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Ja zum gemeinsamen Lernen, aber ...

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Werther (kei). Sollen alle Kinder mit Einschränkungen oder Behinderungen im Grundschulverbund der Grundschule Werther-Langenheide beschult werden? Der Ausschuss für Soziales, Schule, Kultur und Sport tat sich am Montagabend schwer mit dieser Frage. Auf der Tagesordnung stand die Abstimmung zum Thema »Einrichtung des Gemeinsamen Lernens an der Grundschule Werther-Langenheide«. Zu einem Votum kam es letztlich nicht. Vielmehr zog die Verwaltung ihren Beschlussvorschlag zurück und wird ihn in überarbeiteter Form in der nächsten Ausschusssitzung vorlegen.
In Arndt Geist, seit November 2014 als Schulrat unter anderem für die Altkreisgemeinden zuständig, hatte sich der Ausschuss Kompetenz an den Verhandlungstisch geladen. An einer Grundsatzdiskussion zum Thema Inklusion wolle er sich auf keinen Fall beteiligen, stellte Geist eingangs seiner Ausführungen fest. Deutlich formulierte er jedoch sein Ziel, dass alle Schüler in der Stadt Werther zur Schule gehen könnten. Auf der Landkarte des Bereichs im Kreis Gütersloh, für den er zuständig sei, bildeten Borgholzhausen und Werther hinsichtlich der Einrichtung von Standorten des »Gemeinsamen Lernens« weiße Flecken. "Das lag einfach daran, dass bisher Sonderpädagogen für die beiden Orte fehlten", so Arndt Geist. Jetzt jedoch verfüge man an der Grundschule Werther-Langenheide über eine Sonderpädagogin und habe in Jens Gadow zudem einen Schulleiter, der von einer Förderschule komme und entsprechende Erfahrung mitbringe. "Wir haben hier günstige Rahmenbedingungen und das Kollegium hat sich bereits Richtung Inklusion auf den Weg gemacht", plädierte der Schulrat für die Zustimmung zur Einrichtung des »Gemeinsamen Lernens«. Er wolle keinen Druck in die Entscheidungsfindung hineinbringen, weise aber darauf hin, dass angesichts der Knappheit an Sonderpädagogen die Lehrkraft, die seit Februar in Werther unterrichte, vermutlich wieder abgezogen werde, wenn sich Politik gegen die Inklusion im örtlichen Grundschulverbund ausspräche. Schulleiter Jens Gadow pflichtete dem Schulrat im Wesentlichen bei. "Ohnehin werden auch Kinder mit Förderbedarf schon seit Jahren in Werther beschult", berichtete er. Derzeit besuche ein Kind mit Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung eine vierte Klasse, zudem gebe es ein Kind mit Bedarf in der körperlichen und motorischen Entwicklung und bei zwei weiteren Kindern sei der Förderbedarf erkennbar, aber es fehle noch der offizielle Bescheid darüber.

Es gibt auch kritische Stimmen

Gadow machte trotz grundsätzlicher Zustimmung im Kollegium aber auch deutlich, dass es kritische Stimmen gebe. Bei geäußerter Unzufriedenheit und Sorge gehe es vor allem um die Menge an Ressourcen, die Regelschulen für die Bewältigung der neuen Aufgaben im Bereich Inklusion zur Verfügung gestellt würden. Dennoch plädierte er angesichts der zurzeit günstigen Rahmenbedingungen dafür, "nun so schnell wie möglich anzufangen". Dafür jedoch bedarf es der Zustimmung der Stadt als Schulträger. Die Politik signalisierte im Grundsatz durch die Bank ihr Ja zum »Gemeinsamen Lernen«. Die CDU hinterfragte in der Diskussion jedoch mehrfach die auf die Stadt zukommenden Kosten. Arndt Geist hatte die in seinen Ausführungen mit null angegeben. "Aber was ist mit baulichen Veränderungen, die da eventuell nötig würden?", so Christdemokrat Karl-Hermann Grohnert. Die seien in den Bereichen, auf die sich die Förderschwerpunkte bezögen, zunächst ja kein Thema, hieß es von Seiten der Verwaltung. Und damit war in der Diskussion nun ein völlig neues Fass geöffnet. Denn nun wurde die Formulierung im Beschlussvorschlag heftig diskutiert. "Die Zustimmung des Schulträgers wird begrenzt auf die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung", steht da. Das ging vielen Politikern nicht weit genug, denn schließlich habe man bisher ja von der Beschulung aller Kinder in Werther gesprochen. Andere taten sich schwer damit, eine umfassendere Formulierung zu verabschieden, ohne damit verbundene rechtliche Folgen genau abschätzen zu können. Bürgermeisterin Marion Weike stellte daraufhin den Antrag auf Rücknahme des Beschlussvorschlages. Bis zur nächsten Ausschusssitzung noch vor den Sommerferien will die Verwaltung alle noch offenen Fragen geklärt haben

KOMMENTAR

Gemeinsames Lernen an der Grundschule

Das Ringen um Worte

VON KERSTIN SPIEKER Eine Grundsatzdiskussion zum Thema Inklusion lehne er ab, sagte Schulrat Arndt Geist im Sozialausschuss. Die wollte dort auch niemand erkennbar führen. Dennoch sind unmissverständliche Formulierungen erforderlich, wenn man über ein so tiefgreifendes Thema wie gemeinsames Lernen befinden soll. Das Ringen um klare Worte ist quasi Sinnbild für das Ringen um eine vertretbare Haltung. Dabei geht es nicht um eine Inklusionsdiskussion, sondern darum, was eine Gemeinde einerseits will und sich andererseits zutrauen kann.

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