Zum ersten Mal gewann eine deutsche Rollstuhl-Tennisspielerin eines der großen Major-Turniere. Es ist ein Erfolg für die Ewigkeit. Ellerbrock schaffte den ersten Grand-Slam-Sieg bei ihrer zweiten Finalteilnahme. Der 6:3, 3:6, 6:1-Erfolg über die Niederländerin Jiske Griffioen ist der größte in ihrer Karriere. Damit rückt sie in der aktuellen Weltrangliste wieder auf Platz zwei vor. Zur Weltspitze, die momentan die Niederländerin Aniek van Koot innehat und die Ellerbrock im Pariser Halbfinale schlug, fehlen ihr nur noch 326 Punkte. So nah war sie der Nummer eins noch nie.
„Als sie den Matchball für sich entschieden hatte, standen uns die Tränen in den Augen”, sagte Vater Hartwig Ellerbrock: „Sie hat klar und verdient gewonnen - und das, obwohl sie die Woche Schulterprobleme hatte und in der Mehrheit von ihrem zweiten Aufschlag leben musste.” Sabine Ellerbrock reagierte auf ihren Titelgewinn nach eigener Aussage „sehr emotional”, vergoss „ungewöhnlich viele Tränen” und widmete den Erfolg einer kürzlich gestorbenen Freundin. „Sie hatte gesagt: ,Spiel für mich!’”
Zurück im Alltag hat Sabine Ellerbrock selbst große Sorgen, die ihr mehr zu schaffen machen, als sie sich über ihren sportlichen Husarenritt freuen kann. Heute muss sie wieder ins Krankenhaus nach Osnabrück. Dort wird die Lehrerin noch einmal neu mit Medikamenten eingestellt. Seit ihrer Operation im Februar hat die 37-Jährige wieder Schmerzen, weil ihre Krankheit, der Morbus Sudeck, erneut ausgebrochen ist. Dazu kommt der berufliche Stress. „Ich hatte meine Klausuren mit in Paris, ansonsten würde ich zurzeit mein Pensum nicht schaffen”, gesteht Ellerbrock. Überdies hatte sie bei ihren Reisen mit Unwägbarkeiten zu kämpfen. Als sie am vorvergangenen Wochenende vom Turnier aus Japan zurückkehrte, fehlte am Transportband ihr Sportrollstuhl. „Die hatten den Flughafen Münster mit München verwechselt”, erzählt Vater Ellerbrock.
Aus diesem Grund reiste Tochter Sabine erst am Dienstagabend nach Paris und musste am Mittwoch ohne Training gegen die Deutsche Katharina Krüger antreten. Unter diesen Voraussetzungen ein großes Turnier zu gewinnen, grenzt schon an ein Wunder. „Beim Tennis empfinde ich nie negativen Stress”, sagt Sabine Ellerbrock. „Der Sport richtet sie auf”, ergänzt ihr Vater.
Glückwünsche vom DTB kommen nicht gut an
Gar nicht gut hingegen kommen die Glückwünsche von Karl-Georg Altenburg, Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), im Hause Ellerbrock an. Der sagte: „Ihre Entwicklung zu einer der weltbesten Rollstuhltennis-Spielerinnen verfolge ich seit einigen Jahren mit großer Spannung. Nicht nur durch diesen Sieg, sondern auch durch ihren Ehrgeiz und ihr außerordentliches Engagement neben dem Platz ist sie ein wunderbares Aushängeschild für das deutsche und das internationale Rollstuhltennis.” Diese Sätze empfindet Hartwig Ellerbrock als leere Phrasen: „Darüber kann ich nur müde lächeln. Die Realität sieht nämlich anders aus. Ich hatte nicht den Eindruck, dass dort jemand intensiv Anteil an Sabine nimmt.”
Wie soll es nun weitergehen? Beruflich strebt Sabine Ellerbrock im Sommer die Verbeamtung an. Sportlich möchte die Bielefelderin, die für den TC Herford startet, die Nummer 1 in der Welt werden. Gesundheitlich lässt sich momentan nur sagen, dass sie diese Woche keinen Tennisschläger mehr in die Hand nimmt, weil es die Schmerzen und ihre lädierte Schulter nicht zulassen. Gute Besserung.
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