Versmold (tas/sim). Seit Jahren mischen sich in die Freude über den Berufsstart vielversprechender junger Leute am 1. August auch besorgte Töne. Es wird immer schwerer, geeigneten Nachwuchs zu finden. Vor allem im gewerblichen Bereich könnten die großen Ausbildungsbetriebe der Stadt nicht alle Plätze besetzen. Während die kaufmännischen Berufe gefragt sind, haben vor allem das Fleischerhandwerk und die Ausbildung zum Berufskraftfahrer offenbar mit Imageproblemen zu kämpfen. Und das, obwohl beide beste Zukunftsperspektiven bieten. Vielleicht gerade deshalb stellen die traditionellen Versmolder Branchen - Fleischwaren und Logistik - gerne ihren Nachwuchs vor.
Wiltmann
Besonders stolz zeigt man sich beim Peckeloher Fleischwarenhersteller Wiltmann darüber, dass gleich drei junge Leute ihre Fleischerausbildung starten. "Seitdem wir uns verstärkt auf Berufsbildungsmessen präsentieren, haben wir keine Probleme, gute und qualifizierte Auszubildende zu finden", sagt Personalleiter Heinrich Ostlinning. Potenzielle Bewerber im gewerblichen Bereich würden zunächst ein Praktikum absolvieren. "So weiß im Vorfeld jeder, was ihn erwartet", sagt Verwaltungsleiter Jürgen Aschentrup. Insgesamt begrüßt Wiltmann neun Auszubildende: Neben den drei Fleischern, drei Fachkräften für Lebensmitteltechnik und zwei Industriekaufleuten ist erstmals ein Informatikkaufmann dabei. "Der Tendenz zu mehr IT tragen wir damit Rechnung", sagt Aschentrup.
Der Anteil der Wiltmann-Lehrlinge am 751 Mitarbeiter starken Unternehmen liegt seit Jahren auf konstantem Niveau. "Ausbildung bedeutet auch, sich zu kümmern. Wir wollen qualitativ hochwertige Ausbildung gewährleisten und keine Hilfsarbeitskräfte rekrutieren", betont Aschentrup. Grundsätzlich verfolge Wiltmann das Ziel der Weiterbeschäftigung junger Nachwuchskräfte - zwei Fleischer und ein Industriekaufmann haben jüngst nach Ausbildungsende Anschlussverträge bekommen. Der Verwaltungsleiter weiß aber auch, dass Übernahmen aufgrund langjähriger Betriebszugehörigkeiten und dementsprechend einer geringen Anzahl neu zu besetzender Stellen nur in begrenztem Umfang möglich sind.
Stockmeyer
In Versmolds Nachbarschaft - beim Füchtorfer Unternehmen Stockmeyer - ist der Mangel an Fleischernachwuchs in diesem Jahr besonders stark zu spüren. Erstmals konnten die beiden Lehrstellen in diesem Bereich nicht besetzt werden - weil es an Bewerbern fehlte. Karen Osthues aus der Personalabteilung weiß, dass der Beruf des Fleischers nach wie vor mit Imageproblemen zu kämpfen habe. Selbst aktives Werben um junge Leute habe nicht zum gewünschten Erfolg geführt.
So sind am Freitag bei Stockmeyer nur zehn statt zwölf junge Menschen in ihr Berufsleben als Industriekaufleute, Elektronikerin, Industriemechaniker, Maschinen- und Anlagenführer, Betriebswirt sowie Fachkraft für Lebensmitteltechnik gestartet. Damit arbeiten im Füchtorfer Betrieb aktuell 33 Auszubildende (Mitarbeiter gesamt: 650). Deren Chancen auf Übernahme stehen laut Osthues gut. "Wir bilden für den eigenen Bedarf aus", sagt sie.
Nölke
Drei junge Männer starten beim Fleischwarenhersteller Nölke ins Berufsleben - als Fleischer, Fachkraft für Lebensmitteltechnik und Industriekaufmann. Kapazitäten hätte das Unternehmen an der Ziegeleistraße allerdings noch für zwei bis drei weitere Auszubildende. "Bis zum 1. September nehmen wir auch kurzfristige Bewerbungen noch an", sagt Personalleiter Raimund Wientke. Gesucht werden Fleischer sowie Fachkräfte für Lebensmitteltechnik, denn für diese Berufe seien nur sehr wenige geeignete Bewerbungen eingegangen. Während für letztgenannten Ausbildungsgang die mittlere Reife erforderlich ist, sollten angehende Fleischer über einen Hauptschulabschluss und mathematische Fähigkeiten verfügen. Die Perspektiven seien besonders für Fleischer gut.
Bester Beweis dafür sind die zwei Fleischer und eine Fleischerin, die im Juni bei Nölke ihre Ausbildung beendet haben, und nun als Gesellen im Unternehmen bleiben. Genauso wie die Fachkraft für Lagerlogistik.
Im Bereich Industriekaufleute gibt es bei Nölke keine Nachwuchssorgen. Aus rund 40 Bewerbungen konnte das Unternehmen wählen.
Nagel Group
Im kaufmännischen Bereich wird auch das Gros der neuen Nagel-Mitarbeiter seinen Einsatzbereich haben. 19 Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung, drei duale Studierende und zwei Informatikkaufleute gehören zu den 30 Auszubildenden. Hinzu kommen ein Fachinformatiker, ein Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker, vier Fachlageristen und zwei Berufskraftfahrer "Wir hätten gerne noch fünf oder sechs weitere Kraftfahrer eingestellt", sagt Ausbilderin Caroline Eurlings. Aber weder die Menge an Bewerbungen noch deren Qualität hätten dafür ausgereicht. Das Problem, gute gewerbliche Mitarbeiter zu finden, sei nicht neu. "Wir müssen die potenziellen Bewerber zum Beispiel auf Messen anders ansprechen", sagt sie.
Ulrich Mihatsch, der für die kaufmännischen Auszubildenden zuständig ist, konnte hingegen aus dem Vollen schöpfen. Mindestens 150 Bewerbungen waren bei ihm eingegangen. Insgesamt, so haben beide beobachtet, sei das Einzugsgebiet größer geworden. "Wir haben wenig Leute aus Versmold oder Borgholzhausen, dafür einige aus dem Osnabrücker und Bielefelder Raum", sagt Eurlings.