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Jedes Kind lernt anders

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Kinder mit sogenannten Teilleistungsschwächen, zum Beispiel ADHS oder Lese-Rechtschreib-Schwäche, wurden an der Versmolder Grundschule schon immer mitunterrichtet. Der Aktionsplan der Landesregierung »Eine Gesellschaft für alle - NRW inklusiv« sieht nun aber vor, dass Kinder, die zuvor auf eine Förderschule, zum Beispiel für »soziale und emotionale Entwicklung«, gegangen wären, ein Anrecht haben, an einer Regelschule unterrichtet zu werden. „Man bemerkt schon im zweiten Schuljahr bei den Förderkindern erhebliche Verbesserungen”, sagt Verena Brauer. Sie ist die erste Sonderpädagogin an der Sonnenschule und unterstützt die Lehrer der GU-Klassen. „Und zwar bei allen Kindern!”, ergänzt ihre Kollegin Christin Hagenkötter. In der Klasse 1 orange werden sechs und in der 2 c vier Kinder mit Sonderförderbedarf gemeinsam mit knapp zwanzig weiteren Jungen und Mädchen beschult. Dazu gehören solche mit sozialen Defiziten genauso wie Kinder, die in der geistigen Entwicklung hinterherhängen. Die beiden Pädagogen widersprechen dabei vehement herrschenden Vorurteilen, die behaupten, die langsamer lernenden Kinder könnten ihre schnelleren Mitschüler bremsen oder ablenken. „Die Kinder arbeiten sowieso meist an unterschiedlichen Themen”, sagt Hagenkötter. Zwar sei in den Unterrichtseinheiten das Oberthema vorgegeben, innerhalb dessen beschäftigten sich aber alle Kinde mit unterschiedlichen Zielen - unabhängig davon, ob sie Förderkinder seien oder nicht. „Bei manchen Schülern macht es einfach mehr Sinn, ihnen etwas zu zeigen und sie machen es nach”, erklärt Brauer. „Und andere entdecken es selbst.” Anstatt, dass extrovertierte Kinder mit emotionalen Defiziten die Klasse durcheinanderbrächten, sei es nach nach Erfahrung der Sonderpädagogin eher der Fall, dass die ruhigen Klassenverbände beruhigend auf die lebhaften Kinder wirken. Dank der zusätzlichen Betreuung in der Klasse könne bei Problemen entsprechend reagiert werden. Auch die Schüler selbst werden bewusst in die Inklusionsarbeit einbezogen. „Wir haben ein Helfersystem, so wirken die Mitschüler gleich als positive Vorbilder”, erklärt Verena Brauer weiter. „Es ist schon selbstverständlich: Ich bin fertig, wo kann ich helfen?” Natürlich seien die Erfolge das Ergebnis von intensiver Betreuung und verursachten zusätzliche Kosten. Besonders Schulleiterin Kaumkötter betont, dass die entsprechende Ausstattung sowohl personell als auch räumlich grundlegend sei. „Gegenwärtig haben beide GU-Klassen einen zusätzlichen Raum”, sagt sie. Der Raum dient dazu, Schüler - wenn nötig - vom Klassenverband zu trennen und Probleme besprechen zu können. Inklusion hat auch ihre Grenzen Wenn nach den Sommerferien aber die dritte GU-Klasse startet, stoßen die Kapazitäten bereits an ihre Grenzen. Man sei allerdings schon mit dem Schulträger im Gespräch, um die entsprechenden Räume zu schaffen. Ob das allerdings auch bauliche Veränderungen mit sich bringe, sei noch unklar. Auch die fällige Unterstützung für Verena Brauer verursacht Kosten. „Eine weitere Sonderpädagogen-Stelle ist bereits ausgeschrieben”, sagt Kaumkötter. Jedes Jahr wird nun an der Sonnenschule eine weitere GU-Klasse hinzukommen. Fernziel ist, dass Gemeinsamer Unterricht in allen Klassen stattfindet. Trotzdem sind sich die drei Pädagoginnen einig darüber, wo die Grenzen des Inklusionskonzeptes liegen. „Für einige Kinder macht eine Förderschule weiterhin Sinn”, sagt Rektorin Kaumkötter. Und Verena Brauer ergänzt: „Manche Schüler fühlen sich in der kleineren Förderschule wohler. Außerdem haben die dortigen Lehrkräfte natürlich in manchen Bereichen mehr Fachkompetenz.” Inklusion ist aber keine Neuerung, die ausschließlich für Grundschulen relevant ist. Auch die weiterführenden Schulen müssen sich längerfristig auf die neuen Anforderungen einstellen. „Wir stehen bereits mit Klaus Blenk von der geplanten Sekundarschule in Kontakt”, sagt Kaumkötter. Dass die inklusive Beschulung allerdings mit der ersten Klasse beginne, sei für sie die natürliche Entwicklung: „Die Grundschulen hatten bei solchen Dingen schon immer ein hohes Innovationspotenzial.”

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