Herr Haberkamp, wie fällt Ihre Bilanz des Weihnachts- und Wintergeschäfts für den Versmolder Einzelhandel aus?
MARIO HABERKAMP: So einheitlich ist die gar nicht möglich. In den klassischen Geschenkartikelbranchen wie Schmuck oder Parfüm lief es offenbar gut. Die Textilhändler waren hingegen ein wenig gebeutelt - vor allem, weil ein richtiger Winter bislang ausgeblieben ist.
Wie beurteilen Sie denn die Perspektive für den Standort Versmold?
HABERKAMP: Ich denke, wir haben eine stabile Basis für 2014. Auch wenn die Einzelhändler in einer Kleinstadt es zunehmend schwerer haben, ihre Daseinsberechtigung zu sichern, wird uns das hier gelingen. Trotz der viel beschworenen Konkurrenz.
Worauf spielen Sie da an?
HABERKAMP: Unter anderem wird ja immer über den Onlinehandel gesprochen. Zweifellos macht er uns das Leben schwerer. Aber sein Anteil am Geschäft ist je nach Branche doch sehr unterschiedlich. Neueste Zahlen weisen ihn bei Lebensmitteln mit 0,5 Prozent und bei Drogerie- und Kosmetikartikeln mit 2,5 Prozent aus. Bei Elektronik oder Computern sind es demgegenüber schon 30 Prozent. Aber es ist eben nicht so, dass wir nicht schon vorher externe Mitbewerber hatten.
Inwiefern?
HABERKAMP: Durch den Versandhandel, bei dem bequem per Katalog bestellt wurde. Ein großer Anteil dieses Geschäftes ist mittlerweile in den Online-Bereich abgewandert - aber früher hat er uns das Leben schwer gemacht. Und die immer wieder genannte Fahrt zum Einkauf in die Großstädte ist für uns auch nichts Neues.
Leidet Versmold denn darunter?
HABERKAMP: Für den Einzelhandel vor Ort bedeutet die gewisse Insellage der Stadt schon einen Vorteil. Würden wir nur fünf oder zehn Kilometer von Bielefeld oder Osnabrück entfernt liegen, sähe das schon anders aus.
Welche großen Projekte hat sich die IGEV denn für 2014 auf die Fahnen geschrieben?
HABERKAMP: Da steht das Stadtfestival als wichtigste Veranstaltung natürlich wie immer im Fokus. Mit den zusätzlichen 5000 Euro aus städtischer Förderung wird uns vieles erleichtert. Aber im vergangenen Jahr ist es trotz Kosteneinsparungen gelungen, das Festival noch weiter zu entwickeln.
Plant die IGEV auch neue Ansätze und Projekte?
HABERKAMP: Wir möchten gern noch mehr für unsere Mitglieder tun. Die Idee ist, dass wir zum Beispiel zusätzliche Seminare und Vorträge zu aktuellen Themen anbieten - dieses Konzept muss aber noch konkretisiert werden. Und vieles steht eben auch unter finanziellem Vorbehalt.
Sind die Mittel knapp?
HABERKAMP: Auf jeden Fall. Mit den 160 Euro Jahresbeitrag, die wir von unseren Mitgliedern kassieren, stoßen wir bei ambitionierten Projekten oder kreativen Ideen schnell an Grenzen. Wir müssen gewissenhaft mit den Mitten umgehen und trotzdem etwas auf die Beine stellen. Das ist nicht einfach.
Wie sehr schmerzt vor diesem Hintergrund der angekündigte Abschied des Vorstandsmitgliedes Ines Nagel?
HABERKAMP: Zunächst einmal ist es ganz wichtig, dass Ines uns bis zur Mitgliederversammlung Mitte März weiter unterstützt. Sie bringt sich wirklich enorm ein, gerade im administrativen Bereich. Dafür sind wir unglaublich dankbar. Derzeit sind wir in der Findungsphase, müssen Aufgaben neu verteilen und natürlich auch die Nachfolge regeln. Ich denke aber, dass wir eine gute Lösung präsentieren können.
Um die Innenstadt müssen Sie sich angesichts der zahlreichen positiven Nachrichten der vergangenen Wochen derzeit ja wohl keine Sorgen machen.
HABERKAMP: Einige Leerstände sind nicht nur gefüllt, sondern gut gefüllt worden. Zudem haben sich Geschäfte wie die Parfümerie Reinking, Mega N. H. oder die Buchhandlung Krüger mit dem Umzug auch weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass sich in M1 ein neues Modehaus ansiedelt, das nach langer Pause auch wieder Herrenoberkleidung anbietet. Handel bedeutet Wandel und in Versmold bewegt sich viel.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
HABERKAMP: Ich habe die Situation auch in der Phase der Leerstandsdebatte nie so kritisch gesehen wie andere Akteure. Für eine Stadt dieser Größe hat Versmold ein gutes Einzelhandelsangebot. Und vor allem haben wir engagierte Unternehmer, die sich einbringen und Qualität schaffen. Übrigens: Es sind die Inhaber, die hier etwas voranbringen, nicht unbedingt Filialisten.
In der Ravensberger Straße scheinen die Perspektiven indes weit weniger rosig zu sein.
HABERKAMP: Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass sich für den oberen Bereich der Ravensberger Straße in Richtung Borgholzhausen hochwertige neue Geschäfte finden lassen. Dass Versmold eine Zentralisierung des Einzelhandels guttut, ist ja sogar gutachterlich festgestellt. Dennoch sollte der Ortseingang in diesem Bereich optisch attraktiv bleiben, damit Auswärtige nicht gleich verschreckt werden. Das liegt aber nicht in der Hand der IGEV.
Die CDU hat zum Wahlkampfauftakt angekündigt, ein neues Innenstadtkonzept entwickeln zu wollen, auch die SPD will hier Akzente setzen. Was wünscht sich die IGEV von einer Neugestaltung des Zentrums - sollte der Kirchplatz einbezogen werden?
HABERKAMP: Für uns ist das Thema Kirchplatz nur eines von vielen. Darüber hinaus halten wir uns mit Blick auf politische Debatten gerne zurück. Eines kann ich aber sagen. Was auf jeden Fall bei einer Umgestaltung nicht wegfallen dürfte, sind Parkplätze.
↧