Neugier und großer Erwartung begegnet. Wie würden Sie die momentane Lage beschreiben?

Klaus Blenk: Das stimmt, viele Eltern sind mit Fragezeichen im Kopf gestartet. Inzwischen hören wir fast von allen Stellen, dass sich die Kinder hier wohlfühlen. Das ist die wichtigste Voraussetzung, damit Schule gut funktionieren kann.

Nach der langen Diskussion im Vorfeld - wie schnell hat sich Normalität im Schulalltag eingestellt?

Petra van Lück: In dem Augenblick, in dem die Schüler da waren. Aber natürlich befinden wir uns mit der neuen Schulform in einem Entwicklungsprozess. Es stehen jedes Jahr neue Entscheidungen an, vieles muss erst zusammenwachsen.

Blenk: Ich habe den Eindruck, dass die neuen Fünftklässler ihre Schule viel schneller angenommen haben, als es vorher bei Realschülern der Fall war. Schlichtweg, weil sie mehr Zeit hier verbringen.

Hat sich der verpflichtende Ganztag an drei Wochentagen also bewährt?

Blenk: Wir konnten die anfänglichen Bedenken vieler Eltern ausräumen. Sie berichten uns, dass die Kinder gut durch den Tag kommen. Das liegt vor allem an den veränderten Unterrichtsstrukturen und den Pausen.

Schüler unterschiedlicher Schulformen unter einem Dach - spielt das im Miteinander eine Rolle?

van Lück: Keine entscheidende. Die Schüler nehmen allerdings wahr, dass die einen mittags nach Hause gehen und Hausaufgaben machen müssen, und dass die anderen bis in den Nachmittag hinein hierbleiben, ohne Hausaufgaben zu bekommen. Unter Geschwistern wird das schon mal diskutiert.

Keine Hausaufgaben, das klingt nach Paradies.

Blenk: Was allerdings nicht heißt, dass die Schüler sich zu Hause nicht eigenständig etwas erarbeiten. Sie bereiten Referate vor, lesen eine Deutschlektüre oder lernen für die Klassenarbeit. Die Hausaufgaben im klassischen Sinn gibt es aber nicht mehr.

Schule findet also fast ausschließlich in der Schule statt. Bleiben die Schulranzen leer?

van Lück: Die Schüler bringen ihre Verpflegung mit, die Schulsachen können im Fach und in der Schublade bleiben.

Blenk: Das hat auch den Vorteil, dass wir als Lehrer viel mehr Einfluss auf die Ordnung haben. Am Fach sieht man sofort, wer strukturiert und wer eher unsortiert ist. Mit der neuen Schulform sind wir grundsätzlich näher an den Schülern.

Was meinen Sie damit?

van Lück: Der Unterricht beginnt um 8 Uhr mit Lernbüros, bereits eine Viertelstunde vorher haben die Kinder die Möglichkeit, sich in der Klasse zu treffen. Die meisten machen davon Gebrauch. Und auch wir Lehrer nutzen diese Zeit oft für Gespräche. Ähnlich ist es beim gemeinsamen Mittagessen in der Mensa, bei dem wir locker über alle möglichen Themen reden. Zum Abschluss der Woche ist zudem eine Gesprächseinheit in kleinen Gruppen über die Wochenarbeit fest im Stundenplan verankert.

Blenk: Die Ebene, auf der wir mit den Schülern arbeiten, ist eine andere. Wir können gezielter soziales Miteinander und Teamfähigkeit stärken. Dazu kommt die Schulsozialarbeit, die unverzichtbar geworden ist. Da geht es um Themen wie Konfliktfähigkeit oder das Verhalten in der Gruppe. Der Bedarf wird mit Zunahme der Sekundarschüler wachsen.

Geht es denn gar nicht mehr um schulische Leistungen?

van Lück: Beziehungsarbeit ist kolossal wichtig. Wir können dort entspannt lernen, wo wir uns wohlfühlen. Die Schüler merken, dass nicht nur die Leistung wichtig ist, sondern, dass wir an ihnen als Mensch Interesse haben. Dafür bietet die neue Schulform bessere Möglichkeiten.

Apropos Leistung. Ein wesentliches Element des Schulkonzeptes ist das lange gemeinsame Lernen. Eltern befürchteten, dass ihre Kinder nicht genügend gefördert würden, dass möglicherweise die Leistungsunterschiede zu groß seien. Nun gab’s die ersten Zeugnisse - mit welchem Ergebnis?

