Von Ekkehard Hufendiek
Werther. Die Hochwasserschutzmaßnahme hat schon jetzt viel aufgestaut: nämlich Wut. Uwe Gehring nimmt deshalb kein Blatt vor den Mund: "So ein idiotisches Projekt", sagt er. Das Ratsmitglied von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) ist stinksauer. Für ihn ist das derzeit größte Bauprojekt in Werther völlig überflüssig.
"Das kann man einem normalen Menschen gar nicht vermitteln, so blöd ist das", sagt Gehring. Rund 800 000 Euro fließen in das Projekt. Für Uwe Gehring sind das 800 000 zu viel. Und das, obwohl das Land NRW 80 Prozent der Kosten trägt. Es handele sich schließlich immer noch um zirka 200 000 Euro aus der Stadtkasse, also um Steuergelder, ärgert sich Gehring. Der aufgestauten Wut machte er jetzt bei einem Pressetermin vor Ort Luft: "Es ist für uns Realitätsbewältigung."
Fraktionskollegin Heike Wäger vergleicht die Konstruktion größenmäßig gar mit der Möhnetalsperre. Der Bau überspannt die Fläche zweier Fußballfelder. Ein Mindener Bauunternehmen arbeitet derzeit an der Fertigstellung. Dessen Maschinen brummen - ziemlich verborgen vor den Augen der Bürger - in der Nähe der Teutoburger Straße oberhalb des Schwarzbaches an einer Waldkante.
Bodenaushub, Wallaufschüttungen und Planierarbeiten werden mit einem Kettenbagger und einem Radlader vorgenommen. Die hohe Außenmauer am tiefsten Punkt des Beckens wird eingeschalt, mit Eisen bewehrt und über einen Baukran mit Material versorgt.
"Schauen Sie sich mal an, wie viel Wasser im Vergleich dazu durch den Schwarzbach tröpfelt", sagt Uwe Gehring und schüttelt mit dem Kopf. Zum Ortstermin brachte er eine selbst erstellte Karte Werthers mit. Die zeigt in DIN-A-4-Größe den Einflussbereich des Wassers in Werther in den Farben Rot, Lila und Blau. Dabei spielt ausgerechnet die blaue Fläche die kleinste Rolle: Aus der mündet künftig das Hochwasser des Schwarzbaches in die Hochwasserbecken.
Die Entscheidung der Wertheraner Politiker sei zu schnell gefallen, bemängelt die UWG. Im Topf für den Hochwasserschutz sei wohl zu viel Geld gewesen. Daraufhin habe der Rat der Böckstiegelstadt gehandelt nach dem Motto: "Jetzt schnell noch einen Antrag stellen", sagt Gehring.
Dabei sei die Angst vor einer verheerenden Überflutung wie der nach dem Jahrhundertsturm Kyrill aus dem Jahr 2007 unbegründet. Damals hatte das Orkantief in Werther rund um die Bielefelder Straße Keller unter Wasser gesetzt.
Doch die Regenmassen aus dem Schwarzbach waren unschuldig. "Ein Gitter vor einem Kanal war verstopft", sagt Gehring - mehr nicht. Das Problem habe man recht einfach gelöst: durch einen Gitterkäfig vor dem Kanal. Nun können Äste, Müll und Ähnliches keine derart verstopfende Wirkung mehr entfalten. Der Antrag der UWG, den Schwarzbach bei Hochwasser durch mehrere Auebereiche zusätzlich zu entschärfen, sei hingegen untergegangen.
Die Baumaßnahme zum Hochwasserschutz sei fragwürdig, sagt Gehring. Zumindest in dieser Dimension. Kyrill sei ein sogenanntes 100-jähriges Ereignis gewesen. Geschützt werde Werther vor einem 5000-jährigen Hochwasserereignis. Das entspreche dem Reglement für den Bau von Hochwasserschutzanlagen, welches Gehring grundsätzlich für nicht sehr glücklich hält. Fest steht: Vor dem Gerinnsel aus dem Schwarzbach muss sich künftig kein Wertheraner mehr ängstigen.
↧