Von Anja Hanneforth
Werther.
Warum? Eine Frage, die wohl nie beantwortet wird und die den plötzlichen Tod von Ursula und Dieter Rosse umso unfassbarer, schmerzlicher und sinnloser erscheinen lässt. Das Ehepaar, von ganz vielen Menschen in Werther geliebt und wertgeschätzt, kam im März bei einem tragischen Flugzeugabsturz in den Alpen ums Leben. Mehr als 150 Trauergäste nahmen gestern in einem würdevollen Gottesdienst Abschied.Familie, Freunde, Bekannte, Weggefährten, Vertreter der Stadt, der Parteien, der Kirchengemeinde, der Kindergärten, des Kinderfonds, des Heimatvereins, der Freiwilligen Feuerwehr und viele mehr - die Friedhofskapelle war voll besetzt, was dokumentierte, wie sehr Ursula und Dieter Rosse in der Stadt geachtet und gemocht wurden. "Es waren so reizende, warmherzige Menschen. Dass sie auf diese Weise zu Tode kommen mussten, kann man nicht begreifen", sagte ein Trauergast und sprach aus, was seit dem 24. März wohl viele Bürger dachten.
An diesem Wintertag verließ das Ehepaar Spanien, wo es den Bruder von Ursula Rosse besucht hatte, und stieg in ein Flugzeug, von dem niemand jemals geahnt hätte, dass es nie in Düsseldorf ankommen sollte. Weil der Kopilot der Maschine sein Flugzeug offenbar absichtlich über den Alpen zum Absturz brachte.
"Der Schock und die tiefe Traurigkeit sind seitdem nicht gewichen", sprach Pastor Holger Hanke auf die schweren drei Monate an, die hinter den Angehörigen liegen. Jetzt endlich haben sie einen Ort, an dem sie Abschied nehmen können.
Hanke fand die richtigen Worte, die trösteten und halfen, das Unvorstellbare vielleicht nicht zu verstehen, aber doch zu überwinden. Denn Ursula und Dieter Rosse sind gestorben, nicht, weil sie alt oder krank waren, sondern weil jemand ihnen völlig Unbekannter sie mit in den Tod gerissen hat.
"Doch wenn alles um uns herum zerbricht, fängt Gott uns auf", sagte Hanke. Der Mensch könne nicht tiefer fallen als in Gottes Hand, richtete er sich an die Trauernden, von denen viele weinten und sich gegenseitig zu stützen versuchten. Ihnen sprach Hanke Mut zu und wünschte ihnen die Stärke, wieder Vertrauen zum Leben zu fassen, "denn es ist ein Geschenk, auch bei den schwersten Katastrophen das Vertrauen ins Leben nicht zu verlieren".
Ohne Vertrauen, so Hanke weiter, könne das Leben nicht gelingen. Man könne sich nicht gegen alle Eventualitäten absichern, und Misstrauen sei kein guter Ratgeber. Dies dürfe nicht zur Grundmelodie des Lebens werden, selbst, wenn es immer wieder Menschen geben werde, die sich nicht an die Spielregeln halten würden.
"Vielleicht ist das der Grund, warum wir alle so erschüttert über dieses Unglück sind", so Hanke. Weil es da einen Piloten gab, der das Grundvertrauen der Passagiere missbraucht und 150 Menschen mit sich in den Tod genommen habe. "Mag die Tat des Piloten die unendliche Tiefe sein, in die die Psyche eines Menschen fallen kann", fand auch Hanke keine andere Erklärung.
Und sprach sich doch für das Leben und für das Vertrauen aus. Zig Tausend stiegen täglich ins Flugzeug und wüssten manchmal nicht, wie dünn das Eis unter ihren Füßen ist. "Aber niemand will und kann dauerhaft in Angst leben." Ursula und Dieter Rosse seien gern unterwegs gewesen und viel gereist, "es war für sie ein Stück Lebensqualität", beschrieb Hanke.
Er schilderte noch einmal ihren Werdegang: sie über 30 Jahre lang Erzieherin in der Kita Nazareth, bei der Kinderbibelwoche aktiv, beim Krippenspiel und als Vorlesepatin, dazu Leiterin des Mini-Chors, er von Beruf Fluglotse und bei der Deutschen Flugsicherung tätig, CDU-Ratsherr, stellvertretender Bürgermeister, Mitbegründer des Wertheraner Kinderfonds, engagiert bei Feuerwehr und Heimatverein. Sie kannten sich seit 30 Jahren, lebten lange in anderen Beziehungen, zogen 1998 in Werther zusammen, heirateten 2004.
"Sowohl Ursula als auch Dieter Rosse waren fröhliche Menschen, die gern lachten und sich wunderbar ergänzten", beschrieb Hanke. "Beide hatten noch viele Pläne, bis sie dieses Unglück mitten aus dem Leben riss. Bei vielen Menschen in Werther und darüber hinaus hinterlassen sie eine große Lücke."
Vor der Trauerfeier in der Friedhofskapelle trugen sich viele Bürger in das Kondolenzbuch ein, im Anschluss erwiesen sie Ursula und Dieter Rosse in einem langen Trauerzug das letzte Geleit. Hanke sprach es aus: "Wir werden sie nicht vergessen."