Blenk: Die Zeugnisse waren völlig im Schnitt, nicht anders als in den fünften Klassen der Realschule. Die Klassen in ihrer Struktur und Mischung sind absolut arbeitsfähig - mit allen unterschiedlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten, die die Kinder mitbringen.

van Lück: Ich leite seit 1991 fast durchgängig fünfte und sechste Klassen. In dieser Zeit hatte ich niemals eine Klasse mit einheitlichem Niveau. Insofern ist das nichts Neues.

Eine neue Situation wird sich im Schuljahr 2015/2016 ergeben. Dann wechselt der erste GU-Jahrgang (Gemeinsamer Unterricht) von der Sonnenschule auf die weiterführende Schule. Ist man hier an der Sekundarschule in Sachen Inklusion so weit?

Blenk: Das wird sicher ein Arbeitsschwerpunkt bis zum nächsten Sommer sein. Es gibt bereits einige Ideen dazu, aber wir müssen nun genau schauen, wie wir was anbieten können. Inklusion sollte mit Konzept geschehen. Das ist unsere große Hausaufgabe für das neue Schuljahr.

Aber klar ist doch, dass hier vor Ort etwas entstehen muss. Für Kinder mit Förderbedarf, die nun die vierte Klasse der Regelschule besuchen, soll es ja irgendwie danach weitergehen.

Blenk: Die räumliche Ausstattung ist das eine. Da sind wir schon gut aufgestellt, wir hatten auch an der Realschule immer wieder Schüler mit körperlichen Beeinträchtigungen. Das wesentliche Problem ist das Personal. Staatliche Schulen bekommen Sonderpädagogen entsprechend der Schülerzahl zugewiesen. Wir als privater Träger sind für unser Personal allein verantwortlich. Wir freuen uns über jede Bewerbung von Förderschullehrern.

van Lück: Uns geht es schließlich darum, die Kinder nicht einfach irgendwie zu verwalten, sondern entsprechend ihrem Bedarf zu fördern. Alles andere wäre keine Inklusion. Deshalb müssen wir im Einzelfall schauen, was machbar für die Schule ist - im Interesse der Eltern und Kinder.

Blenk: Es wird immer Schüler geben, die sich nicht inklusiv beschulen lassen. Im Übrigen ist Inklusion nicht nur ein Thema für uns als Sekundarschule, sondern auch am Gymnasium. Kinder mit emotional-sozialem Förderschwerpunkt sind häufig hochintelligent.

Eine ganz andere Herausforderung ergibt sich sicherlich bei der Organisation zweier Schulen.

Blenk: Es sind viele Sachen doppelt zu erledigen, zum Beispiel Eltern- und Schulpflegschaften sowie Schulkonferenzen. Unser Kollegium umfasst 48 Kräfte, die an beiden Schulen eingesetzt werden. Die Lehrer müssen pendeln, das bedeutet natürlich eine höhere Belastung. Die Erstellung von Stundenplänen und Raumbelegung für zwei Standorte ist nicht einfacher geworden.

Da hätten Sie als Leiter von zwei Schulen doch schon genügend Aufgaben. Aber sie unterrichten darüber hinaus noch.

Blenk: Ich möchte wissen, was meine Kollegen tun. Ich bin seit 30 Jahren Lehrer, da hat sich einiges verändert - das war auch schon vor der neuen Schulform so und das wird immer so sein. Nur von meinem Schreibtisch aus würde ich von der Schulwirklichkeit nicht alles mitbekommen.

Heideweiher

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Steinhagen (son).
Verträumt liegt der Heideweiher in diesen Tagen da. Durch das Grundwasser hat sich die Fläche bereits gut gefüllt und auf den zufälligen Spaziergänger könnte die Szene leicht wie die Entstehung eines gut angelegten Naherholungsgebiets aussehen. Doch der Eindruck täuscht: Das Biotop, das in diesen Tagen fertiggestellt wird, soll keineswegs zum Spaziergang verführen, sondern Lebensraum für Pflanzen und Tiere bieten.

Gut 23 000 Kubikmeter Sand hat die Firma Vollmer in den vergangenen Monaten von der Stelle gleich hinter der JVA-Außenstelle

Bielefeld-Senne
abgetragen. Fast 5000 Kubik mehr als geplant, so dass auch die Kosten gestiegen sind, wie Rainer Drouyn vom Bauamt im Gespräch mit dem Haller Kreisblatt erläutert. Geplant worden war mit 385 000 Euro. Doch diese Summe wird nicht reichen, schätzt Drouyn, ohne konkrete Zahlen nennen zu wollen. "Aber das Geld ist im Lärmschutz gut angelegt", verweist der Fachmann darauf, dass der gesamte Sand auf einer Länge von gut 500 Metern als Lärmschutzwall genutzt wurde. Da mehr Sand durch die Renaturierung des Heideweihers anfiel, musste die Gemeinde weniger Erde anderswo teuer einkaufen, so dass Drouyn die Mehrkosten nicht allzu kritisch sieht.

