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Zwei Straßen, eine Gemeinschaft

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Von Frank Jasper Steinhagen-Brockhagen. Eine ganze Siedlung feiert Geburtstag. Seit 50 Jahren stehen die 25 Häuser an der Hauptmannstraße und der Freiligrahtstraße in Brockhagen. Errichtet wurden sie im Anschluss an die Abendt-Siedlung für Vertriebene, die hier eine neue Heimat fanden. Darunter viele Schlesier. Bis heute herrscht unter den Nachbarn ein besonderes Miteinander. Das schätzen auch die Jungen: "Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nach wie vor da. Man hilft sich untereinander", sagt der 24-jährige Robin Wiggers, der das Haus von seinen Großeltern übernommen hat. Auch wenn in den vergangenen 50 Jahren Veränderungen an den Gebäuden vorgenommen wurden - sie ähneln sich bis heute stark. "Die 25 Zweifamilienhäuser waren damals absolut baugleich", berichtet Roland Lösekrug, wie Wiggers stolzer Bewohner der Siedlung. "Wenn man an einem Haus ein Fenster rausnimmt, kann man es drei Häuser weiter wieder einbauen." Damals sei das Projekt eine kleine Sensation gewesen. Für 87 600 D-Mark konnte ein Haus gekauft werden. Allerdings mussten die die Neu-Brockhagener beim Bau mit anpacken. "Ich weiß, dass mein Vater die Treppe selber gemauert hat", erzählt Roland Lösekrug und fügt schmunzelnd eine Anekdote hinzu: "Meine Mutter hat den Schacht für die Garage ausgebuddelt. Weil sie einen Meter zu weit gegraben hatte, war unsere Garage später länger als die anderen." Das Richtfest für die 50 Wohnungen wurde im November 1964 gemeinsam gefeiert. »Dieser Tag bleibt für immer ein Markstein in der Geschichte der Gemeinde«, schrieb das Haller Kreisblatt damals und unterstrich mit diesen pathetischen Worten den sozialpolitischen Charakter des Bauprojekts. Die Planungen für die neue Siedlung lagen in den Händen des Architekturbüros Huxohl aus Halle. Bauträger war damals die Außenstelle Bielefeld der Treufinanz. Um in den Genuss eines Eigenheims in Brockhagen zu kommen, mussten sich die Interessenten für die Häuser bewerben. Darunter waren eben auch Christel und Heinz Lösekrug, die aus Breslau stammten und auf die das Los fiel.

Zu jedem Haus gehört ein großer Garten

Jedes Grundstück ist 800 Quadratmeter groß. Die Wohnfläche pro Haus beträgt 128 Quadratmeter. Im Erdgeschoss liegt eine Fünfzimmerwohnung mit Bad und Küche, zusammen 74 Quadratmeter. Dazu kommt eine Einliegerwohnung mit drei Zimmern, Bad und Küche von 54 Qua-dratmetern. Zu jedem Haus gehört ein großer Garten. "Das Konzept sah vor, dass die Bewohner Obst und Gemüse anbauten und so als Selbstversorger auftraten", berichtet Roland Lösekrug. Nachdem sein Vater gestorben war, übernahm er das Haus. Historische Fotos belegen, dass es trotz des Selbstversorgerprinzips einen kleinen Laden an der Hauptmannstraße gab, in dem die Bewohner der Siedlung einkauften. "1978 musste das Geschäft von Dieter Brenmöhl schließen. Dann zog eine Fahrschule ein, heute ist hier eine Wohnung", weiß Roland Lösekrug. Von den Familien, die damals in die Hauptmannstraße und die Freiligrathstraße zogen, leben bis heute zehn in der Siedlung. Der Rest hat sein Wohneigentum verkauft. "Das Miteinander funktioniert aber bis heute. Die Jüngeren haben sich gut integriert. Es ist fast wie früher", sagt Roland Lösekrug.

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