Kein Wunder also, dass Peter August Böckstiegel, Werthers großer Maler und Bildhauer, wie kaum ein anderer auf das Wohl seiner Künstlerfreunde angewiesen war. Hätten sie ihm nicht ab und zu ein Bild abgekauft, wäre es um seine Zukunft und die seiner Familie schlecht bestellt gewesen. Über diese Hintergründe erfuhren die rund 60 Teilnehmer des Schnatgangs gestern beim Besuch der Böckstiegel-Ausstellung im Historischen Museum Bielefeld mehr
Es ist seit langem Tradition, dass die Stadt Werther zu Beginn eines neuen Jahres zum sogenannten »Schnatgang« einlädt. Vertreter aus Rat, Verwaltung und Vereinen treffen sich, um bei einem Spaziergang durch den Ort die neuesten Bauprojekte in Augenschein zu nehmen und dabei zwanglos miteinander ins Gespräch zu kommen. Nur selten unternehmen die Wertheraner dabei einen Abstecher außerhalb der Stadtgrenzen. Doch gestern war es so weit.
Wie berichtet läuft derzeit im Historischen Museum in Bielefeld die viel beachtete Ausstellung »Peter August Böckstiegel und Rudolf Feldmann: eine Künstlerfreundschaft«. Zu sehen sind nicht nur Exponate des Wertheraner Malers und des Bielefelder Gold- und Silberschmieds - künstlerische Werke von Böckstiegel, kunstvoller Schmuck und fein gearbeitete Gefäße, Schalen und Tischbesteck von Feldmann - sondern auch Fotografien aus der Lebenswirklichkeit beider Männer sowie Briefe Böckstiegels an Feldmann, die die Beziehung der Freunde beleuchtet.
Beide schätzten sich sehr, sowohl auf künstlerischer als auch auf menschlicher Ebene. Gegenseitig haben sie ihre Arbeiten gesammelt; der gut situierte Feldmann aus einer Sammelleidenschaft heraus, der weniger solvente Böckstiegel, weil er die Arbeiten Feldmanns sehr mochte. So kam es vor, dass Böckstiegel als Gegenleistung für die Anfertigung eines Porträts Feldmanns von diesem Schmuck für seine Frau und später seine Tochter erhielt.
Eine Vielzahl dieser Objekte, die sonst im Böckstiegel-Haus in Arrode zu sehen sind, sind Teil der Bielefelder Ausstellung, dazu zahlreiche weitere aus Privatbesitz, die noch nie öffentlich gezeigt wurden und vielleicht nie wieder in diesem Umfang öffentlich zu sehen sein werden.
Die Besucher aus Werther ließen sich in zwei Gruppen unter der sachkundigen Führung von Karin Koenemann und Peter Salchow durch die Ausstellung geleiten. Zusammen wäre dies nicht möglich gewesen, zu klein die Räume des Museums und zu groß die Zahl derer, die sich zum Schnatgang angemeldet hatten. „Was mich natürlich sehr freut”, wie Bürgermeisterin Marion Weike betonte. So reichte ein Bus nicht aus; einige Teilnehmer mussten zusätzlich Fahrgemeinschaften bilden und mit dem Wagen nach Bielefeld fahren.
Nach zwei spannenden und informativen Stunden kehrten die Wertheraner schließlich in die Böckstiegelstadt zurück, wo in der Gaststätte Obermann ein kleiner Imbiss auf sie wartete - und Zeit, sich über das Gesehene auszutauschen.
Von Anja Hanneforth
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