Der Heideweiher ist 14 000 Quadratmeter. In der flachen Senke, die keinen natürlichen Ablauf hat, sammeln sich Grundwasser und Regenwasser. Dabei schwankt der Wasserstand jahreszeitenbedingt. Zurzeit stehen knapp zehn Zentimeter Wasser im Weiher. "Das ist eine gute Größenordnung", so Drouyn. Bei starken Regenfällen wird der Wasserstand natürlich steigen, im Hochsommer fällt er dagegen auf wenige Zentimeter oder trocknet aus. Umgeben wird der Weiher von einer Uferzone, die 19 000 Quadratmeter groß ist, und einer Magerrasenfläche von 38 000 Quadratmetern. Ein Übergangsstreifen mit Hecken und Randgehölzen rahmt das Biotop ein. Gesamtgröße: 8,6 Hektar.

In den folgenden Tagen soll die Zuwegung, auf der die Laster bisher den Sand abgefahren haben, zurückgebaut werden. Eine Grasschicht auf der Zufahrt soll am Ende Autoverkehr zum Weiher hin komplett verhindern. Das Areal soll nun erst einmal in Ruhe gelassen werden, damit Pflanzen und Tiere sich dort selbstständig ansiedeln können. "Wir müssen das Gebiet nun in Ruhe lassen", so Rainer Drouyn. Spaziergänger und frei laufende Hunde sind daher am Heideweiher nicht gern gesehen.

"Langfristig könnte ich mir vorstellen, eine Plattform zu installieren, von der aus Interessierte den Weiher mit dem Fernglas beobachten", sagt Rainer Drouyn. Auch geführte Wanderungen um den Weiher findet der Fachmann reizvoll, denn dabei würde die Natur möglichst wenig beeinträchtigt. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Zunächst sollen sich Pflanzen wie die Glockenheide, das Bergsandglöckchen, Sauergräser, Sonnentau und natürlich die Heide, die dem Weiher ihren Namen gab, wieder ansiedeln. Im zweiten Schritt denkt die Gemeinde dann über eine Bewirtschaftung der Fläche in Form von Schafen nach. "Man kann die Natur sich nicht komplett selbst überlassen", so Drouyn. Schafe wären ideal, um die Heide zu stärken. Aber auch das ist noch Zukunftsmusik.

Fünf Neue machen Landwehr Spaß

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von christian helmig

Halle. Ein großes Pflaster ziert derzeit die Nase von Ernst-August Stüssel. Eine Glastür hat dem Vorsitzenden der HSG Union ’92 Halle in der eigenen Wohnung unsanft den Weg versperrt. Stüssels Anblick ist symbolisch für den Zustand der Haller Frauenhandballmannschaft, die vor ihrer mittlerweile sechsten Drittliga-Saison - wieder einmal - mit Verletzungspech zu kämpfen hat.

In Linda Hillmer, Jenna Teigelmeister (beide Kreuzbandriss), Annika Rohde (Schulter), Ann-Kristin Pieper (Fuß-OP), Yvonne Südmersen (Knie) und Carina Weber (Leiste) verpassten gleich sechs des nominell 18 Spielerinnen umfassenden Kaders weite Teile der Vorbereitung. Weil kurzfristig auch noch Katrin Thiede mit Rückenproblemen zum Lazarett stieß, musste die Union am vergangenen Wochenende sogar das als wichtige Standortbestimmung eingeplante Turnier beim Ligakonkurrenten SV Germania Fritzlar absagen.

Dass Trainer Uwe Landwehr nach rund sechs Trainingswochen mit jeweils fünf bis acht Einheiten dennoch sagt: "Wir sind gut dabei", liegt vor allem an den Neuverpflichtungen, die sich ausnahmslos bester Gesundheit erfreuen und viel Zuversicht ausstrahlen, die Herausforderung beim Vorjahressiebten zu meistern. In Josephine Löbig (25) und Kristina Meyer (24) gewannen die

Hallerinnen zwei Spielerinnen für sich, die schon seit längerer Zeit auf dem Wunschzettel standen. Beide bringen Drittligaerfahrung mit und sollen die Abgänge von Spielmacherin Theresa Janzen und Kristin Steinhaus im Rückraum vergessen machen.

