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Artisten auf Torejagd

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Als die Steinmeier-Zwillinge in den 80er-Jahren durch den Gewinn des Weltmeistertitels deutschlandweit bekannt wurden, waren Mario Krebs, Björn Molitor, Timo Grassl und Cedric Kindermann noch lange nicht geboren. Dass ihr exotisches Hobby in der öffentlichen Wahrnehmung heutzutage kaum noch eine Rolle spielt, stört die vier Nachwuchsradballer der Spvg. Steinhagen aber wenig. In der Sporthalle der Grundschule fanden sie jetzt eine Bühne, um ihr Können zu demonstrieren.   Der einzige Heimspieltag in der gesamten Saison in der U 15- NRW-Liga war aus Sicht des Gastgebers ein voller Erfolg. Vor zahlreichen Zuschauern erhielt die erste Mannschaft mit Krebs und Molitor dank eines 3:1-Auftaktsieges über Spitzenreiter RSV Münster ihre Chance auf die Qualifikation zur Endrunde um die NRW-Meisterschaft. Die »Zweite« mit Grassl und Kindermann zeigte im Vergleich zu den vergangenen Spieltagen eine deutliche Steigerung und trotzte ausgerechnet der eigenen ersten Mannschaft im letzten Spiel des Tages ein 3:3-Unentschieden ab. „Sensationell” findet Trainer Michael Krebs die Leistungen seiner Schützlinge, denn für beide Teams ist es die erste Saison im offiziellen Spielbetrieb. Das Prinzip beim Radball ist dasselbe und so einfach wie in vielen anderen Mannschaftssportarten: Das Runde muss ins Eckige. Wesentlich erschwert wird die Sache allerdings dadurch, dass neben Grundlagen wie Kondition, Taktik und Ballgefühl vor allem die Beherrschung des Fortbewegungsmittels erlernt sein will, das zugleich zur Beförderung des Spielgerätes dient. Den Ball mit Hilfe des Vorderrades im Tor unterzubringen, ihn abzuwehren oder einfach nur zum Nebenmann zu passen, stellt höchste Anforderungen an Koordination und Körpergefühl und gleicht oft einer artistischen Übung. „Mit dem ersten Erfolg ist man sofort infiziert” „Mindestens ein Jahr Training”, so erläutert Michael Krebs, sei deshalb erforderlich, um das nötige Rüstzeug für den ersten Wettkampf zu erwerben. Da ist viel Geduld gefragt - und Idealismus. Der Trainer weiß aus eigener Erfahrung, dass seine Jungs bei Freunden und Mitschülern oft ungläubige Blicke ernten, wenn sie von ihrem ungewöhnlichen Hobby berichten, das nicht im Ansatz eine Popularität wie etwa König Fußball genießt. „Am Anfang ist es mühselig. Aber mit dem ersten Erfolgserlebnis ist man sofort infiziert”, weiß Michael Krebs, der selbst seit Kindheitstagen Radball spielt. Die beharrliche Nachwuchsarbeit der Steinhagener in den vergangenen Jahren hat sich ausgezahlt. Während viele Vereine in der Umgebung ihren Spielbetrieb einstellen mussten, steht die kleinste Abteilung der Sportvereinigung mit insgesamt 16 Aktiven vergleichsweise gut da. Drei Herren-Mannschaften starten aktuell in der Landesliga. Weitere Talente sind jederzeit willkommen. Zehn Jahre, so empfiehlt Michael Krebs, seien das ideale Einstiegsalter für Mädchen und Jungen. Vor kurzem hat der Verein erstmals ein kleineres, kindgerechtes Rad angeschafft. Nicht ganz ausgeschlossen also, dass eines Tages ein Radball-Duo aus Steinhagen die Sportart wieder einmal von ihrem Schattendasein erlöst und in den Mittelpunkt des bundesweiten Interesses rückt. (Christian Helmig)

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