Von Ekkehard Hufendiek
Steinhagen-Patthorst. Die Volksheilkunde weiß es seit langem: Schöllkraut hilft gegen Warzen - warum, weiß allerdings niemand. "Da muss wohl etwas dran sein", glaubt auch Matthias Glatfeld. Der Diplom-Biologe mit dem Schwerpunkt Botanik führt 30 Wanderer durch eines der schönsten Naturschutzgebiete im Raum Gütersloh: Den Auebereich des Fodden- und Landbaches. Dabei stellt er die Besonderheiten einiger Pflanzen vor.
Glatfeld riss einen Stengel des häufig vorkommenden Schöllkrautes ab und drückte am offenen Ende gelben Milchsaft heraus. Den müsse man mehrmals am Tag auf die Warze tupfen, sagte er. Ob ein Placeboeffekt, oder einige der ätzenden Inhaltsstoffe die Heilwirkung hervorrufen, ließ Glatfeld indes unbeantwortet. Der Schöllkrautsaft scheine jedenfalls die Viren abzutöten, die für die Warzen verantwortlich seien.
Anschließend macht Glatfeld die Wanderer auf zwei der Problemarten aufmerksam, die in der Patthorst vorkommen: Die spätblühende Traubenkirsche und das indische Springkraut. Erstere verdränge als Kleinbaum viele heimische Baumarten, das Springkraut tue das Gleiche und verdränge heimische Wiesenpflanzen. Ein weiteres Problem sei der erhöhte Stickstoffeintrag aus der Luft. Eine Folge davon sehe man in der starken Ausbreitung der Brombeere, sagte Glatfeld weiter.
Nach der ersten Station am gelbblühenden Schöllkraut führte er anschließend seine 30 interessierten Wanderer weg von den nährstoffreichen Gebieten, hin zu einer offenen Wiesenlandschaft. Kurz vor einem Teilstück des Foddenbaches machte die Gesellschaft erneut Halt. Hier öffnete sich der Blick über eine große Lichtung mit einer ausgedehnten Wiesengraspopulation. An deren Ende schlängelt sich der Foddenbach durch die Landschaft.
Der malerisch mäandrierende Bach war einer der Gründe, warum 2004 rund 93 Hektar Fläche zwischen Amshausen und Brockhagen unter besonderen Schutz gestellt wurden. Das besonders reizvolle Zentrum des Schutzgebietes, das sich durch das Waldgebiet der Patthorst erstreckt, bietet für Wanderer reichlich Stoff zum Staunen "Es ist eines der schönsten Waldgebiete im Kreis", sagt Glatfeld.
Er zeigte über die ausgedehnte Feuchtwiese. Hier dürfen die Landwirte nur wenig düngen und nur zwei- bis dreimal im Jahr mähen. Dadurch bekommen die Pflanzen bis Anfang Juni, dem Zeitpunkt der ersten Mahd, genug Zeit auszureifen. Für diesen Verzicht bekomme ein Landwirt vom Land zwischen 500 und 600 Euro pro Hektar Ausgleichszahlung. "Hochleistungsmilchkühe fressen das daraus gewonnene Heu aber gar nicht mehr", sagte der Biologe. Für die Natur sei es katastrophal, dass viele Landwirte deswegen kaum noch extensiv bewirtschaften. Sie haben in eine intensive Bewirtschaftung investiert. Aufgrund der Vorleistung gebe es für die Bauern anschließend kaum einen Weg zurück. "Es ist ein Intensivierungszwang", beklagte Glatfeld.
Zudem bemängelte er das, was man heute in vielen Privatgärten sehe: steinerne Vorgartenwüsten. Dieser sterile Gartentrend breite sich aus und setze sich mittlerweile auch bei Gartenflächen hinter dem Haus fort.
Glatfeld pflückte den kriechenden Günsel aus der Wiese. Die blaublühende Pflanze treibe zu vier Seiten oberirdische Ausläufer. Das sei neben der Fernausbreitung über Samen eine Fortpflanzungsstrategie bei Pflanzen, die einen geeigneten Standort für ihre Art gefunden haben. Ein weiterer interessanter Bewohner der Wiese sei das wohlriechende Ruchgras. Das darin enthaltene Cumarin sei für den typischen Heu und Waldmeistergeruch verantwortlich.
Am Foddenbach stieß Glatfeld auf eine häufig anzutreffende Pflanze: Das bittere Schaumkraut ist verwandt mit dem fast überall vorkommenden Wiesenschaumkraut. Doch im Gegensatz dazu braucht der kleine Bruder einen halbschattigen Standort. Durch den hohen Vitamin-C-Gehalt war die Pflanze ein Heilmittel gegen Skorbut, Warzen konnte sie indes nicht wegätzen.