"Sehr angetan" ist Landwehr zudem von der Entwicklung seiner drei »Küken«: Während Anna Lena Bergmann (18) und Jaqueline Kindt (19) schon in der Endphase der vergangenen Saison zu einigen Kurzeinsätzen kamen, stieß Marleen Fräßdorf (19) im Sommer zum Team. Letztere habe sich bislang vor allem als ernsthafte Alternative im Abwehrblock empfohlen, berichtet der Trainer. In der Offensive hat das Trio die schwere Aufgabe, die Ausfälle von Teigelmeister und Rohde zu kompensieren, die in der vergangenen Saison von außen zusammen fast 140 Tore erzielten.

Einstimmig erklären alle fünf Neu-Hallerinnen, dass sie sich in der Masch pudelwohl fühlen. "Ich bin hier menschlich sehr gut aufgenommen worden", sagt Josephine Löbig. Gute Stimmung und Harmonie in der Mannschaft, in der der Altersunterschied teilweise über 20 Jahre beträgt, scheinen in der kommenden Spielzeit umso wichtiger zu sein, denn Trainer, Betreuer und Spielerinnen werden viel Zeit auf engstem Raum miteinander verbringen.

Durch die Versetzung in die Staffel Ost warten Auswärtsfahrten von bis zu 500 Kilometer, etwa nach Marienberg nahe der tschechischen Grenze oder ins bayerische Bayreuth auf die HSG. Da diese mit einem Busfahrer beziehungsweise ohne Übernachtung nicht zu bewältigen sind, steigen die Kosten des Vereins um "mehrere Tausend Euro", wie Stüssel berichtet.

Und auch sportlich führt so manche Reise ins Ungewisse. Während Stüssel einen Platz in der oberen Tabellenhälfte anvisiert, hat sich Landwehr vor dem Start am 7. September in Bad Salzuflen vor allem die Verbesserung der eigenen Qualitäten zum Ziel gesetzt. "Mehr Tempo nach vorne und höhere Konstanz" wünscht sich der Trainer im Vergleich zur Vorsaison. Klappt das, ist Josephine Löbig vor stundenlangen Rückfahrten nicht bange. Denn mit zwei Punkten im Gepäck "werden die dann umso lustiger".

"Es ging etwas zu schnell"

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von sven hauhart

Werther/Helsinki. "Sitzt du schon?" Als Maj-Britt Toijonen Anfang August bei Maj-Britt Warnholz anruft, will sie zunächst sichergehen, dass diese nicht vor Schreck hintenüberkippt. Denn was die ehemalige Arbeitskollegin der seit 40 Jahren in Werther lebenden Finnin zu berichten hat, ist außergewöhnlich. Die 95-jährige Mutter von Maj-Britt Warnholz hatte tags zuvor einen Bungee-Sprung von einem 150 Meter hohen Kran in Helsinki gewagt. Für die wahrscheinlich älteste Frau, die diesen Extremsport jemals praktiziert hat, scheint dies indes ganz normal. "Ach, hat sie es dir schon erzählt?", fragt Margit Tall ihre Tochter lachend, als die nach dem Telefonat mit der ehemaligen Kollegin bei ihrer Mutter anruft.

"Wir waren nicht wirklich überrascht, davon zu hören. Aber schon erstaunt, dass sie sich das wirklich getraut hat", sagen Maj-Britt Warnholz (69) und ihr Mann Peter (73), der seine Frau im Finnland-Urlaub kennenlernt hat und mit ihr seit 1974 in Werther lebt. Im Mai hatte Maj-Britt Warnholz ihre Mutter Margit in Helsinki besucht. Schon damals berichtete die 95-Jährige der Tochter von ihren Plänen.

Bereits im Vorjahr hatte sie den Sprung eigentlich wagen wollen. Mit dem Bus, der vor ihrer Haustür hält, war sie - wie immer bei schönem Wetter - zur Strandpromenade von Helsinki gefahren und hatte dort die imposante Bungee-Anlage gesehen.

Allerdings hatte Margit Tall statt der geforderten 94 Euro nur 80 Euro dabei. Als sie am nächsten Tag mit der vollen Summe zurückkehrte, war der Kran allerdings schon abgebaut. "Da hat sie sich gesagt: Wenn ich nächstes Jahr noch lebe, dann mache ich das", berichtet die Tochter.

