Von Andreas Großpietsch
Borgholzhausen.
Morgens halb zehn auf dem Hof von Rainer Niedermeyer an der Brinkstraße: Gemütlich kauend schauen die Rinder aus dem Stall auf den Hof, ein Tankwagen holt gerade die frische Milch ab - so weit, so normal. Doch Landwirtschaft bringt Niedermeyer nur noch die Hälfte der Erträge. Zusammen mit seinem Berufskollegen Dieter Vahrenbrink hat er 2010 die Biogas Berghausen GmbH & Co. KG gegründet. Innerhalb weniger Jahre sind die beiden Landwirte zu Energiewirten geworden - und haben dabei viele neue Wege beschritten.Einer dieser Wege betrifft ihre Zusammenarbeit. Gute Nachbarschaft ist für die meisten Landwirte eine Selbstverständlichkeit, die Gründung einer gemeinsamen Firma dagegen eine ziemliche Ausnahme. Dass sie über den richtigen Weg diskutieren und dabei auch Konflikte lösen müssen, räumen auch die beiden Energiewirte gerne ein, doch: "Wichtig ist, dass man dasselbe Ziel hat und nicht nachtragend ist," sagt Rainer Niedermeyer und "gegenseitig aufrechnen bringt nichts", stimmt ihm Dieter Vahrenbrink zu.
Diese Herangehensweise war sicher sehr hilfreich beim Aufbau einer Firma wie der Biogas Berghausen GmbH. Denn der Wille, aus Gülle und Energiepflanzen Gas zu gewinnen, ist nur der Ausgangspunkt für die Entwicklung eines solchen Unternehmens. Auf dem Weg zum Ziel war eine Vielzahl unternehmerischer Entscheidungen zu treffen und die Planung den tatsächlichen Gegebenheiten immer wieder anzupassen.
Das fing schon bei der Größe der Anlage an. Anfangs war sie konzipiert für eine Gasproduktion, die 250 Kilowattstunden Strom pro Stunde entspricht. Rasch zeigte sich, dass sie für einen wirtschaftlichen Betrieb schon doppelt so groß sein muss und derzeit wird gerade das dritte Blockheizkraftwerk errichtet, die Leistung bei Volllast liegt damit bei 750 Kilowattstunden. "Damit haben wir noch mehr Wärme übrig", sagt Rainer Niedermeyer. Denn bei der Verbrennung des Gases in großen Motoren fällt Wärme in großer Menge an, die im ungünstigsten Fall ungenutzt in die Umwelt geblasen werden muss. In Berghausen, das rund um den Hof Niedermeyer für eine ländlich geprägte Region recht dicht besiedelt ist, hat man sich anders entschieden. Dort werden 15 Wohngebäude und ein großer Sauenstall allein mit der Energie geheizt, die Techniker wenig freundlich als Abwärme bezeichnen.
Rund zwei Kilometer lang ist das Nahwärmenetz entlang von Brinkstraße und Holtackerweg schon jetzt. Der Preis für die Wärme ist offenbar so günstig, dass sich fast alle Nachbarn dazu entschlossen, keine eigene Heizung mehr zu betreiben. "Von Mai bis Oktober ist die Wärme sogar ganz umsonst", sagt Niedermeyer.
Und bald soll die Zahl der Kunden sogar noch steigen. Nächster Aspirant ist das Feuerwehrgerätehaus an der Brinkstraße, in dem der Löschzug
Borgholzhausen-Bahnhof
untergebracht ist. Zwar steht die Entscheidung der Politik noch aus, doch neben dem relativ günstigen Preis für die Wärme an sich spielt dabei auch eine Rolle, in welchem Zustand sich die Heizungsanlage befindet, ob Investitionen geplant sind.Vier Millionen Kilowattstunden Strom liefert die Anlage pro Jahr. Die gewinnt sie zu 30 Prozent aus Mist und Gülle der beiden Bauernhöfe. Der Rest wächst auf den Feldern. Natürlich viel Mais, aber auch Zuckerrüben, Gras und sogar blühende Mischungen wandern zu den unersättlichen Bakterien, die unter den grünen Kuppeln leben.
In den vergangenen Jahren waren Handwerker Dauergast beim Aufbau der Anlage in ihrer heutigen Ausprägung. Noch sind sie nicht ganz fertig, doch vielleicht haben sie bald neue Aufträge. Denn die beiden Energiewirte arbeiten an neuen Ideen, um die viele Wärme sinnvoll zu nutzen, die derzeit vor allem im Sommer noch keinen Nutzen bringt.