„Ich kann doch nicht noch mit 90 den Ersten Vorsitzenden machen”, sagt Egbert Sausel im Brustton der Überzeugung. Das ist natürlich ein bisschen übertrieben. Im Februar wird er 78 Jahr alt. Dennoch, bei der heutigen Jahreshauptversammlung der TSG wird er sein Amt abgeben - an Oliver Reiß, Jahrgang 1966. Als Reiß geboren wurde, war Sausel bereits elf Jahre Handball-Obmann des TV Kölkebeck. Sein Engagement in diesem Verein begann noch früher: „1947 war es, da hieß es plötzlich in der Schule, heute Nachmittag alle auf dem Sportplatz treffen”, erinnert er sich. Aus dem wild entschlossenen Haufen sportbegeisterter Jungen, der sich dort einfand, wurde eine erfolgreiche Handball-Mannschaft, die 1954 die Jugendkreismeisterschaft gewann. Mit der Kölkebecker Ersten wurde Sausel in den 50er Jahren drei Mal in Folge Kreispokalsieger. Der Stolz in seiner Stimme ist unüberhörbar, wenn der 77-Jährige von diesen Erfolgen berichtet.
243 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit
Schon im Alter von 19 Jahren wurde er zum Handball-Obmann der TSG gewählt. „Warum die mich ausgesucht haben, das kann ich nicht sagen. „Aber kurz nach der Wahl hat man bemerkt, dass ich ja noch gar nicht volljährig bin. Damals ist Emil Biele aufgestanden und hat gesagt: Ich stehe für ihn gerade”, erinnert sich Sausel. Geradegestanden, das hat Egbert Sausel in all den Jahren für seinen Verein. Für den TV, die TSG, die HSG Halle und schließlich auch die HSG Union ’92 Halle, bei der er noch heute das Amt des Passwartes ausübt. 42 Jahre lang war Sausel Handball-Obmann, seit 1959 ist er Sozialwart seines Vereins und 52 Jahre lang im Vorstand des Handball-Kreises aktiv. Addiert man die Zeiten aller seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten zusammen, so kommt man auf 243 Jahre.
„Das aber ging nur, weil meine Frau Wilma mich in all den Jahren unterstützt hat. Mit ihr habe ich alles besprochen”, sagt Sausel. Dann schweigt er für wenige Sekunden. Auch zehn Jahre nach dem Tod seiner Frau liegt ein Anflug von Traurigkeit in seiner Stimme. Sie war es letztlich auch, die Sausel einst in Kölkebeck gehalten hat. Denn als gelernter Maurer wollte er nach seiner Lehrzeit eigentlich auf Wanderschaft gehen. Der Gedanke aber, dann so lange von Wilma getrennt zu sein, mit der er schon zur Schule gegangen war, die Ungewissheit, ob sie noch da sein würde, wenn er zurückkommt, hielten ihn in Kölkebeck.
»Ich wollte nie Erster Vorsitzender werden«
Wenn er heute das Amt des Ersten Vorsitzenden an Oliver Reiß abtreten wird, dann ist das, so Sausel, „nach der langen Zeit in Ordnung”. Denn eigentlich ist Egbert Sausel keiner, der sich in den Vordergrund drängt. Viel lieber arbeitet er, wie er sagt, in zweiter Reihe anderen zu, hält ihnen den Rücken frei. Genauso, wie er es als Handball-Torwart einst getan hat. „Ich habe immer gesagt, ich mache alles im Verein. Nur Erster Vorsitzender, das will ich nie werden”, sagt Sausel und schmunzelt dabei. Doch das Leben relativierte auch dieses »Nie«. Als vor 16 Jahren der damalige Vorsitzende Helmut Redecker starb, rückte Sausel ins erste Glied, und dort ist er bis heute geblieben.
„Im Schnitt bestimmt eine Stunde täglich”, antwortet Sausel, auf die Frage, wie viel Zeit er etwa für den Verein investiert. „Ich bin da aber auch ganz genau”, schränkt er ein und ergänzt. „Es muss eben alles ordentlich aussehen.” Ab morgen hat Egbert Sausel eine Stunde mehr zur Verfügung. Doch die ist bereits verplant. „Ich werde alle Sachen ordnen, die gesammelten Zeitungsausschnitte aus all den Jahren durchsehen, um ein Vereinsarchiv anzulegen”, erklärt er.
Sein einziger Wunsch: „Gesund bleiben. Noch lange senkrecht, wie ich immer sage”, erklärt Egbert Sausel.
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