Von Carolin Hlawatsch
Borgholzhausen.
Werke der deutschen Klassik im Wechsel mit deftigem Essen: Diese Mischung genossen die Gäste am Samstagabend auf der Burg Ravensberg. Der Künstler Rüdiger Paulsen aus Theenhausen rezitierte deutsche Balladen im Rahmen der Veranstaltungsreihe, die seit 2013 von der Stiftung Burg Ravensberg veranstaltet wird.Mit dem ersten Wein des Abends konnte das Publikum auf Friedrich Schiller anstoßen, denn mit dessen bekannten Balladen stieg Rüdiger Paulsen in das literarische Programm ein. "Vor seinem Löwengarten, Das Kampfspiel zu erwarten, Saß König Franz, Und um ihn die Großen der Krone, Und rings auf dem hohen Balkone, Die Damen in schönem Kranz", rezitierte Paulsen voller Inbrunst die erste Strophe der Ballade »Der Handschuh«.
Den Stoff nicht nur für diese Ballade fand Schiller oft in der wahren Historie. Dafür gab Rüdiger Paulsen mit »Die Bürgschaft« ein weiteres Beispiel. In dieser Ballade steht der Glaube an Freundschaft und Treue im Mittelpunkt.
"Ich nehme an, es ist lange her, dass Sie sich Zeit und Muße genommen haben um eine Ballade zu lesen", richtete sich Rüdiger Paulsen an seine Zuhörer. Die Berührungspunkte mit dieser Art Literatur lägen zumeist in der Schulzeit und an das Auswendiglernen dächten wohl nur wenige mit Freude zurück. Doch Paulsens eigene Begeisterung für die Ballade sei gerade in dieser Zeit erwacht, erzählte er.
"Das lag wohl an unserem Lehrer Herrn Kirsch, der es hervorragend verstand, Balladen vorzutragen", meinte er. Laut Paulsen sei es eben der entscheidende Unterschied, ob man eine Ballade nur liest oder gar hört. "Nur im Sprechen und Hören können Balladen lebendig werden", ist der Rezitator überzeugt.
2003 entwarf er deshalb zusammen mit seinem Freund Gerd Mikol vom Sonswas-Theater ein großes Balladenprogramm. Auch Rüdiger Paulsen selbst betreibt zusammen mit seiner Frau Cordula seit 24 Jahren ein freies professionelles Theater, das Theaterbüro Paulsen.
Im Laufe der Jahre wurde das Balladen-Programm, so Paulsen, "immer weiter abgespeckt". Das Interesse daran war nicht groß genug. 2014 dachte der Künstler daran, mit den Balladen aufzuhören, doch bevor der endgültige Entschluss gefasst war, kamen vier neue Anfragen auf einmal.
"Also ging es doch weiter", meinte Rüdiger Paulsen lächelnd. Wenn man mit Balladen der deutschen Klassik auftrete, dürfe man wahrscheinlich kein Massenpublikum erwarten, bemerkte auch Wolfhart Kansteiner von der Stiftung Burg Ravensberg. Dennoch sei gerade heute in einer Zeit zunehmender Internationalisierung ein Bedürfnis an kultureller Identität groß, mutmaßte er.
Kulturelle Indentität? Gehört dazu auch westfälisches Essen? Darüber konnten die Gäste dann bei Rinderrouladen mit Rotkohl und Semmelklößen diskutieren. Auf Rote Grütze mit Vanillesoße ließ Rüdiger Paulsen weitere Balladen von Annette von Droste-Hülshoff, Ludwig Uhland, Otto Ernst und Co. folgen.
Eine weitere Möglichkeit, einen Balladenabend mit Rüdiger Paulsen zu erleben gibt es am Freitag, 6. März, ab 19.30 Uhr im Movement Theater Bielefeld.