Gesagt, getan, und so fuhr Margit Tall am 3. August dieses Jahres wieder zur Strandpromenade, um den mit 150 Metern höchsten Bungee-Sprung Finnlands anzugehen. "Sie hat das Geld auf den Tresen gelegt und gesagt, dass sie das jetzt machen will und nach einer Altersbeschränkung gefragt", erzählt Maj-Britt Warnholz.

Taneli Fils, der Betreiber der Anlage, dachte nach eigenem Bekunden an einen Scherz, nachdem Margit Tall 1919 als ihr Geburtsjahr angab. Die Angestellten versuchten, ihr den Sprung daher zunächst auszureden. Aber nachdem die rüstige 95-Jährige ihren Gehstock entschlossen beiseitegelegt und eine Probefahrt hinauf auf den Kran ohne Schwindelgefühle absolviert hatte, stimmte der Betreiber schließlich zu.

"Wir entschieden, dass sie einen Tandemsprung zusammen mit einem unserer schwersten Springer machen durfte", berichtet Taneli Fils. Das Gummiseil dehnte sich so aufgrund des hohen Gewichts mehr als üblich, was den Sprung für die Seniorin weniger belastend machte. "Margit sagte, dass es zwar ziemlich an den Beinen gezogen habe, aber sie ist zufrieden, dass sie das jetzt einmal gemacht hat", berichtet Maj-Britt Warnholz von der Reaktion der Mutter, für die der Sprung nach eigenen Angaben "etwas zu schnell vorüberging".

Dass sie ihr den Sprung ausreden könnte, daran habe die Tochter nie gedacht. "Ich kenne sie. Wenn sie etwas im Kopf hat, dann macht sie das", berichtet die 69-Jährige von ähnlich waghalsigen Aktionen ihrer Mutter.

"Sie hat auf einer Kubareise kurz ein Flugzeug gesteuert. Und mit 80 hat sie sich mit einem Fallschirm hinter einem Boot herziehen lassen." Margit Tall, die im Zweiten Weltkrieg Straßenbahnfahrerin war und diese während Bombardements durch Helsinki steuerte, sei sowieso nie irgendwelchen Herausforderungen aus dem Weg gegangen, ergänzt Peter Warnholz.

Hätte Margit Tall allerdings geahnt, welch mediales Echo ihr Sprung auslöst - sie hätte ihn nicht gemacht. "Meine Mutter findet den Ruhm unangebracht. Für sie war das ganz normal. Sie hat das nur aus Spaß gemacht", sagt Maj-Britt Warnholz. Da die 95-Jährige mit ihrer Aktion zu den ältesten Leuten gehört, die jemals einen Bungee-Sprung gewagt haben - im Guinness-Buch der Rekorde ist der älteste männliche Bungee-Springer mit 96 Jahren verbrieft -, schaffte sie es bis in die internationale Presse. Unter anderem berichtete das britische Boulevardblatt »Daily Mail« über den Sprung. Und in Helsinki kennt sie mittlerweile sowieso fast jeder und klopft ihr für ihren Mut auf die Schultern.

In einem Fernsehinterview wurde sie unlängst gefragt, was sie denn als Nächstes machen wolle. "Mit einem U-Boot bin ich noch nie gefahren", lautete die Antwort von Margit Tall. Sollte sie dies tatsächlich machen - verwundern würde es Tochter Maj-Britt Warnholz nicht.

"Wer aufgibt, der hat verloren"

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Von Anke Schneider

Borgholzhausen/Dissen. Während die Politik in Dissen am Montag noch betonte, nichts gegen die Schließung des Dissener Krankenhauses unternehmen zu können, machte Wilfried Meyer als Vorsitzender des Fördervereins den Menschen in der Mauritius-Kirche am Dienstagabend Hoffnung. "Wir geben nicht auf", sagte er. "Wir kämpfen bis zum Schluss."

Der Vorsitzende des Albertine-Fördervereins Osnabrücker Land nahm die mehr als 130 Gäste in der Kirche zunächst mit in das Jahr 2004, als 108 Teilnehmer aus Politik und Kirche sich auf Einladung des Sozialministeriums, der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und der Krankenkassen im Luther-Haus trafen. Das Krankenhaus in Georgsmarienhütte sollte geschlossen und Dissen für viel Geld saniert werden, lautete die gefundene Lösung.

"Ursula von der Leyen stellte damals 9,9 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt in Aussicht", sagte Meyer. Er bombardierte die Zuschauer mit Zahlen, Daten und Fakten, mit Aussagen von Politikern und Sanierern, die am Ende darin mündeten, dass der Krankenhaus-Planungsausschuss des niedersächsischen Sozialministeriums entschied, für das Krankenhaus in Dissen keine finanziellen Zuschüsse zur Verfügung zu stellen, da es für das Krankenhaus keinen Bedarf mehr gebe. Daraufhin wurde Ende Juli 2014 die Planinsolvenz eingeleitet.

Meyer betonte, dass inzwischen 39 600 Unterschriften für den Erhalt des Krankenhauses eingegangen seien. "Bei einem Einzugsgebiet von 80 000 Menschen hat demnach fast jeder Haushalt unterschrieben", sagte er. Die Politik habe offenbar nicht verstanden, dass Demokratie von unten nach oben passiere und nicht andersherum.

Dann rechnete er den Anwesenden vor, dass es im Landkreis 1555 allgemeine Krankenhausbetten gebe. 495 davon im Nordkreis, 356 im Ostkreis, 287 im Westkreis und nur 175 im Südkreis, zu dem auch Dissen gehört. Auf die Fachkliniken in Bad Rothenfelde entfielen weitere 241 Betten. Im Durchschnitt kämen bundesweit auf 10 000 Einwohner 61 Krankenhausbetten, im Osnabrücker Land seien es nur 54. Wie da von einer Überversorgung gesprochen werden könne, sei nicht nachvollziehbar.

In seinen Ausführungen kam Meyer auch auf den neuen Geschäftsführer Georg Sartorius zu sprechen, der bei der Info-Veranstaltung anwesend war. Ihm warf der Fördervereinsvorsitzende einen großen Anteil am Untergang des Dissener Krankenhauses vor und fragte ihn, ob es seine Entscheidung gewesen sei, dass nun 23 Betten der Inneren Station nach Georgsmarienhütte verlagert werden sollen. Sartorius erwiderte, er sei allein aus dem Grund in die Mauritius-Kirche gekommen, weil ihn die Stimmung der Menschen in Dissen interessiere. "Zu Ihrer Frage kann ich nichts sagen", sagte er. Meyer stellte daraufhin fest: "Herr Sartorius drückt sich vor einer ehrlichen Antwort."

Nach den Ausführungen von Wilfried Meyer ergriff Pastor Rainer von Oppen das Wort und machte auf die ausweglose Situation der 480 Mitarbeiter des Klinik-Standortes aufmerksam. Jürgen Striewski, Fachbereichsleiter im Klinikum, malte eine düstere Zukunft für die 80 000 Menschen in der Region aus, die bald ohne Krankenhaus auskommen müssen. Weitere Gäste beschwerten sich über den Verlauf der Ratssitzung am Montag, in der eine Stellungnahme der Stadt Dissen verlesen wurde, die aber nicht an die Verantwortlichen weitergeleitet werden soll. Scheinbar sei es der Stadt lediglich wichtig gewesen zu betonen, dass sie nichts unternehmen könne, hieß es.

Wilfried Meyer forderte auf, nicht allzu schwarz zu sehen. Er habe noch lange nicht aufgegeben. Schon am 10. September tage die zweite Regionalkonferenz zur Krankenhausversorgung im Raum Osnabrück und da könne sich das Blatt noch einmal wenden. Schließlich habe der Sozialausschuss lediglich eine Empfehlung gegen das Krankenhaus Dissen ausgesprochen. Und dann seien da noch der Landtag und das Landeskabinett, die entscheiden müssten.

Hoffnung gebe weiterhin die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter einen Berater hinzugezogen habe, der nach Interessenten für das Krankenhaus suchen soll. "Wir sind mit zwei Krankenhausbetreibern ernsthaft im Gespräch", so Meyer weiter. "Wir geben nicht auf. Wer aufgibt, hat verloren."

Am Ende der Veranstaltung ergriffen Besucher das Wort, darunter Gabriele Schminke, die zu Taten aufforderte. Bei einer Demo auf der A 33 oder einem Autokorso nach Hannover sei sie sofort dabei. Bejubelt wurde auch das Versprechen von Orkan Sert, einem 21-jährigen Patienten des Dissener Krankenhauses, der sich extra für den Informationsabend hatte beurlauben lassen. Er berichtete von der Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit in den Gesichtern des Pflegepersonals, die er gerade erlebt. "Wenn es zur Schließung kommt, werde ich da sein", sagte er. "Ich werde persönlich verhindern, dass die Tür abgeschlossen wird."

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